Die Pueblo-Kulturen. Werner-Wolf Turski
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Die Verteilungskanäle entnahmen Wasser vom Hauptkanalsystem und leiteten es zu den Feldern. Sie wurden auch dazu genutzt, das Verhältnis zwischen dem Wasserspiegel im Kanal und im Grundwasser auszugleichen. Einige Arten von Wassersteuerungseinrichtungen wurden benutzt, um Verteilungssysteme in Betrieb zu halten. So wurden Ablenkungsgatter an den Verzweigungen der Hauptleitungs- und Verteilungskanäle gefunden, die den Wasserfluss regulierten. Schleusen, Sperren oder Wassersteuertore wurden häufig innerhalb der Hauptleitung und der Verteilungskanäle eingesetzt. Ein geschlossenes Wassertor würde einen Stau im Zuflusskanal verursachen. Durch die Nutzung von Wassersteuerungsanlagen waren die Hohokam in der Lage, ein qualitativ hocheffektives Bewässerungssystem zu betreiben.
Der Bau der Hohokam-Kanäle erforderte einen hohen Aufwand an menschlicher Arbeit. Der Boden wurde mit Hand, vermutlich mit Hilfe großer keilförmiger Steinstücke, sogenannter „Steinhacken", aber auch mit großen Scherben und mit hölzernen Grabenstöcken, gelöst und entfernt. Der Boden konnte dann mit großen Körben aus dem Kanal herausgehoben und als Damm an den Kanalseiten abgelagert werden. Viele prähistorische, vorindustrielle Bodenbauergemeinschaften nutzten einen einfachen „Nivellierungsrahmen“ zur Bestimmung des Gefällegradienten eines Kanalbodens. Dies konnte auch bei den Hohokam der Fall gewesen sein, ist aber nicht belegt. Einige Wissenschaftler nahmen auch an, dass während des Kanalbaues Wasser im Kanalbereich stand, um so den Boden feucht und besser abtragbar zu machen. Damit wären völlig ohne Niveliergeräte auch Nivellierungsaufgaben zu lösen gewesen. Diese Version erscheint sehr wahrscheinlich und plausibel, auch wenn sie von manchen abgelehnt wird.
Untersuchungen der prähistorischen Kanäle erbrachten, dass zum Beispiel für den Aufbau der Hauptkanäle in Kanalsystem 2 während der Kolonial- und der klassischen Periode (von 775 bis 975 und 1150 bis 1350/1400 u.Z.) ungefähr 800.000 m³ (2000 m³/a durch wie viel Personen?) und in der Periode der Sesshaftigkeit (975 bis 1150 u.Z.) über 400.000 m³ Boden (2286 m³/a) ausgehoben werden mussten. Die von diesem System bewässerte Fläche wird mit ca. 4.000 ha angegeben.
Der Arbeitsumfang für den Bau des Kanalsystems war teilweise von der vom Fluss abzuleitenden Wassermenge abhängig. Sowohl in der späten Kolonialzeit (950 bis 975 u.Z.) als auch in der klassischen Zeit (1150 bis 1350/1400 u.Z.) gab es bei den Hohokam häufig sehr starke Überschwemmungen, die die Kanäle zerstörten oder zumindest beschädigten. Sie mussten dann neu- oder umgebaut bzw. repariert werden. Es ist schwierig, die tatsächliche Leistung für den Aufbau und gar die Instandhaltung der Hauptkanäle einzuschätzen. Der Bau und der Erhalt der Kanäle war eine mehr oder minder intensive permanente Aufgabe über die Jahrhunderte, wobei nicht alle heute identifizierten Kanäle gleichzeitig in Betrieb waren.
Der Bau, die Erhaltung und das Betreiben der Kanalsysteme erforderten eine beständige und wohlorganisierte Kommunikation für den Einsatz der notwendigen Arbeitskräfte. Es entstand in dieser „Bewässerungsgesellschaft“ eine entsprechende soziopolitische Organisation. Zweifellos mussten Personen aus allen Dörfern entlang eines Hauptkanals zum Aufbau bzw. der permanenten Erweiterung eines ursprünglich kleinen Kanals/Kanalsystems und zum kontinuierlichen Erhalt des Kanals, der Wehre und der oberen Schleusentore beitragen. Jedes Jahr war das Maß des für jede Feldfläche abzugebenden Wassers entsprechend dem konkreten Wasserangebot festzulegen. Dieses mögliche Konfliktpotenzial war zu minimieren. Deshalb war eine ausreichend autorisierte Führung notwendig, um schnell Konflikte zu lösen, die sonst die für die permanente Betreibung der großen Kanalsysteme erforderlichen kooperativen Beziehungen hätten bedrohen oder beeinträchtigen können.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die durch die Hohokam-Kanalsysteme verbundenen "Bewässerungsgemeinschaften" als soziopolitische Einheiten durch eine mehr oder minder ausgeprägte Hierarchie mit eindeutigen/deutlichen Führungsrollen gekennzeichnet waren. Jede Bewässerungsgemeinschaft hatte ihre eigene, traditionell erprobte Führung, um die Arbeiten für den Hauptkanalbau, die Instandhaltung von den Kanälen, der oberen Schleusentore und Wehre, der Aufstellung von Wasserzuweisungen und Planung zu organisieren und lokale Konflikte zu vermeiden oder zu lösen. Kleinere, mehr lokale Gruppen von Bodenbauern konnten sich selbst für den Bau und die Erhaltung von Zweigkanälen und Verteilungskanälen organisieren. Im Gegensatz zu vielen der traditionellen Gruppen im Südwesten und im nordwestlichen Mexiko müssen die Hohokam eine komplexere sozialpolitische Struktur und Vernetzung gehabt haben. Über deren Ausmaß und Aufbau über die Zeit gibt es vielfältige und auch kontroverse Ansichten.
Höchstwahrscheinlich waren die an den Kanälen errichteten Plattformmounds der Hohokam in irgendeiner Beziehung mit dem Betreiben der Kanalsysteme verbunden. Große, eventuell administrative Standorte, die einen oder mehrere Plattformmounds aufweisen, lagen an den Eingangsstellen/den “Köpfen“ der größeren Kanalsysteme, wie u.a. die Standorte von Pueblo Grande, Mesa Grande, Plaza Tempe und Tres Pueblos. Von dieser Stelle aus kontrollierten diese Standorte bzw. dort ansässige Personen den Fluss des Wassers in den Hauptkanälen und organisierten wahrscheinlich die notwendige jährliche Instandsetzungsarbeit an den Wehren und oberen Schleusentoren. Entsprechend dem Abstand der „verwaltungstechnisch“ maßgeblichen Dörfer waren dann auch die in diesen Dörfern errichteten Plattformmounds entlang der Kanäle in regelmäßigen Abständen von 4,8 km errichtet worden und können sekundäre Zentren dargestellt haben, die kürzere Abschnitte entlang des Kanalsystems kontrollierten.
Man vermutet, dass bestimmte „Führungspersonen“ der Hohokam-Gesellschaft auf der Oberseite einiger Plattformmounds permanent oder zeitweise lebten. Leider sind sehr wenige archäologische Ausgrabungen von Plattformmounds durchgeführt und publiziert worden. Die Aussagen zu dieser Frage sind deshalb spärlich und oft spekulativ.
Die Auflassung der Ballspielplätze zwischen 1150 und 1200 u.Z. und die zunehmende Bedeutung der Plattformmounds ab Mitte der Klassischen Periode (ca. 1250/1300 u.Z.) zeigt, dass diese in ihrer Ausrichtung und ihrer Funktion ein stärkeres religiös-spirituelles Gewicht bekamen (auch Nutzung für astronomische Zwecke). Ein Teil der Mounds lag aber weit abseits von Bewässerungskanälen. Sie hatten also keine kanalgebundenen Aufgaben und waren aufgrund ihrer Größe auch für die Errichtung von Spezialbauten ungeeignet, was letztendlich ihre spezielle religiöse Rolle stützen würde.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass jedes Flusstal ein oder mehrere durch Wasserläufe und den Pflanzenwuchs markierte hydraulische Layouts aufweist, die entsprechend dem menschlichen Bedarf und Vermögen durch Kanäle gestaltet und verstärkt wurden. Jeder dieser menschlich produktiv nutzbaren Layout-Bereiche enthielt einen oder mehrere Kanäle mit einem gemeinsamen oberen Schleusentorstandort und den bewässerbaren Feldflächen und Niederlassungen, die sich entlang der Kanalstrecken ausbreiteten und verteilten. Eindeutig arbeiteten die Bodenbauer in jedem Kanalsystem mit einander zusammen, um ihre Bewässerungseinrichtungen zu nutzen und zu unterhalten.
Die Hohokam bauten große und gut durchdachte Kanalsysteme und entwickelten eine produktive Bodenbauer-Gesellschaft, die viele Jahrhunderte existierte. Ihre Ergebnisse in der Bewässerungstechnik zählen zu den beeindruckendsten, die jemals mit Hilfe einer vorindustriellen Technologie erbaut worden sind. Es ist wahrscheinlich, dass beim allmählichen Aufbau und dem Betreiben des Kanalsystems eine religiöse und/oder säkulare, aber sehr flache Hierarchie entstand. Die architektonische Anordnung der Plattformmounds in der klassischen Zeit betont die Abtrennung und Isolierung von dort ausgeführten Aktivitäten. Dies deutet die Notwendigkeit einer Informationskontrolle mit dem Wunsch an, ihre Zugänglichkeit einzuschränken und möglicherweise auch eine Verschwiegenheit zu gewährleisten. Die Standorte mit Plattformmounds scheinen