Joseph. Johannes Wierz

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Joseph - Johannes Wierz

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zu präsentieren.

      „Auf seinen Wunsch und seine Kosten habe ich zusätzlich Strom- und einen Wasseranschluss installieren lassen.“

      Und wirklich, das Labor ist mit allem ausgestattet, um Filme zu entwickeln und Fotografien zu vergrößern.

      „Ich bin ihm des Öfteren zur Hand gegangen. Wenn man weiß, wie es geht, ist es ein Kinderspiel.“

      Auf dem Rückweg findet der Landarzt auf dem Boden neben einer einzementierten Eisenstange, die die gestapelten Fässer vor dem Wegrollen hindert, den abgerissenen silbernen Knopf.

      „Muss ihn mir wohl oben im Saal beim Aufstehen abgerissen haben.“

      „Was glauben’s, was sich hier unten a Geld ansammelt, wenn oben im Saal Tanz ist.“

      Die beiden steigen die ausgetretene steile Holztreppe wieder nach oben.

      „Der Saal liegt fast einen halben Meter höher als der Schankraum, aber durch die lang gezogene Schräge merkt das kaum jemand.“

      Längst hat Dr. Julius Holzer seinen Plan ausgefeilt. Er wird heute noch in die Stadt fahren, um einen Kinderwagen zu kaufen.

      Als auf dem Huftreter-Anwesen Elisabeth nach oben geht und die Kammer betritt, hält Gundi den schreienden Kleinen fest an ihre Brust gedrückt und lacht glücklich. Der Säugling dreht seinen Kopf zur Seite und schaut die Tante, die vor ein paar Stunden auf dem Papier seine Mutter geworden ist, mit großen Augen an. Er hört abrupt auf zu schreien. Elisabeth glaubt, in seinem Blick ein stilles Einverständnis zu entdecken.

      Die Villa am See

      David Engel hörte, wie hinter ihm der Dieselmotor startete und der Wagen sich Richtung Hauptstraße entfernte. Gerade eben hatte er dem Taxifahrer zu einem weiteren lukrativen Geschäft verholfen. Geradeheraus hatte er den Fahrer gefragt, ob er ihm den Glücksbringer, der am Rückspiegel an einem Samtband hing, nicht verkaufen wollte. David konnte sich selbst nicht genau erklären, warum er diesen Knochen unbedingt besitzen musste. Er hatte direkt eine hohe Summe geboten, um ein lästiges Feilschen von vornherein auszuschließen. Der Taxler hielt seinen sonderbaren Fahrgast nicht für einen Idioten. Für einen dieser Neureichen oder deren Nachkommen, die sich seit den zwanziger Jahren von den mit allen Wassern gewaschenen Bauern der Umgebung das Geld aus der Tasche ziehen ließen. Arme Tröpfe. Jahrhundertealte, wertlose, feuchte Wiesen waren über Nacht plötzlich ein Vermögen wert gewesen. Selbst sein Schwager, der jetzt in der Stadt wohnte, hatte erheblich davon profitiert.

      Für heute würde er Schluss machen. Sein Auftrag war erfüllt. Er wäre froh, wenn er seinem Schwager den Wagen schon wieder heil zurückgebracht hätte.

      Die lederne Reisetasche geschultert, betrat David Engel das parkähnliche Gelände. Er folgte nicht dem breiten Kiesweg, der direkt an der Villa am See endete, sondern ging in entgegengesetzter Richtung über die Wiese auf die am Hang stehende Baumlichtung zu. Sein Ziel war eine alte Holzbank, von der aus man eine gute Sicht über das ganze Gelände, die Villa und den See hatte. Schon als Kind war diese Stelle sein Lieblingsplatz gewesen.

      Nach einer guten Viertelstunde setzte David sich auf den jahrelang der Witterung ausgesetzten halben Baumstamm und genoss für einen Moment die Aussicht. Ein schönes Gefühl überkam ihn, immer wieder feststellen zu dürfen, dass es Orte gab, die sich scheinbar nicht veränderten. Drei Wochen eintauchen in eine unbeschwerte Kindheit. Der Seele einen Ruck geben und sich weit hinaus auf den dunkelblauen Bergsee treiben lassen. Sich dem barocken Wolkenspiel hingebungsvoll überlassen. Das war genau das, was er jetzt brauchte.

      Voll neugieriger Erwartung holte er aus seinem abgenutzten weißen Jackett den Talisman und begann mit seinen Untersuchungen. Die beiden Einfassungen aus Silber waren mit Stahlstichen verziert. Auf dem oberen Ende waren einzelne Punkte eingraviert, auf dem unteren ein Adler. Wenn er beides, Punkte und Adler, zusammenbringen könnte, wäre er einen großen Schritt weiter. David griff in die Innentasche seines Jacketts, holte sein kleines Notizbuch heraus und kopierte die siebzehn Punkte auf eine leere Seite. Anschließend verband er die Punkte miteinander und versuchte, die unterschiedlichen Bilder zu interpretieren, die sich aus den entstandenen Grafiken bilden ließen. Aber nichts ergab für ihn einen Sinn. Wenn es sich um eine verschlüsselte Botschaft handeln sollte, war seine Schlussfolgerung, hatte der Verfasser höchst wahrscheinlich auch eine Codierung benutzt. Er versuchte es mit der einfachsten Art: der Spiegelung. So setzte David die Koordinaten der siebzehn Punkte neu. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er das Ergebnis betrachte. Kein Zweifel, die Punkte bildeten ein Sternbild. Das Sternbild des Skorpions. Auf der oberen Einfassung ein Skorpion und auf der unteren ein Adler. Wo gab es da einen Zusammenhang?

      David schloss die Augen und begann seine geistige Suche. Irgendetwas Religiöses, dessen war er sich sicher. Die vier Tierkreiszeichen im Zeichen der Religionen, die Vier war der Schlüssel.

      „Vier..., vier..., vier“, sprach er zu sich selbst. Die vier Evangelisten, das war die Lösung. Die vier Evangelisten repräsentierten die vier Tierkreiseichen, zumindest nach der Symbolik der florentinischen Kirche San Mineato al Monte. Markus der Löwe. Matthäus, der geflügelte Mensch, also der Wassermann. Lukas, der Stier und Johannes, der Adler. Der Adler des Skorpions, das einzige von zwölf Sternkreiszeichen, das zwei Symbole hat. Einen Adler und einen Skorpion. Es waren unverkennbar die Zeichen des Evangelisten Johannes.

      Eine wohltuende Wärme überkam ihn. Selbstzufrieden räkelte sich David auf der Bank und streckte seine Arme aus.

      Was gab es Schöneres, als den Dingen ihr Geheimnis zu entlocken?

      Er fasste alles zusammen: Dem Äußeren nach entsprach der Gegenstand also einer religiösen Reliquie, die in einem Bezug zum Evangelisten Johannes stand. Die Silbereinfassung schätzte er auf höchstens zehn Jahre. David schabte ein wenig an dem Mittelstück, das wie ein kleiner, durch die Sonne ausgetrockneter grober Splitter eines Treibholzes aussah. Nein, nein, es gab keinen Zweifel: Das Mittelstück war ein Knochen. Und wenn ihn nicht alles täuschte, handelte es sich hierbei um einen menschlichen Knochen. David schloss erneut die Augen und ging systematisch das menschliche Skelett von oben nach unten durch. Scheitelbein, Schläfenknochen, Halswirbel, Atlas, vorderer und hinterer Höcker, Schlüsselbein und Schulterblatt, Elle und Speiche, Finger, Mittelhand und Handwurzel, Brustbein und Rippe, Kreuzbein, Darmbein, Schambein und Sitzbein, Oberschenkel, Knie und Unterschenkel, Fersenbein, Sprungbein, Grundglied und Endglied.

      Er war sicher: Mittelhand, mit aller größter Wahrscheinlichkeit handelte es sich hierbei um einen Mittelhandknochen. David Engel hatte seine eigene Methode, um einen Knochen zu definieren. Er legte das in Silber eingefasste Mittelstück auf seine Hand und ging Finger für Finger durch. Von der Größe seiner eigenen Hand zu schließen, handelte es sich um den Mittelknochen des Zeigefingers der rechten Hand. Er steckte den Talisman zurück in seine Tasche. Den ersten Zauber hatte er ihm bereits entlockt, den Rest würde er wahrscheinlich in einer Nacht am Computer klären. Nur eine Sache beschäftigte ihn dennoch, er hatte den Fetisch schon einmal gesehen. Nur wo? vielleicht in einer anderen Form. Aber das Grundmuster: rote Samtschnur, silberne Einfassung und Knochen waren identisch. Nur, warum hatte es ihn damals nicht interessiert?

      Wenn es in einem Museum war, würde er es über das Internet herausbekommen. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Kirche. In einem Gotteshaus waren Reliquien nichts Außergewöhnliches. Da wäre auch er ohne weiteres daran vorbeigegangen.

      Als David nach mehr als zwei Stunden, die Sonne war inzwischen hinter den Baumzipfeln verschwunden, unten den Kiesweg betrat, um zur Villa zu gelangen, kam ihm nach etwa hundert Metern ein schwarzer Pullmann entgegen. Fast auf gleicher Höhe verlangsamte der Wagen seine Fahrt und fuhr im

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