Tauziehen am Myrtenkranz. Wilma Burk

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Tauziehen am Myrtenkranz - Wilma Burk

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waren sie einmal der Beweis für einen hohen Wohlstand gewesen. Jetzt aber wirkten sie, als seien sie voll gesogen mit Vergangenheit, mit Geschehen, was sich lange vor uns hier abgespielt hatte. Mir war, als könnten sie nun von unserem Leben nichts mehr in sich aufnehmen. Bedrückt blickte ich zu Konrad.

      Mit einem hilflosen Lächeln stand er da, der sonst so Selbstsichere.

      „Aus diesem Zimmer kann man bestimmt etwas machen. Warte nur, wenn wir uns erst neu einrichten können. Du sagtest doch, deine Wirtin hätte nichts dagegen, Konrad?“ Wen wollte ich trösten, Konrad, Mama oder mich? Doch in diesem Augenblick glaubte ich fest an das, was ich sagte.

      Noch ehe Konrad antworten konnte, mischte sich Mama ein. Sie stand nachdenklich vor einer Couch. Erstaunlich, dass es diese hier gab, viel besser hätte ein weinrotes Plüschsofa hierher gepasst.

      „Auf dem Boden haben wir noch ein altes Feldbett. Ich denke, wir werden es für Katrina herbringen. Sie kann so lange darauf schlafen, bis ihr euch eine neue Schlafstatt anschaffen könnt“, schlug sie vor.

      „Das ist eine gute Idee“, pflichtete ihr Konrad bei. „Ich hatte auch schon überlegt, was wir machen können.“

      Zweifelnd sah ich Konrad an. Meinte er das im Ernst? Glaubte er, ich würde oft darauf liegen? Sicher, ich sah, eigentlich war die Couch zu schmal für zwei, doch für einen auch wieder bestimmt zu breit. Ich konnte mir nicht vorstellen, neben ihm zu liegen, ohne ihn zu spüren. Mama sah fragend zu mir herüber. Verdammt, wieder wurde ich rot bei meinen Gedanken.

      „Doch, doch“, beeilte ich mich, zu versichern, „das ist gut.“

      Damit war die Besichtigung beendet. Konrad brachte uns durch den dunklen Flur zur Korridortür. Als wir die knarrende Treppe hinuntergingen, nahm ich noch wahr, dass in den kleinen von Hinterhäusern umgebenen Hof die Sonne schien. Quietschend fiel die schwere Haustür hinter uns ins Schloss.

      „Das wird bald dein Zuhause sein“, sagte Mama, als wir zur Haltestelle der Straßenbahn gingen. Und sie dachte sicher an die zwar kleinen, aber freundlichen, hellen Räume ihrer Wohnung, die bisher mein Zuhause waren. Ihre Augenbrauen hatte sie zusammengezogen. Ich wusste, sie war besorgt.

      „Bestimmt ist das nicht für lange Zeit“, versicherte ich ihr – und war überzeugt davon.

      „Wer weiß?“, meinte Mama nur.

      *

      Doch keine Sorgenfalte zeigte ihr Gesicht, als wir eines Sonntags Konrad in seiner Laube besuchten. Es war ein herrlicher Frühsommertag. Die lange Fahrt mit der Straßenbahn führte uns immer weiter hinaus aus der Stadt. Bald lösten kleine anheimelnde Häuser in blühenden Gärten die hohen Stadthäuser ab. Schließlich fuhren wir nur noch durch Felder. An einem kleinen Wald war die Endhaltestelle der Bahn. Von hier aus gingen wir eine Chaussee entlang, an der sich links und rechts verschiedene Vereinsanlagen der Schrebergärten befanden. „Frohsinn“ hieß der Verein, zu dem Konrad gehörte. Durch ein großes Tor betraten wir den breiten Weg zwischen den Gärten, der uns zu Konrad führte.

      Traudel sprang aufgeregt vor uns her, Bruno versteckte seine Neugier hinter gespielter Langeweile, Mama balancierte ihren selbstgebackenen Kuchen, den sie heil hinbringen wollte, und Papa ging gemessenen Schrittes neben ihr.

      Ich war voller Spannung und Bangen. Nach der Besichtigung von Konrads „möblierter Bude“, fragte ich mich, wie es hier sein würde. Ängstlich sah ich immer wieder zu Mama und Papa je näher wir unserem Ziel kamen.

      Der Sand des Weges knirschte unter unseren Füßen. Aus den angrenzenden Gärten wurden wir von neugierigen Blicken begleitet. Fremde Menschen, die unter einem Schatten spendenden Baum saßen, drehten sich nach uns um. Ein Stück weiter arbeitete jemand in seinem Garten und hielt in der Arbeit inne. Endlich entdeckte ich Konrad. Er schaute über das Gartentor hinaus nach uns. Ich begann schneller zu laufen und Traudel folgte mir.

      „Konrad, hier ist es wunderschön!“, rief Mama, als sie durch die Gartenpforte trat.

      „Das kann man wohl sagen“, pflichtete ihr Papa bei.

      Es machte nichts, dass die hölzerne kleine Laube längst einen neuen braunen Farbanstrich gebraucht hätte - wer konnte das damals schon -. Es störte auch nicht, dass die kleinen Fenster nur zum Teil Glas hatten und sonst mit Platten vernagelt waren. Auch hier am Rande der Stadt waren sie geborsten bei einem Bombenangriff. Unter einem alten Kirschbaum hatte Konrad um einen Tisch zusammengetragen, was er an Sitzgelegenheiten zu bieten hatte. Bruno lümmelte sich gleich in einem Sessel. Traudel lief neugierig umher und zählte auf, was alles in den Beeten wuchs: Radieschen, Tomaten, Salat, Kohlrabi.

      „Sogar Erdbeeren gibt es hier“, rief sie aus einer Ecke des Gartens mit vollem Mund, was verriet, dass sie genascht hatte.

      „Traudel, man fragt erst“, tadelte Mama. Sie suchte einen Teller für ihren mitgebrachten Kuchen und verschwand in der Laube. Kurz darauf hörte ich sie hell auflachen.

      „Katrina, komm her!“, rief sie.

      Gespannt ging ich zu ihr. Sie stand in der kleinen Küche vor einem gusseisernen Herd, in dem es leise knisterte und auf dem ein dampfender Wasserkessel vor sich hin blubberte. An diesem herrlich warmen Frühsommertag trieb die Hitze, die von dem Herd ausging, den Schweiß aus allen Poren.

      „Da bin ich aber neugierig, wie du mit diesem alten eisernen Gesellen fertig werden wirst“, prophezeite sie mir frohgelaunt. „In deinem neuen Leben wird wirklich alles anders sein, als du es bei uns bisher gewöhnt bist.“ Dann holte sie aus einem kleinen wackeligen Schrank einen Teller und ging zurück in den Garten.

      Ich sah mich um. Der Herd wirkte auf mich wie ein altes Museumsstück. Daneben stand eine Kiste mit Holz und ein paar Kohlen. Weiter gab es noch den wackeligen Schrank einen kleinen Tisch und ein Gestell für Eimer, auch Schüsseln, worauf oben ein Krug mit Wasser stand. Richtig, ich hatte ja neben der Laube eine Wasserpumpe bemerkt. Hier gab es kein fließendes Wasser und keinen Strom. Auf dem Tisch stand eine Petroleumlampe für die Dunkelheit. An einer Seite dieser kleinen Küche war ein Durchgang mit einer Portiere verhängt. Ich schob sie beiseite. Winzig war der Raum dahinter. Links und rechts an der Wand stand je ein schmales Bett. Konrad schien sehr ordentlich zu sein. Exakt ausgerichtet lagen Bettdecken und Kissen darauf. Gleich neben dem Durchgang gab es noch einen Schrank für Garderobe. Das war alles in dieser Laube. Wo war das Klo? Ich fand keine Tür, die dahin führen könnte. Später stellte ich fest, hinter der Laube gab es noch einen Schuppen, hier war dann auch das Klo. Ein Plumpsklo!

      Ja, Mama hatte Recht, alles wird anders sein. Aber Konrad und ich werden hier zusammen leben, nur das zählte. Eigentlich war es reizvoll, ein neues Leben beginnen zu können, dachte ich und ging aus dem Dämmerlicht der Laube hinaus in den Sonnenschein zu den andern.

      Mama deckte den Tisch, Bruno malte mit einem Stock Figuren in den Sand, Traudel hockte noch immer bei den Erdbeeren und Papa stand mit Konrad bei den Tabakstauden. Sie waren wieder bei ihrem Lieblingsthema. Doch ein Ruf von Mama und wir saßen alle um den Tisch. Ein sanfter Wind spielte mit den Blättern im Baum über uns. Der Kaffee dampfte aus unseren Tassen. Es roch nach Bohnenkaffee. Mama genoss jeden Schluck.

      „Wo hast du den nur her, Konrad?“, fragte sie angenehm überrascht.

      Viel zu schnell wurde es Abend und wir fuhren zurück in die Stadt. Gelöst und glücklich saß ich in der Straßenbahn. Ich träumte zum Fenster hinaus. Wie schön, dass Konrad diesen kleinen Garten hatte! Wurde uns mal die Stadt zu unruhig oder die „möblierte Bude“ zu dunkel, so konnten wir dorthin flüchten. Ich spürte, auch Mama und

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