Bodos zornige Seele. Kurt Pachl

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Bodos zornige Seele - Kurt Pachl

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mit raschen Schritten zu Iris und Marco, die etwas abseitsstanden.

      »Was, um alles in der Welt, habt ihr so lange zu quasseln?«

      Mit diesen Worten wollte Bodo Iris einen Kuss auf die Wange geben. Doch sie nahm ihn in die Arme und drückte sich für einige Sekunden an ihn. Sie versuchte, einen Augenkontakt herzustellen.

      Mit Interesse verfolgten einige Damen diese Szene.

      »Wir haben Hunger«, rief Ann Chandler laut, und machte dabei einen sehr säuerlichen Eindruck.

      Bodo löste sich rasch von Iris und winkte.

      »Wir haben zwei Busse direkt vor der Türe stehen. Wenn wir einige von diesen Schönheiten schon vor einer halben Stunde gehabt hätten, wäre es billiger geworden, diese Plätze zu reservieren.«

      Gegen Abend hatten sich alle Aktivisten im Speiseraum des Nachbarhotels versammelt. Der Frühstücksraum in Bradlys Hotel wäre für 110 Personen zu klein geworden. Trotzdem musste die bunte Truppe eng zusammenrücken. Aber vielleicht kam gerade deshalb eine gute Stimmung auf. Viele hatten sich seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen. Es war das erste Mal, dass Aktivisten aus so vielen Ländern zusammenkamen. Einige waren völlig neu in dieser großen Gruppe. Darüber freute sich der Gastgeber besonders.

      Bodo hatte Bradly gebeten, zwei Männer vor dem Hotel zu postieren. Weitere drei kräftige Männer aus Biloxi patrouillierten auf der gegenüber­liegenden Straßenseite, von wo aus beide Hotels überwacht werden konnten; unauffällig.

      Bevor das Essen und die Getränke serviert wurden, wollte Bodo eine An­sprache halten. Als er aufstand, und an sein Glas klopfte, wurde es schlagartig ruhig im kleinen Saal. »Das hier ist unser Freund Bradly«, begann er gutgelaunt, und legte seinen Arm auf Bradlys Schulter. »Im gehört das Hotel nebenan. Und diesem Burschen gehören auch unzählige Frauenherzen in dieser Stadt. Also Ladys: Passt auf eure Unschuld auf.«

      Alle lachten, und der stämmige Bradly grinste zufrieden und leicht verlegen.

      Danach wurde Bodos Gesichtsausdruck rasch ernster.

      »Danke meine lieben Freunde, dass ihr hierher, an den Golf von Mexiko, gekommen seid. Es scheint unser aller Schicksal zu sein, dass wir uns immer nur dann zusammenfinden, wenn unserer Mutter Erde wieder einmal Leid zugefügt wurde. Es fällt mir zunehmend schwerer, sagen zu müssen, dass uns nur, wie so viele Male, eines übrigbleibt: Wir müssen wieder einmal retten, was zu retten ist. Auch diese Tragödie konnten wir im Vorfeld leider nicht verhindern.«

      Er schluckte kurz. Eine einzige Träne rollte über seine rechte Wange. Einige Anwesende, die nur wenige Meter von ihm entfernt saßen, zuckten unwill­kürlich zusammen. Auch Iris, die sich auf jedes Wort, jede Mimik und jede Gestik konzentrierte, hatte diese Träne ebenfalls gesehen.

      »Verdammt. Ich schäme mich jetzt nicht dafür, dass ich mir Sorgen um unsere Schöpfung mache … und dass mich das zunehmend mehr bewegt.«

      Bodo machte eine Kunstpause und lächelte Hachiko an.

      »Hachiko mein Freund. Fünfundsechzig Tage hast du es in dreißig Metern Höhe ausge­halten. Tag und Nacht. Auch im Regen. Der riesige Mammutbaum, tausende Jahre alt, durfte weiterleben. Wer weiß … vielleicht wird er noch stehen, wenn es keine Menschen mehr auf dieser Erde gibt.«

      Er blickte wieder in die Runde.

      »Dafür haben sie Hachiko nach Little Guantanamo verfrachtet - und ihn dort fast jeden Tag verprügelt. Hier unter uns sind fünfzehn weitere Öko-Krieger, die durch die Hölle von Little Guantanamo gegangen sind. Ich war auch einer von diesen sogenannten Öko-Terroristen.«

      Nun blickte er zu Ole.

      »Ole mein Freund. Um ein Haar hätten dir die japanischen Walschlächter den Garaus gemacht. Was würde ich ohne dich machen?«

      Bodo breitete nun beide Hände aus.

      »Und mit den meisten Freundinnen und Freunden hier im Raum habe ich schon oft im kalten und stinkenden Ölschlamm gestanden: In Wales, in der Bretagne, wo über dreihunderttausend Seevögel jämmerlich verendeten. Wir konnten nur einen kleinen Teil retten. Oder an der spanischen Westküste, wo sich über siebenhundert Helfer ärztlich behandeln lassen mussten. Wir haben gemeinsam gefroren. Wir haben geflucht. Wir haben gebetet. Und fast jeder von uns kennt dieses Gefühl: Dieser Vogel - von den vielen Hunderttausenden - dieser eine Vogel, den wir über eine Stunde gereinigt, und den wir gestreichelt hatten … Der wird und der muss überleben. Und dann - dann sackt trotzdem das Köpfchen nach unten. Immer dann kroch eine dumpfe Ohnmacht in uns hoch. Viele Aktivisten, die von den Einsät­zen oder aus Gefängnissen wieder nach Hause kamen, wurden in Kranken­häuser oder Psychiatrien eingeliefert.«

      Die anschließende Pause dauerte viele Sekunden. Alle Aktivisten im Raum schienen den Atem anzuhalten. Stille. Mit leiser Stimme fuhr er fort.

      »Einige konnten die grausamen und quälenden Bilder nicht mehr ertragen - nicht mehr aus ihren Köpfen bekommen. Sie sind heute nicht mehr unter uns.«

      Bodo schaute nach oben. Dann hob er beide Hände flehend gen Himmel.

      »Wir werden euch nicht vergessen! Ihr werdet immer unter uns sein! Eure Seelen sind in uns! Sie geben uns Mut, weiter zu machen. Sie spornen uns an, das Richtige zu tun. Doch - seid mir nicht böse, ihr Seelen da oben, wenn ich eure Mitstreiter heute bitte … «

      Bodo blickte stumm in die Runde. Er versuchte, jedem einzelnen Aktivisten in die Augen zu schauen.

      »Ihr hier … in diesem Raum … Ihr seid zu wichtig … Ihr seid zu kostbar … für unseren Kampf. Euer Leben ist kostbar! Helft euch gegen­seitig, wenn euer Herz zu schwer wird … und eure Seelen vor Schmerzen weinen.«

      Nach einer erneuten Kunstpause schwoll seine Stimme an. Die Mimik und Gestik folgte seinen Worten.

      »Die Schöpfung braucht uns. Mehr denn je. In den nächsten Tagen oder Wochen werden wir wieder bis an unsere Grenzen geführt werden. Wir werden wieder wütend sein - und voller Zorn. Wir hatten in der Vergangenheit nicht nur helfen wollen, sondern gehofft, zumindest einen Teil der Menschen durch unsere Aktionen zu sensibilisieren und aufzurütteln. Doch die Mächtigen - mit ihren ekelhaften und verlogenen Worthülsen - diese Pharisäer. Sie waren sich nicht zu schade, von Werten, von Demokratie, von Ethik und von Moral zu sprechen. Sie haben von ihrer Verantwortung für die Zukunft gesprochen. Sie haben uns Bilder von vielen Arbeitsplätzen und Sicherheit an die Wand gemalt. Und in Wirklichkeit haben sie immer nur daran gedacht, wie sie ihre Macht ausweiten konnten; wie sie ihr Kapital vermehren konnten; wie sie es schaffen konnten, die Aktienkurse nach oben zu katapultieren und Geld zu scheffeln … ohne Rücksicht auf Verluste – seelenlos, charakterlos, schändlich, hassenswert. Ja, ich hasse sie, diese gierigen Bosse der großen Konzerne. Ich hasse diese ekelhaften Hasardeure und Zocker. Ich hasse diese charakterlosen Politiker, die sich kaufen ließen. Ich hasse diese Lobbyistenschweine, die sehr wohl wissen, was sie mit ihrem Tun anrichten. Ich hasse dieses gesamte kranke System, diese Helfer der Hölle, die Totengräber an unserer aller Zukunft. Dieser Brut fehlt es an jeglicher Empathie - nicht nur für ihre Mitmenschen, sondern vor allem auch für diese herrliche Schöpfung. Sie wagen es, sich in Kathedralen zu setzen und so zu tun, als würden sie beten. Ihr Gott ist das Gold. Niemals können sie mit Gott den meinen, der diese Erde mit allen Lebewesen erschaffen hat oder hat entstehen lassen. Ich habe mir viele der riesigen und blutenden Wunden auf dieser Erde angeschaut; in Europa, in den Staaten, in Russland, in China, in Indien, in Indonesien und Australien, in Japan und vor allem auch in Afrika. Diese Schöpfung stirbt in einer

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