Tauziehen am Myrtenkranz. Wilma Burk

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Tauziehen am Myrtenkranz - Wilma Burk

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gewartet hatte, bis Papa schlief, um ihr das zu sagen. Papa konnte so unbequeme Fragen stellen: Wohin? Mit wem? Wann zurück? - Ich war froh, dass sie es wieder war, die all seine Fragen beantworten musste. Und darin hatte sie im Laufe der Jahre viel Übung bekommen.

      *

      Es war ein schöner warmer Tag im Mai. Wer Zeit hatte und nicht damit beschäftigt war, das Notwendige fürs tägliche Leben zu beschaffen, der strebte hinaus in die Natur. Mein Weg zur S-Bahnstation war nicht weit. Zwischen all den Menschen dort, sah ich Konrad sofort. Mit seinem warmen Glanz in den Augen sah er mir entgegen. Längst näherte ich mich ihm nicht mehr zögernd, sondern lief die letzten Schritte und sprang ihm regelrecht in die Arme. Jede Geste, jeder Blick von mir musste ihm verraten, wie sehr ich ihn liebte. Die Zeit, da ich versuchte, dies zu verstecken, war längst vorbei. Eng umschlungen, miteinander vertraut, gingen wir auf den Bahnsteig und stiegen in den Zug. Dicht beieinander standen wir zwischen all den anderen Menschen im vollen S-Bahnabteil und fuhren hinaus nach Wannsee zur Havelchaussee.

      Das Wasser der Havel dümpelte leise plätschernd an den Strand und strich immer wieder den feinen Sand, von vielen Füßen zertreten, glatt. Auch in meine Schuhe drang dieser Sand, so dass ich kaum noch laufen konnte.

      „Komm!“, sagte Konrad. „Lass uns hinaufgehen in den Wald.“

      Mir war es recht. Vom ersten Moment an, als wir uns begegneten, hatte ich nie den Wunsch verspürt, mich gegen seinen Willen aufzulehnen. Was Konrad tat war richtig, ich hatte Vertrauen. So verließen wir die vielen Menschen am Strand der Havel und stiegen hinauf in den schattigen Wald der Havelberge.

      Es war schön, neben ihm zu gehen, sich an ihn zu lehnen. Ich war so jung und an ihm war nichts Jungenhaftes mehr. War er auch nur einige Jahre älter als ich, so machte es zwischen uns viel aus. Er ging so sicher und wusste, was er wollte.

      Bald lenkte Konrad unsere Schritte vom Weg ab. Ein schmaler Pfad verlor sich im Wald. Kein Mensch war mehr um uns herum. Aufgeregt, beklommen und ängstlich schmiegte ich mich in seinen, mich fester umfassenden Arm. Vor uns öffnete sich der Wald und wir traten geblendet hinaus auf eine sonnenüberflutete Lichtung. Wir blickten hinunter auf die Straße und zu dem Strand am Ufer der Havel. Gedämpft klang das Stimmengewirr der Spaziergänger von dort unten zu uns hoch, auch das leise Plätschern der Wellen auf dem Fluss. Hier war ein warmer Platz, einsam, als wäre er für Verliebte geschaffen.

      Konrad zog sich seinen Mantel aus, legte ihn auf das Gras mit den ersten grünen Halmen und setzte sich darauf. „Komm! Lass uns hier verweilen. Der Boden ist schon warm“, forderte er mich auf und zog mich zu sich hinunter.

      Ehe ich mich versah, lag ich neben ihm auf seinem Mantel. Ein seltsames Gefühl der Unruhe befiel mich. Ich fühlte mich wie erstarrt, bereit zur Abwehr. Konrad drehte sich mir zu, blickte mich forschend an und grinste, als wüsste er, was in mir vorging. Sacht griff er nach meiner Hand zwischen uns und hielt sie fest. „Ich träume gerne so in den Himmel. Komm, lass uns das zusammen tun“, forderte er mich auf und sah zu den einzelnen Wolken hoch. Träumen, ja! Die Spannung in mir löste sich und ich konnte mich dem wundervollen Gefühl überlassen, hier neben ihm zu liegen.

      Herrlich war dieser Tag, diese stille Stunde, diese junge Zeit der Liebe, die schöner war, als ich sie mir je erträumt hatte. Ich vertraute ihm. Er würde mich nicht überrumpeln, dessen war ich mir sicher. Und doch, wenn er sich zu mir drehte, mich zärtlich küsste und liebkoste, spürte ich sein Drängen. Das rief in mir eine seltsame Unruhe hervor. Verunsichert zog ich mich von ihm zurück.

      Ich bemühte mich aber, ihn das nicht merkten zu lassen. So rupfte ich ihm neckend ein Gänseblümchen aus seinem Mund, das er spielend mit seinen Zähnen bewegt hatte.

      „Na warte“, ging er scherzhaft darauf ein.

      Ich wollte aufspringen und lachend davonlaufen, er aber ergriff mich und hielt mich fest. Verliebt miteinander balgend rollten wir auf den Boden zurück. Plötzlich spürte ich sein leidenschaftliches Begehren. Atemlos still, wie gelähmt lag ich da.

      „Katrina, komm, lass uns zu meiner Laube fahren. Ich habe am Stadtrand einen kleinen Schrebergarten. Dort sind wir ungestört - nur wir zwei. Komm, bitte!“, flüsterte er dicht an meinem Ohr unter Küssen.

      Verschreckt zog ich mich zurück, als ich den Sinn seiner Worte erfasste, seinen an mich gerichteten Wunsch. Kälte schien plötzlich vom Boden hochzukriechen.

      „Was ist?“ Erstaunt ließ er mich los, als er meinen Widerstand spürte.

      Ich errötete heftig, richtete mich auf und starrte angestrengt auf den Boden. „Ich dachte, du liebst mich“, stammelte ich.

      „Weshalb zweifelst du daran?“, fragte er verwundert.

      Vor Verlegenheit rupfte ich büschelweise das Gras um mich herum. Am liebsten hätte ich mich verkrochen. „Ja, weil ... weil das ... na, was du eben wolltest ... bittet man darum nicht nur leichtfertige Mädchen“, stammelte ich hilflos. Drängende Tränen würgten mich. Ich wusste nicht, wem sie galten, Konrads frechem Wunsch oder dem eigenen zurückgedrängten Verlangen.

      Sprachlos blickte er mich für einen Moment an. Dann ließ er sich zurückfallen und lachte, lachte!

      Ich fühlte mich verletzt und weinte.

      Liebevoll, wie man ein Kind nimmt, zog er mich in seine Arme. „Katrina, wo lebst du?“

      Ich schluckte und schwieg.

      „Wolltest du eben sagen, dass du glaubst, dass Männer ... dass man Mädchen ... Herrgott! - Dass man eben erst heiratet?“, stotterte er.

      Ich nickte stumm.

      Leise, ganz leise lachte er noch einmal auf, zog mich fest an sich, wie etwas, dass man nie wieder loslassen möchte und sagte: „Da werden wir bald heiraten müssen, Kleines. Ich will nicht lange warten!“

      Ich sah über seine Schulter hinweg und entdeckte eine kleine Maus. Sie war unter einem Busch aus ihrem Loch gekrochen und verschwand wieder eilig darin, als sie uns erblickte. Erst langsam wurde mir bewusst, dass ich eben einen Heiratsantrag bekommen hatte. Staunend erkannte ich, dass er nicht die geringste Ähnlichkeit mit den Worten meines Traumhelden hatte. Ich fand ja nicht einmal Gelegenheit ein zurückhaltendes „Ja“ zu hauchen. Konrad fühlte sich meiner Antwort sicher, und ich war es zufrieden.

      3. Kapitel

      Dann kam der Tag, an dem Konrad zum ersten Mal zu uns kam. Verlegen und stotternd hatte ich Mama darauf vorbereitet. Es Papa mitzuteilen, überließ ich natürlich ihr. Da hatte ich ihr auch beichten müssen, dass Brigitte als Ausrede herhalten musste, wenn ich mich mit Konrad getroffen hatte.

      „War das nötig?“, fragte sie nur kopfschüttelnd.

      Und dann kam Konrad. Er kam zwar nicht in einem dunklen Anzug, sondern in jenem grauen, in dem man jede Falte sehen konnte, die einmal eingesessen war, und in der Hand hielt er einen Strauß roter, bereits zu weit aufgeblühter Rosen. Wer weiß, wo er die aufgetrieben hatte? Mama war angenehm überrascht. „Wie es sich gehört“, meinte sie. Unter dem Arm trug er noch ein längliches Paket.

      Alle, außer Papa, standen in der Diele um ihn herum und musterten ihn unverhohlen neugierig. Das war sogar Konrad peinlich. Unruhig schob er das Paket unter seinem Arm hin und her. Endlich kam Papa, machte einen Schritt auf ihn zu, begrüßte ihn zurückhaltend und bat ihn ins Wohnzimmer. „Ich denke, wir unterhalten uns erst einmal, um uns besser

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