Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski

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Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski

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      3.1.6.2. Die Bewässerungskanäle

      Die Bewässerungskanäle als Einzelerdbauwerk als auch ihre Gesamtheit als System sind ebenso wie das erfolgreiche Betreiben dieses Systems über viele Jahrhunderte das eindrucksvollste Merkmal der Hohokam-Kultur und nördlich von Mesoamerika in ihrer Größe einmalig. Die bis jetzt bekannten Längen der Hauptkanäle betragen mehr als 800 km. Diese Zahl ist aber sicher nicht endgültig. Die größte offene Breite der Kanäle liegt bei 25 bis 26 m, die größte Tiefe bei 6,1 m. Die Kanäle hatten einen trapezoiden, U- oder V-förmigen Querschnitt. Einige waren mit Ton ausgekleidet. Wenn die Standsicherheit der Kanalwände es gestattete, wurden die Kanäle tief (bis zu 2 m) und schmal (1,5 bis 3 m breit) angelegt, was auch die Erdaushubmenge bei dem dann schweren Boden reduzierte. Sie boten somit der Sonne auch eine relativ geringe Verdunstungsfläche. Die Bewässerungssysteme waren für die Zuführung und Kontrolle von Wasser geschaffen und reduzierten durch eine breitere Verteilung der anströmenden Wassermassen unbeabsichtigt auch die flutbedingte Erosion. Sie umfassen: Kanäle, Einlaufbauwerke, Grabenstaudämme, Ablenkungsdämme und Schleusentore. Praktisch alle genannten Anlagen sind Belege für einen flächenmäßig sich allmählich erweiternden Bodenbau. Es existierte eine regionale Vielfalt bei der Verwendung dieser Anlagen je nach den lokalen Bedingungen. Unabhängig von diesen Wasserkontrollanlagen gab es aber auch Brunnen und Wasserreservoire, die durch Kanalzuflüsse und/oder Grundwasser gespeist worden waren.

      Die Entwicklung der prähistorischen Bewässerung im Salt und Gila River Valley erfolgte über die Menschen, die um die Zeitenwende im Salt und Gila River Valley die ersten kleinen Weiler entlang der Terrassen über dem Fluss erbauten. Über sie ist wenig bekannt. Sie schienen bereits sesshafte Bodenbauer gewesen zu sein, die ihre Anbauflächen entlang der Flussufer bestellten. Sie nutzten vermutlich die Technik des Flutwasserbodenbaus und bepflanzten die feuchten Böden in den Überschwemmungsbereichen, die das Frühjahrshochwasser der Flüsse außerhalb ihrer Ufer schuf. Möglicherweise schon um 50 u.Z. nutzten diese frühen Bewohner die neue Technologie der Kanalbewässerung zur Erweiterung ihrer Anbauflächen und möglicherweise auch als ein territoriales Ausweichen auf durch Überschwemmungen weniger beeinflusste/gefährdete Gebiete mit besser berechenbarem Wasserhaushalt.

      Diese Bodenbautechnologie wurde letztendlich die wirtschaftliche Grundlage dieser prähistorischen Kultur des südlichen Arizona, die als Hohokam bezeichnet wurde. Die Kanalbewässerung wurde bereits früher von Völkern eingesetzt, die entlang der Flüsse und kleinen Wasserabläufe in Mexiko lebten. Ihre Kanalsysteme erreichten aber nie die Größe und die Qualität der Hohokam-Kanalsysteme, dafür waren nicht die ökologischen Bedingungen vorhanden. Die frühesten Bewässerungssysteme der Hohokam waren sicher kleine Kanäle nah am Fluss und/oder seinen Überflutungsflächen gelegen. In dieser Position waren die frühen Kanäle besonders empfindlich gegen die zerstörerischen Einflüsse von Überschwemmungen, was ihren archäologischen Nachweis ungemein erschwert. Im Tucson-Gebiet, am Santa Cruz River, wurden aber die frühesten kleinen Kanäle auf 1200 v.d.Z. datiert, weit vor der Hohokam-Kultur. Der Tucson/Santa Cruz-Bereich ist ein weiteres bedeutendes Gebiet, wo die Hohokam mittels eines umfangreichen, aber kleineren Irrigationssystems als im Phoenix/Salt-Gila-Bereich, Bewässerungsbodenbau betrieben. Dieser Raum ist archäologisch aber noch nicht so intensiv untersucht wie der Phoenix-Raum. Weitere Kanalsysteme waren auch im Verde River Valley und im Gebiet des San Pedro River gebaut worden.

      Irgendwann zwischen 600 und 700 u.Z. gestalteten die Hohokam die ersten großen Kanäle, die der Lage waren, der oberen, zweiten Terrasse des Salt River große Wassermengen zuzuführen. Bis zur frühen Kolonialperiode (700 bis 900 u.Z.) wurden große integrierte Kanalsysteme auf der Nord- und der Südseite des Flusses aufgebaut. Diese Kanäle waren in ihrer Größe und Reichweite oft monumental. Ihr Maximum erreichten sie wahrscheinlich zwischen 1200 bis 1250 u.Z.

      Im unteren Salt River Valley wurden über 480 km Hauptkanäle und 1120 km Verteilungskanäle identifiziert. Das System 1 geht ostwärts zur heutigen Stadt Tempe, das System 2 ist die westwärts vom Salt River von Pueblo Grande führende Kanalgruppe im Phoenix-Gebiet. Desweiteren gibt es das Scottsdale Canal System und das Lehi Canal System und weitere kleinere, unbenamte Systeme. Die folgenden Aussagen fußen im Wesentlichen auf dem System 2 im Phoenix-Gebiet. Dort gibt es ca. 50 Hauptkanäle aus der Zeit zwischen 550 bis 1450 u.Z. Neun dieser Hauptkanäle waren irgendwann einmal eine Zeit lang aktiv. Sie folgten sehr gut den Konturen der Senken. Die Längen der einzelnen Kanäle differierten sehr stark, die meisten waren von ihrem Einlauf her 19,2 bis 25,6 km lang. (Der längste bekannte Hohokam-Kanal erstreckte sich über eine Länge von 32 km von Pueblo Grande aus bis zum heutigen Glendale.) Im Phoenix-Bereich gab es mindestens 15 große Dörfer und zahlreiche kleine Siedlungen. Die größeren Dörfer befanden sich in Intervallen von 3,2 bis 4,8 km entlang der Kanäle. Die Hohokam-Bewässerungskanäle hatten zu verschiedenen Zeiten einmal insgesamt 40.500 ha (= 405 km²) im Salt River Valley „in Bewässerung“. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Kanalsystems betrug ca. 50 bis 100 Jahre. Dann war es durch nicht mehr aushebbare Sedimentation und Überschwemmungen verschlissen. Eventuell sank auch die Ergiebigkeit/Fruchtbarkeit der Feldflächen und die Unterhaltung der Kanäle war nicht mehr lohnend. Infolgedessen konnte auch eine Versalzung der nicht mehr ausreichend mit salzabtransportierendem Wasser versorgten Felder erfolgen (Der Salzgehalt des Salt River liegt bei 0,11% alkalischen Salzen.). Vielleicht wurden die dann nicht mehr für den Bewässerungsbodenbau genutzten Flächen für den Trockenbodenbau verwendet.

      Über die Jahrhunderte breiteten sich die Niederlassungen vom Phoenix-Gebiet und dem kanalisierten Bereich vom Flachland nach Norden entlang der Flüsse zu den höheren Lagen aus. Die Intensität der Bewegung entsprach den raschen Schwankungen des Abflusses des Salt River. Flutjahre machten den Wiederaufbau bzw. eine sehr intensive Instandsetzung von Kanälen erforderlich, die von Fluten zerstört und/oder mit Sedimenten ganz oder teilweise aufgefüllt worden waren.

      Die Angaben über die Gesamtlänge der Kanäle und der von ihnen bewässerten Flächen unterliegen in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Quelle, deren Entstehungszeit, sowie den Ansichten der dafür zuständigen Autoren und ihren Bestimmungsverfahren erheblichen Schwankungen.

      Die weiblichen und/oder männlichen Bewässerungsspezialisten der Hohokam (analog der Rolle der Jagdleiter bei den nomadischen Jäger- und Sammlergruppen) berücksichtigten für die Trasse des Kanals sehr genau die lokale Topographie, die flachen Senkungen und die Steigungen, die Abflussmöglichkeiten und die Bodenarten. Dabei half ihnen die lokale Vegetation. Sie erlangten im Verlauf der Zeit eine wissenschaftlich zu nennende Ansicht/Kenntnis über den Wasserfluss in den Kanälen und entwickelten eine Reihe von technischen Einrichtungen, mit deren Hilfe sie das Wasser bis dicht an die Oberfläche ihrer Felder leiten konnten. Jede technische Anlage war an eine spezifische topographische Situation wie Anstiege und flache Flussterrassen angepasst. Die Kanalsysteme wurden in Bezug auf die bodenbauerischen Notwendigkeiten und die Eigenschaften des Klimas entworfen.

      Diese Systeme enthielten eine Reihe physischer Elemente/technischer Anlagen. An der Einmündung des Kanals in den Fluss war wahrscheinlich ein Stauwehr errichtet worden. Ein solches Wehr war eine teilweise in den Fluss hineinreichende, aber ihn nicht vollständig überspannende Verdammung aus Holzpfosten, Strauchwerk und „dichtendem“ Material (z.B. Gras, große Blätter, Rinde, Matten, Häute u.ä.). Sie hebt durch die Stauwirkung das lokale Wasserspiegelniveau des Flusses und führt durch Gefälle und Strömungsdruck das Wasser in den Kanal. Innerhalb des Kanals wurde vermutlich ein großes Wassersteuergatter oder Schleusentor (headgate) gebaut, um die Menge des durch den Kanal fließenden Wassers zu regulieren. Die Hauptkanäle leiteten das Wasser vom Fluss weg in Richtung zu den Feldern. Die Hauptkanäle waren an ihrem Flussabgang sehr groß, aber die Größe verringerte sich in Richtung ihres Endzieles, der Felder und/oder Dorfanlage. Die Wassermenge verminderte sich bei ihrem Lauf durch den Kanal durch den Abfluss auf die Felder, durch Verdunstung und Versickerung. Dementsprechend wurde auch die Größe/der Querschnitt des Kanals reduziert. Durch die Verringerung der Wasserführung

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