Tauziehen am Myrtenkranz. Wilma Burk

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Tauziehen am Myrtenkranz - Wilma Burk

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die Tür.

      Bruno, Traudel und ich folgten Mama in die Küche. Traudel platzte vor Neugierde, was in dem Paket sei. Doch wie enttäuscht war sie, als Mama nur eine Suppenkelle und einen Schaumlöffel auspackte. Die waren wohl noch aus der Zeit, als er bei der Firma im Osten gearbeitet hatte. Mama lachte und sagte: „Oh, das ist aber aufmerksam in heutiger Zeit.“

      Mama hatte zu diesem Tag Kuchen gebacken. Sogar Fett, Eier und Zucker hatte sie nicht so sparsam wie sonst dazu verwandt. „Schließlich ist das ein besonderer Tag“, betonte sie. Nur Bohnenkaffee fehlte, den hätte sie auch noch gern gehabt. Aber diesmal konnte ihr nicht einmal Onkel Anton, Papas Bruder, so schnell dazu verhelfen. Er war Experte auf dem verbotenen Schwarzmarkt, wo man für viel Geld fast alles unter der Hand kaufen konnte - wenn man nur nicht dabei erwischt wurde -. So stand sie also und brühte wie gewohnt Malzkaffee auf. Bruno lümmelte sich neben ihr auf dem Stuhl am Tisch, als sie den Kuchen aufschnitt. Er ergatterte sich ein Stück davon und bekam einen Klaps auf die Finger dafür. Traudel lehnte am Fenster und trat vor Spannung von einem Fuß auf den andern. Sie fand alles so aufregend!

      Ich lief unruhig umher. Das Warten wurde mir zur Ewigkeit. Es ging mir auf die Nerven. „Hoffentlich hat er seinen Bankauszug, sein Sparkassenbuch, seinen Impfschein und - Gott weiß was alles – mitgebracht“, moserte ich.

      „Aber, Katrina!“, mahnte Mama.

      „Was hat Papa sonst so lange mit ihm zu reden, wenn er ihn nicht ausfragt?“, verteidigte ich mich.

      Bruno, der sowieso alles albern fand, rief dazwischen: „Das mache ich nie. Ich sehe nicht ein, wozu das alles nötig ist. Wenn mein Mädchen mal ja sagt, dann ist doch alles klar. Oder etwa nicht?“

      „Was weißt du schon?“, erwiderte Mama und brachte den Kuchen vor ihm in Sicherheit. „Wenn es so weit ist, wirst du genau das tun, was dein Mädchen von dir erwartet. Und in einer soliden Familie ist es auch heute üblich, die Fragen der Eltern zu beantworten.“

      „Ich bestimmt nicht!“, konnte Bruno gerade noch versichern, da ging die Wohnzimmertür auf und Papa rief uns herein.

      Allen voran stürmte Traudel. Papa wirkte sehr feierlich. Und Konrad? - Er stand neben ihm mit diesem liebevollen Glanz in den Augen, den ich so an ihm mochte. Ich sah nur ihn. Ich hatte einen Kloß im Hals und war beklommen. Papa sprach viele zu Herzen gehende Worte, unter anderem vom „Bund fürs Leben“. Mama schluckte ein paar Tränen hinunter. Mich erreichte kaum, was Papa so bedeutungsvoll sagte. Wie gebannt stand ich nur und kämpfte hilflos gegen eine mir unverständliche Aufregung, die mich beherrschte. Erst als ich begriff, dass Papa mit Konrad einverstanden war, atmete ich auf. War ich jetzt eigentlich verlobt? In Gedanken fragte ich mich schon, was wohl Brigitte und die anderen im Büro dazu sagen würden.

      Da riss mich ein Ausruf von Mama aus meinen Gedanken. „Was denn, so bald? Und keine Verlobung, wie es sich gehört?“, rief sie erschrocken und rang ihre Hände. „Aber Kinder, warum denn so schnell? Ihr kennt euch doch erst ein paar Wochen. Was sind schon ein paar Wochen, um darauf ein ganzes Leben aufzubauen?“

      Überrascht sah ich zu Konrad. Keine Verlobungsfeier und schon nach kurzer Zeit die Hochzeit? Er machte einen Schritt auf mich zu. Sein überzeugendes Lächeln erinnerte mich daran, was er auf der Lichtung im Wald gesagt hatte: „Ich will nicht lange warten.“ Und seine Augen schienen in diesem Augenblick seine Worte zu wiederholen. Da hatte ich nichts mehr dagegen einzuwenden. Wieder einmal hatte Konrad, ohne mich zu fragen, entschieden. Wieder einmal war ich stillschweigend damit einverstanden.

      „Sehen Sie“, wandte sich Konrad Mama zu, „durch den Krieg bin ich ohne Angehörige. Ich möchte Ihre Katrina, und ich möchte wieder jemand haben, der zu mir gehört.“ So redete er eindringlich auf sie ein, seine ganze Warmherzigkeit setzte er dabei ein. Ich sah, wie er damit ihren Widerstand überwand.

      Doch Mama wollte mich nicht so schnell hergeben. „Wie soll ich in dieser kurzen Zeit alles zu einer Hochzeitsfeier beschaffen, wo das gerade jetzt besonders schwer ist?“, versuchte sie einen letzten Einwand.

      „Wir brauchen nicht viel, um zu heiraten“, wehrte Konrad ab. „Bitte, verstehen Sie meine Ungeduld“, fügte er hinzu. Dabei sah er mich vielsagend an. Ich verstand, was er meinte. Hier vor Mama und Papa war mir das peinlich. Wenn sie es errieten. Verlegen schlug ich die Augen nieder und errötete heftig.

      „Eine Hochzeit ohne Feier - das, Herr Haideck, ist nicht Ihr Ernst?“, machte Mama noch einen letzten Versuch.

      Bis hierher hatte ich schweigend dabeigestanden. Alles wäre mir recht gewesen, aber heiraten ohne eine Feier? „Nein“, rief ich dazwischen und blickte Konrad beschwörend an. „Ich möchte eine richtige Hochzeit haben, mit Freunden und Verwandten.“ Meinen Traum von Kranz und Schleier wollte ich nicht aufgeben, nicht einmal Konrad zuliebe.

      Noch ehe Konrad antworten konnte, mischte sich Papa ein. „Das können wir immer noch besprechen“, beschwichtigte er.

      Jetzt erst wunderte ich mich, dass Papa einer schnellen Heirat nicht widersprochen hatte. Konrad musste ihn im Sturm erobert haben.

      „Wir lassen euch erst einmal allein“, bestimmte Papa sichtlich großzügig und schob Mama und Bruno zu Tür hinaus. „Du auch, Traudel“, musste er sie ermahnen. Sie stand neben uns mit großen Augen, wie fest gebannt auf ihrem Platz. Sie wollte nichts, aber auch gar nichts versäumen.

      Die Tür schloss sich hinter ihnen. Traudels eifriges Plappern und Brunos herablassende Reden verloren sich zur Küche hin. Er fand das alles übertrieben feierlich. „So 'n Blödsinn!“ hörte ich ihn noch sagen.

      Konrad und ich sahen uns stumm an. Hier, in der Nähe meiner Familie, bekam ich es nicht einmal fertig, ihm wie sonst in die Arme zu springen. Fast verlegen wie am ersten Tag, stand ich am selben Fleck. Konrad spürte es. Ein amüsiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. Ich fragte mich, ob er wie Bruno dies feierliche Getue auch für Blödsinn hielt. Doch als er in seine Jackentasche griff und ein kleines Kästchen herauszog wurde er ernst. Zwei silberne Trauringe lagen darin.

      „Ich hoffe, wir können sie einmal in goldene Ringe umtauschen“, sagte er und streifte mir den schmalen Reif über den Ringfinger der linken Hand. Nun war auch er feierlich geworden. Als ich ihm auch seinen Ring übergestreift hatte, besiegelte ein warmer liebevoller Kuss - kein leidenschaftlicher - unser unausgesprochenes Versprechen, nun unseren Lebensweg gemeinsam zu gehen.

      Dann stand Mama mit der Kanne voll dampfendem Kaffee in der Tür und mahnte, dass es Zeit sei, am Kaffeetisch im Wohnzimmer Platz zu nehmen. Bald saßen wir alle in gemütlicher Runde und es war, als hätte Konrad schon immer zu uns gehört. Auch Konrad fühlte sich offensichtlich nicht fremd.

      Als der Kaffeetisch abgeräumt war, packte Konrad seine Tabakpfeife aus. Dazu holte er ein Kästchen mit Tabak hervor und bot Papa an, sich daraus auch seine Pfeife zu stopfen. „Das ist aus eigenem Anbau“, betonte er stolz.

      Papa nahm das Kästchen entgegen und roch daran. „Donnerwetter“, lobte er, ,,wenn der Tabak so schmeckt, wie er riecht.“

      Damit hatten sie ihr Gesprächsthema gefunden, Tabakanbau und seine Fermentierung. Papa pflanzte selbst im Hof unseres Häuserblocks jedes Jahr ein paar Stauden an. In dieser Zeit, da selbst Tabakwaren rationiert waren, hatte jeder Mieter ein Stückchen des ehemaligen Rasens zugeteilt bekommen. So war der sehr geräumige Hof - denn Hinterhäuser gab es in unserer Siedlung nicht - zu einem Schrebergarten geworden. Da wuchsen Radieschen, Tomaten, Gemüse oder eben Tabak.

      Tabak, Tabak! - Es war ja schön, dass Papa und Konrad sich gleich so gut verstanden, aber allmählich ging mir dieses

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