Der Sommernachtsmörder. Marianne Berglund

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Der Sommernachtsmörder - Marianne Berglund

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der Hand fest auf dem Geländer ging sie die Treppe ins erste Stockwerk hinunter, in der Dreizimmerwohnung, die sie seit einigen Jahren bewohnte und die ihr vorkam wie ihr erstes eigenes und echtes Zuhause. Das Haus, in dem sie fast zwanzig Jahre mit Gösta gewohnt hatte, hatte ihr Dasein kleinkariert und eng werden lassen. Eva-Britt war damals für das Einkaufen, das Kochen, das Aufräumen und die Wäsche zuständig gewesen. Ihr Ehemann hatte den Hang gehabt, sich endlos im Gefängnis herumzudrücken, wo er arbeitete, und wenn er dann endlich nach Hause kam, behauptete er, wenn auch mit einem freundlichen Lächeln, dermaßen erschöpft zu sein, dass er keinen Finger mehr rühren könnte. Am Ende hatte sie das alles so satt gehabt, dass sie der Sache ein Ende gemacht und den Mann vor die Tür gesetzt hatte. Übrigens eine Entscheidung, die sie noch nie bereut hatte. Das Einzige, was sie bereute, war, so lange gewartet zu haben. Auch sie war abends müde, wenn sie von der Wache nach Hause kam, und sich dann um zwei kleine Mädchen und außerdem um einen Ehemann kümmern zu müssen, der rauchend auf dem Sofa saß, das war einfach zu viel gewesen.

      Das Licht von unten stach ihr in die Augen. Sie kniff sie wieder zusammen, als sie in die Küche ging. Das eine Auge fest geschlossen, das andere nur minimal geöffnet, warf sie einen Blick auf die Wanduhr. Erst zwanzig nach sieben. Da hatte sicher die Migräne sie geweckt, und dazu das vage Gefühl von Unlust, das immer damit einherging.

      Mit den Jahren stellten die Migräneanfälle sich seltener ein. Nach der Scheidung hatte die Anzahl sich fast halbiert. Inzwischen kamen sie nur noch selten vor, meistens nach hektischen Phasen im Beruf. Als sollte sie einfach niemals Ruhe und Entspannung finden. Irgendetwas war immer. Als sie im vergangenen Jahr die Ermittlungen im Mord an einem Arzt beendet hatten, hatte sie innerhalb einer Woche gleich drei Migräneanfälle erlitten. Trotzdem, Eva-Britt hatte noch Glück gehabt, jedenfalls nach ihren eigenen Maßstäben. Es war Weihnachten gewesen, und zum ersten Mal seit Jahren hatte sie einen guten Grund gehabt, die Feiertage allein und im Morgenrock zu verbringen, wonach sie sich schon seit Ewigkeiten gesehnt hatte. Kein Schinken, keine Verwandtschaft, kein Weihnachtsmann, und vor allem kein Gösta. Denn meistens fand er sich zu solchen Gelegenheiten ein. Ihre ältere Tochter Klara, die jetzt in London wohnte, bestand darauf. Im vergangenen Jahr aber hatte die Familie ohne Mama zurechtkommen müssen. Eva-Britt hatte einen schönen Heiligen Abend verbracht, mit lindernden Schmerztabletten, Spaghetti carbonara und einem großen Stück Butterkuchen, das sie sich abends aus der Tiefkühltruhe gefischt hatte. Sie war früh ins Bett gegangen, hatte sich in die warme Daunendecke gewickelt und fast zwölf Stunden geschlafen.

      Jetzt saß Kommissarin Eva-Britt Bixe am Küchentisch und schaute aus dem Fenster. Draußen im Regen leuchteten die Bäume in sattem Grün. Der Hof sah aus wie ein schönes, in gesättigten Farben gehaltenes Bild. Der Regen klopfte dumpf gegen die Fensterscheibe. Es regnete jetzt seit einer Woche, nicht übermäßig und nicht ununterbrochen, aber als gleichmäßiges Nieseln, das ein Gefühl von Herbst hinterließ. Vor Mittsommer war das anders gewesen, fast unerträglich heiß, die Leute hatten nach Luft geschnappt und sich beklagt. Dass das Wetter auch nicht Maß halten konnte, entweder war es brennend heiß oder es goss. Ja, so ist es wohl mit dem Leben und der Gesundheit, dachte Bixe, entweder so viel Stress, dass man kaum zum Nachdenken kommt, oder Stille und bohrende Kopfschmerzen. Das Wort mäßig schien nicht mehr zu existieren. Auch bei der Arbeit machte sich das bemerkbar, die Verbrechen wurden immer zahlreicher und raffinierter, ehrliche Schlägereien wichen schweren Misshandlungen, aus Ladendiebstählen und anderem Kleinkram wurden Körperverletzung und Raubüberfall.

      Sie führte die Tasse an die Lippen und trank. Das Koffein tat seine Wirkung, und bald fühlte sie sich fast wieder normal. Es pochte nur noch hinter der rechten Schläfe, diesmal würde sie sich also wohl nicht wieder ins Bett legen müssen. Und würde Fia wie verabredet auf dem Marktplatz treffen können. Ihre Tochter brauchte Rat bei irgendeinem Einkauf, es ging um einen Mantel oder so etwas. Nicht, dass Bixe gern in Kleiderläden herumwühlte, aber für ihre jüngere Tochter konnte sie gern einmal eine Ausnahme machen.

      Als sie ihre zweite Tasse Kaffee getrunken hatte und sah, wie Hausmeister Simonsson mit einer Mülltüte über den Hof ging – dieser Mann versah seine Arbeit aus lauter Pflichtgefühl sogar am Wochenende –, klingelte das Telefon. Bixes erster Gedanke war ihre Tochter, und für einen Moment fühlte sie sich erleichtert. Vielleicht würde sie sich doch nicht in Umkleidekabinen mit greller Spiegelbeleuchtung und Warenhäusern mit schriller Musik herumtreiben müssen. Aber als sie den Hörer vom Telefon an der Küchenwand nahm, hörte sie nicht Fias Stimme, sondern die von Polizeiinspektor Janne Ring.

      »Eva-Britt, entschuldige, falls ich dich geweckt habe.«

      »Macht doch nichts, ich war ohnehin schon wach.«

      Ring räusperte sich. Bestimmt hält er dabei die Hand vor den Mund, dachte Bixe. Sie sah seinen Siegelring und die weißen Manschetten vor sich.

      »Es ist etwas passiert«, sagte jetzt ihr immer so tadellos in einen Anzug gewandeter Kollege. »Es wäre gut, wenn du so schnell wie möglich herkommen könntest.«

      Seine Stimme war so glatt wie seine Hosen mit den Bügelfalten.

      »Kannst du sagen, worum es geht?«

      »Ja, in einem Friseursalon in der Hamngata hat es gebrannt.«

      »Ich habe an diesem Wochenende frei«, sagte Bixe. »Muss ich wirklich los, bloß weil es irgendwo gebrannt hat?«

      »Offenbar ist dabei jemand verbrannt.«

      »Ach?«

      »Ja, aber wie und warum wissen wir noch nicht.«

      »Wo genau hast du gesagt?«

      »Hamngata 3«.

      »Liegt das Engers nicht in der Hamngata?«

      »Doch ...« Auf der anderen Seite der Leitung wurde mit Papier geraschelt. »Ja, das ist derselbe Salon. Er heißt jetzt aber nicht mehr Engers, sondern Klipp-it. Offenbar hat er den Besitzer gewechselt.«

      »Ich komme. Aber ich habe heute frei. Hast du schon Erik angerufen?«

      »Da meldet sich niemand. Deshalb wollte ich doch dich sprechen.«

      »Da meldet sich niemand? Aber er hat doch diese Woche Bereitschaftsdienst.«

      »Ich mach noch einen Versuch. Und übrigens, soll ich dir einen Wagen schicken?«

      »Einen Wagen? Wie meinst du das? Das sind vier Straßen, Janne.«

      »Du fährst doch sonst immer.«

      »Jetzt nicht mehr.«

      »Ich weiß ja, dass deine Karre ihren Geist aufgegeben hat, deshalb frag ich ja gerade.«

      »Danke. Aber das ist wirklich nicht nötig.«

      »Dann sehen wir uns gleich?«

      »Sobald ich fertig bin.«

      Und vom Stuhl hochkomme, dachte sie und legte auf. Neue Ermittlungen konnten ein sehr wirksames Kopfschmerzmittel sein, der Stress ließ für die Migräne einfach keinen Platz mehr. Dennoch hätte sie natürlich einen entspannten Stadtbummel mit Fia vorgezogen. Eine verbrannte Leiche war ja nicht gerade das, wonach man sich an einem ruhigen Samstagmorgen vor allem sehnte. Noch dazu, wenn es erst fünf nach acht war und der Kopf sich weiterhin wie eine leere Blechdose anfühlte, auf deren Deckel irgendwer unerbittlich einhämmerte, mit gedämpften, aber hartnäckigen Schlägen.

      Ist das hier das Leben?, überlegte Eva-Britt Bixe. Gedankenlos

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