Öffentliches Wirtschaftsrecht. Stefan Storr
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Sofern der Schutzbereich eröffnet ist, ist das Vorliegen eines Eingriffs zu prüfen. Art. 49 Abs. 2 AEUV ordnet positiv eine Inländergleichbehandlung an. Aus diesem Grundsatz leitet der EuGH die Pflicht zur Anerkennung äquivalenter, im Ausland erworbener Kenntnisse und Fähigkeiten ab[171]. In Konsequenz dieses Grundsatzes wird beispielsweise im Handwerksrecht die Eintragung in die Handwerksrolle auch aufgrund einer im Ausland erworbenen Qualifikation ermöglicht (s. zu § 9 HwO ausführlich Rn 477 f). Der Schutz der Grundfreiheiten geht aber – auch bei der Niederlassungsfreiheit – über die Pflicht zur Inländergleichbehandlung hinaus. Als rechtfertigungsbedürftige (und damit vom EuGH auf ihre Angemessenheit überprüfbare) Eingriffe gestalten sich nach der Rechtsprechung des EuGH alle Maßnahmen, die die Ausübung der Niederlassungsfreiheit „unterbinden, behindern oder weniger attraktiv machen“[172].
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Anzeigepflichten verfolgen den legitimen Zweck, der zuständigen Behörde im Interesse einer wirksamen Überwachungsmöglichkeit, Aufschluss über die Art und Zahl der in ihrem Bezirk tätigen Gewerbetreibenden zu verschaffen (s. näher Rn 272 ff). Sie stellen auch im Vergleich zu Genehmigungserfordernissen das mildeste Mittel dar[173]. Deswegen sind Erlaubnispflichten in besonderer Weise rechtfertigungsbedürftig. Solche – vor allem mit dem Erfordernis von Sachkundenachweisen verknüpften – Genehmigungserfordernisse im nicht durch Richtlinien harmonisierten Bereich betreffen ua das Bewachungsgewerbe (§ 34a GewO), Versicherungsberater und -vermittler (§§ 34c, d GewO) sowie Finanzanlagenvermittler (§ 34f GewO). Sachkundenachweise stellen sich zB dann als geeignet und verhältnismäßig dar, wenn sie dem Schutz von Anlegern sowie der Integrität und Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes dienen[174]. Allerdings bedarf es in Konsequenz des „Herkunftslandprinzips“ einer Anerkennung ausländischer (vergleichbarer) Prüfungen, wie sie zB § 13c GewO auch vorsieht. Entsprechende Erlaubnispflichten gibt es auch außerhalb des Gewerberechts, zB für die Tätigkeit von Banken, § 32 KWG (dazu Rn 542 ff).
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In Fall 3d (Rn 45) muss sich U in die deutsche Handwerksrolle eintragen lassen (so die Sachverhaltsangaben; zur handwerksrechtlichen Rechtslage näher Rn 477). Diese Ausprägung eines Erlaubnisverfahrens zur Prüfung der Sachkunde ist zum Schutz der Kunden vor den mit unsachgemäßer Bauausführung verbundenen Gefahren auch verhältnismäßig[175], sofern seine bisherige Berufserfahrung sowie Ausbildungs- und Befähigungsnachweise anerkannt werden. Für das Handwerksrecht wurden die Anforderungen der Niederlassungsfreiheit in der Berufsanerkennungsrichtlinie zusammengefasst; diese regelt insbesondere die Anerkennung der ausländischen Qualifikationen (zur Umsetzung vgl Rn 477). Außerdem stellt sich die Frage, inwieweit er seine Tätigkeit in der Rechtsform des niederländischen Rechts weiterführen kann. Dies ist zunächst eine Frage des (internationalen) Gesellschaftsrechts. Nach der in Deutschland maßgeblichen Sitztheorie kommt es für die Rechtsfähigkeit auf den (neuen) Verwaltungssitz an, so dass ausländische Gesellschaften in Deutschland neu gegründet werden müssen und ansonsten als Personengesellschaft nach deutschem Recht behandelt werden (BGH, NJW 2009, 289). Allerdings verstößt dies gegen die Niederlassungsfreiheit, so dass für Unternehmen aus EU-Mitgliedstaaten eine „identitätswahrende Sitzverlagerung“ über die Grenze möglich ist (näher Rn 232)[176]. Die Einzelheiten ergeben sich künftig aus EU-Richtlinien; danach ist auch eine Online-Gründung von Gesellschaften vorgesehen[177].
4. Die Dienstleistungsfreiheit
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Fehlt es an einer dauerhaften Eingliederung eines Unionsbürgers in das Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaates, ist die Dienstleistungsfreiheit einschlägig. Sachlich schützt sie nach der Legaldefinition des Art. 57 Abs. 1 AEUV selbstständige Leistungen, die gegen Entgelt erbracht werden, insbesondere auch gewerbliche Tätigkeiten (vgl Art. 57 Abs. 2 AEUV), sofern sie nicht unter die spezielleren Freiheiten fallen. Es genügt für den Binnenmarktbezug, wenn nur die Dienstleistungen die Grenze überschreiten. Art. 56 AEUV erfasst also auch solche Dienstleistungen, die der Leistungserbringer ohne Ortswechsel von dem Mitgliedstaat aus erbringt, in dem er ansässig ist (sog. Korrespondenzdienstleistung)[178]. Er schützt ferner die passive Dienstleistungsfreiheit der deutschen Leistungsempfänger, die ihnen erlaubt, von einem Leistungserbringer aus einem anderen Mitgliedsstaat angebotene Dienstleistungen zu empfangen oder in Anspruch zu nehmen[179].
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Diese Voraussetzungen sind in den Fällen 3a/b (Rn 45 ff) erfüllt. Online-Angebote wie die Uber-App in Fall 4 (Rn. 46) unterfallen der Dienstleistungsfreiheit. Auch P in Fall 5 (Rn 47) erbringt mit dem Abschluss der Franchise-Verträge eine Dienstleistung (zur Abgrenzung von der Warenverkehrsfreiheit nach der Schwerpunktformel s. bereits Rn 65). Dafür spielt es selbstverständlich keine Rolle, ob die angebotene Dienstleistung auch in Deutschland angeboten werden kann; dies ist eine Frage der Rechtfertigung. Fall 5 (Rn 47) betrifft zugleich die passive Dienstleistungsfreiheit des deutschen Unternehmens, das mit einem irischen Unternehmen einen Franchisevertrag über den Betrieb eines Laserdromes abgeschlossen hatte. Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit werden nach den gleichen Grundsätzen wie bei den anderen Marktfreiheiten geprüft (s. schon oben Rn 57 ff).
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Vorschriften des öffentlichen Wirtschaftsrechts sind idR Maßnahmen gleicher Wirkung (s. oben Rn 58). Ebenfalls als Maßnahme gleicher Wirkung an der Dienstleistungsfreiheit zu messen ist die Bevorzugung Ortsansässiger (s. zu kommunalen Einrichtungen Rn 392). Ein Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit stellt sich jedoch nur dann als Verstoß dar, wenn er sich nicht rechtfertigen lässt. Geschehen kann dies durch Gründe der „öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit“ (Art. 62 iVm 52 AEUV), vor allem aber aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die der EuGH für die Dienstleistungsfreiheit konkretisiert hat[180]. Der EuGH verlangt, dass die entsprechenden Vorschriften