Der Herr des Krieges Gesamtausgabe. Peter Urban

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Der Herr des Krieges Gesamtausgabe - Peter Urban Warlord

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Dann schreibe ich ein paar gute Worte über seinen heldenhaften Einsatz nach London, egal wie diese Geschichte hier ausgeht!”

      „Und dann, Arthur?“

      „Nun, wenn alles vorbei ist und wir waren siegreich, dann werdet ihr frisch genug sein, um die Franzosen ein bißchen zu verfolgen! Im gegenteiligen Fall ...” Wellington hob die Schultern und machte ein bekümmertes Gesicht, „verschwindet ihr am besten nach Peniche und schifft Reiter und Pferde nach England ein! Ihr braucht nicht auf uns zu warten! Zieht los, bevor Cotton etwas merkt.” Wellington verabschiedete seine Generäle. Die beiden nächsten Tage würden für alle sehr anstrengend werden. Sollten sie noch eine ruhige Nacht verbringen. Die meisten hatten eine Mönchszelle bekommen, während die Padres alle auf dem Boden im Refektorium nächtigten. Die Mönche von Bussaco hatten mit stoischer Gelassenheit seine Entscheidung hingenommen, gerade an diesem historischen Ort die Franzosen zur Schlacht zu stellen. Nachdem alle anderen den Raum verlassen hatten, nahm der Prior den Iren zur Seite, um ihn an seinen Besuch im Januar des Jahres zu erinnern: „Ich hoffe, mein Freund, Sie haben die Bronzetafel mit dem Dekret Papst Urbans am Tor zu unserem Park nicht vergessen? Jeder, der einen Baum zerstört ...”

      „Don Hernando, Sie können mich kreuzigen und vierteilen oder exkommunizieren, aber ich habe so wenig Soldaten und die Franzosen sind so übermächtig, daß ich mich nur aus der stärksten Defensivstellung Nordportugals heraus mit ihnen schlagen kann! Unglücklicherweise ist das eben Bussaco! Meine Hitzköpfe, die Sie gerade kennengelernt haben, freuen sich, weil es diesmal nur 15.000 Franzosen mehr sind. Das ist eine Milchmädchenrechnung! Sie vergessen alle, daß ihre portugiesischen Soldaten, 20.000 an der Zahl, gerade erst aus den Ausbildungslagern gekommen sind und noch nie einen Kampfeinsatz gesehen haben.”

      „Wir werden für Sie um Gottes Hilfe bitten, Mylord! Werden Sie Monsieur Massena schlagen?”

      Arthur zuckte resigniert die Schultern: „Ich werde es versuchen! Ich weiß nicht! Vielleicht! Verdammt, Don Hernando, sagen Sie Ihren Padres, sie sollen beten wie der Teufel! Nur der Himmel und eine gehörige Portion Glück können uns jetzt noch helfen!” Der Prior legte dem General beruhigend die Hand auf die Schulter und geleitete ihn zu einer der Zellen hinter dem Kreuzgang seines Klosters: „Sie sollten versuchen, auch ein wenig zu schlafen, mein Sohn! Sie werden morgen Ihre ganze Kraft und einen wachen Verstand benötigen. Sagen Sie sich einfach, daß Gott immer denen hilft, die für die gerechte Sache streiten!”

      Wellington setzte sich auf die Pritsche. Sein Atem ging schwer und er hatte das Gefühl, ein riesiger Stein würde seinen Brustkorb zerquetschen. Langsam schüttelte er den Kopf. Dann zischte er dem Karmeliter böse zu: „Gott? Welcher Gott? Ich habe meinen Glauben an ihn vor so langer Zeit in einem anderen Krieg verloren! Irgendwann, während eines grauenvollen Winterfeldzuges gegen die Truppen der Revolution! Niemand hat die Toten je gefragt, ob sie für eine gerechte Sache gekämpft haben oder für einen schurkischen Halsabschneider! Sie waren einfach nur tot! Erfroren, verhungert, in sogenannten Behelfslazaretten an Wundbrand krepiert, weil keine Ärzte da waren, um ihnen zu helfen, zurückgelassen an den vereisten Ufern der Ems, ertrunken in der Aller! Das alles liegt jetzt schon fast 20 Jahre zurück! Irgendwann habe ich aufgehört, die Toten zu zählen. Zuviele für ein einzelnes Gewissen!” Er verschränkte die Arme fest vor der Brust, damit der Prior nicht sah, wie sehr seine Hände zitterten. „Und wie viele mehr werden es morgen oder übermorgen abend sein? Fünftausend, zehntausend? Wie ich den Krieg doch hasse!”

      Don Hernando sah den britischen General mitfühlend an. Portugal war nie ein ruhiges Land gewesen. Irgendwo hatte es immer mit irgend jemandem Krieg gegeben. Er kannte nur zu gut die Geschichte seines Jesuitenbruders in Santa Clara, der erst nach 20 Jahren Krieg zur See und Gott weiß wieviel Blutvergießen seinen Frieden im Glauben gefunden hatte. In seinem eigenen Kloster versteckten sich ebenfalls ein paar ehemalige Soldaten vor ihrer Vergangenheit und vor ihren Alpträumen. Er setzte sich neben Lord Wellington auf die Pritsche: „Manchmal, mein Sohn, hilft es, wenn man mit jemandem über die Dinge spricht, die einen bedrücken! Es ist keine Schande, Angst zu haben!”

      Arthur hatte sich wieder gefaßt. Ruhig blickte er nun dem Prior in die Augen: „Angst? Da draußen stehen 50.000 Männer, Don Hernando! Sie leben, sie haben Träume, Wünsche, Hoffnungen. Sie haben irgendwo Eltern, eine Frau oder ein Mädchen, die sie lieben und die um sie zittern! Morgen oder übermorgen abend werden viele von ihnen tot sein, andere werden bis an ihr Lebensende grauenvoll verstümmelt dahinsiechen. Davor habe ich Angst, denn die Entscheidung, ob sie leben oder sterben, ob wir kämpfen oder weglaufen, fälle ich ganz alleine! Und wenn alles vorbei ist, dann bin ich wieder ganz alleine – mit den Gespenstern der Toten. Und das alles nur, weil ein einzelner Mann beschlossen hat, die Welt zu erobern! Bonaparte ist ein Monster! Wie bringt dieser Mann es nur fertig, so gnadenlos und kaltblütig Krieg um Krieg zu führen?”

      „So ist eben der Lauf der Welt, mein Sohn! Der Mensch ist das einzige Geschöpf unter diesem Himmel, das aus Lust und Gier tötet. Trotzdem! Irgend jemand muß den französischen Kaiser aufhalten, ansonsten wird unsere alte Welt nie wieder Frieden finden.”

      „Ja, irgend jemand muß versuchen, ihn zur Raison zu bringen. Die Politiker haben alle versagt. Auf Gewalt kann man eben nur mit Gewalt antworten. Doch es wird noch lange Jahre dauern, bevor der Korse endgültig besiegt ist, und auf dem Weg dorthin werden noch Hunderttausende Franzosen, Spanier, Portugiesen, Deutsche, Österreicher, Russen und Briten ihr Leben lassen. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wie es ist, in einer Welt im Frieden zu leben!” Er lächelte den Karmeliter traurig an: „Frieden! Und um dieser wunderbaren Illusion Willen werden wir kämpfen. Vielleicht kommt irgendwann wirklich der Tag ...”

      Der Prior stand auf: „Sie müssen nur ganz fest daran glauben, mein Sohn! Versprechen Sie mir, daß Sie mich wissen lassen, wenn Sie Ihr Schwert zerbrochen haben?”

      „Ich verspreche es, Don Hernando!“ Der riesige, imaginäre Stein hörte auf, Arthur zu erdrücken. Er spürte, daß seine Gespenster ihn in dieser Nacht nicht quälen würden.

      Der Morgen des 27. September 1810 war eiskalt und klar. Den ganzen Tag des 26. September über hatten die französische und die anglo-alliierte Armee einander gegenübergestanden und sich gegenseitig belauert. Massenas 65.000 Mann starke Streitmacht stand der Wellingtons genau gegenüber. Die größte Entfernung zwischen den beiden Kontrahenten belief sich auf nicht einmal ganz vier Meilen an der äußersten linken Flanke. Die Hälfte der alliierten Soldaten lag allerdings sorgfältig vor dem Auge des Gegners verborgen am östlichen Steilhang der Serra do Bussaco. Die Männer hatten ohne Feuer in der Nacht erbärmlich gefroren, aber ihr Oberkommandierender selbst war von Regiment zu Regiment geritten und hatte allen erklärt, warum er diesen Befehl gegeben hatte: Die Franzosen sollten nicht wissen, mit wie vielen Alliierten sie sich schlagen mußten. Umso selbstsicherer und siegesgewiß Massena, Junot, und Ney waren, umso mehr dumme, kleine Fehler würden sie machen.

      „Bei meiner Rückkehr aus Indien war es einmal mein innigster Wunsch gewesen, mich nur ein einziges Mal mit einem Marschall Napoleon Bonapartes zu messen. Jetzt habe ich drei dieser Herren auf einen Streich bekommen!“ Wellington schüttelte den Kopf beim Gedanken an die illustren Karrieren seiner Kontrahenten. Dann trieb er Kopenhagen eine Anhöhe hinauf zur Spitze des Nostra Senhora de Alto, dem Kommandoposten von Rowland Hill. Er fand den Freund in einen warmen Mantel gehüllt auf einem Stein sitzend, wie er gerade seinen jungen Adjutanten ausführlich erklärte, was sie nach dem ersten Kanonenschuß zu tun hatten. Sarahs kleiner Bruder, Lord Peter March, schien aufgeregt wie ein Kind am Weihnachtstag. Seine Wangen waren feuerrot angelaufen und er hing an den Lippen seines Generals. Für ihn war der Krieg wohl immer noch ein Spiel! Er war ja so stolz gewesen, als er nach der Schlacht von Talavera die Schulterklappen eines Leutnants auf die Uniform hatte nähen dürfen. „Guten Morgen, meine Herren! Wie stehen die Dinge bei der Zweiten Division?”

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