Die Hoffnung aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Die Hoffnung aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen

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„Ich weiß.“

      Irgendwie wollte kein vernünftiges, nettes Gespräch zwischen uns gelingen. Letztendlich hatte sie mich gefragt, was ich eigentlich in ihrem Garten suchen würde und ich hatte ihr nur geantwortet: „Haben dir deine Träume das noch nicht verraten?“ Das ist so ziemlich das letzte, an was ich mich von unserem Gespräch erinnere. Ich hatte ihr nichts von dem Labor gesagt und sie hatte mir nichts von einem Labor erzählt. Dabei hatte ich sie mit meiner Frage herausfordern wollen. Schließlich hatte sie zu dem Zeitpunkt schon fünf Jahre in dem Haus gewohnt und ich dachte, sie müsse etwas wissen. Vielleicht wollte ich auch nur eine Gemeinsamkeit finden. Aber ich lag an diesem Nachmittag noch völlig falsch. Sie träumte zwar genauso wie ich. Aber niemals von mir oder dem, was ich träumte.

      So hatte dieses leidige Zusammentreffen auch ein schnelles Ende gefunden, weil ich ziemlich kopflos das Feld geräumt hatte. Ich floh regelrecht vor ihr und unserer Unfähigkeit, uns vernünftig und wie Freunde zu verhalten. Dabei war das alles, was ich damals wollte.

      Heute weiß ich, sie hatte ihre ganze Kindheit Kurt Gräbler in sich wüten gehabt, genauso wie ich. Aber während ich ihn als Freund sah, wirkte er in ihr als Unruhestifter, der ihre Träume ausschließlich in Albträume verwandelt hatte. Ich muss ihr mit meiner Frage nach ihren Träumen extrem angstgemacht haben. Schließlich war ich für sie ein vollkommen Fremder, der nichts darüber wissen konnte.

      Aber ich war mir sicher, dass sie das Mädchen aus meinen Träumen war und der Umstand, dass sie in dem Haus des Alchemisten lebte, gab mir das Gefühl, dass ich richtigliegen musste. Carolin war mit mir durch den Alchemisten verbunden und er hatte mich zu ihr geführt. Davon war ich überzeugt.

      Das Gefühl, das mit dieser Erkenntnis einherging, brachte mich aber auch völlig durcheinander. Es schmerzte mich, dass ich ihr nicht ehrlicher begegnet war und nicht den Mut aufgebracht hatte, ihr den Grund meines wirklichen Herziehens zu erklären.

      Ich war damals noch so unfähig, vernünftig Gespräche mit Mädchen zu führen. Und mit Carolin war es schwieriger als mit je einer anderen zuvor. Bei ihr war ich oft gehemmt, verstört und völlig unfähig. Aber ich wusste, das musste sich ändern. Zumal in mir alles nur noch sie wollte. Doch an diesem Nachmittag hatte ich es vollkommen versaut. Mir das allerdings einzugestehen, lag mir damals noch fern.

      Meine Mutter hatte mich gelehrt, dass nichts, außer sie selbst, über mir steht und ich alles haben kann und mir nehmen kann, was ich will. Ich war ein begnadeter Pianist, dem die Welt zu Füßen lag. Und so hatte ich bis dahin auch meine Erfahrungen mit Mädchen gemacht. Wenn ich sie wollte, nahm ich sie mir. Und wonach mir war, das wurde gemacht. Nichts anderes interessierte mich. Einhalt gebot mir bis dahin nur einer auf diesem Planeten: Meine Mutter.

      Aber Carolin löste in mir etwas aus, das ich bis dahin nicht benennen konnte. Ich wollte sie für immer an mich binden.

      Dieser Wunsch besteht bis heute, egal was bisher geschah. Und heute weiß ich sogar, dass wir füreinander bestimmt sind. Damals ahnte das allerdings noch keiner von uns. Auch Julian nicht, von dem ich zu dem Zeitpunkt noch dachte, dass er nur der Bruder von Carolin ist.

      Carolin und mein Zusammentreffen in ihrem Garten war schlecht gelaufen und ich hoffte, sie auf einer Jugendveranstaltung in der Gegend erneut zu treffen, um meinen Auftritt in ihrem Garten wieder gutmachen zu können. Etwas drängte mich regelrecht dazu.

      Tatsächlich war sie da. Ich fand sie in der Sektbar, mit so einem blonden Schnösel mit leuchtend blauen Augen. Ich stand direkt hinter ihr an der Theke und sah ihn mir genau an. Ich fragte mich, ob sie auf solche Typen steht. Empfand sie so etwas als gutaussehend? Was war mit mir? Er war das komplette Gegenteil von mir.

      Aber mir war bei den Blicken der Mädchen an diesem Abend aufgegangen, dass ich mit meinen schwarzen Haaren und schwarzen Augen auffiel. Und zwar zum Vorteil. Blond und blauäugig gab es wie Sand am Meer.

      Aber mich interessierte nur die eine und ich nahm jede Bewegung von ihr wahr und ihr glasklares Lachen. Sie verstand sich viel zu gut mit diesem Typ und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Seine Blicke sagten mir, dass sie für ihn seine Beute war und sie trank viel zu viel Sekt. Ich konnte gerade rechtzeitig einige Leute zwischen mich und sie bringen, als sie sich vom Hocker schob, um mit dem Typ nach Draußen zu verschwinden.

      Fassungslos suchte ich sie. Ich fand sie am Eingang der Scheune wieder, in der diese Bauernveranstaltung stattfand, als sie von irgendwoher aus der Dunkelheit schoss und an mir vorbei über den Platz stob, ohne mich wahrzunehmen. Der blonde Typ folgte wenig später fluchend und mir war an seiner Haltung schnell klar, dass sie ihm in seine Weichteile getreten hatte. Ich konnte dazu nur lautlos applaudieren und war stolz auf sie. Sie gehörte halt nicht zu so einem Schnösel …

      Ich holte von einer Bierbude zwei Fanta und folgte ihr zum Lagerfeuer, hinter dem sie sich verkrochen hatte. Als ich mich neben sie setze, sah sie auf und ich brachte bei ihrem Blick nur ein: „Du solltest vielleicht auf Fanta umsteigen“, hervor und reichte ihr nervös eine Flasche.

      Sie nahm sie, völlig perplex darüber, mich plötzlich neben sich sitzen zu haben.

      Ich stellte mich ihr vor, weil ich das bei meinem stümperhaften Auftritt in ihrem Garten versäumt hatte. „Übrigens, ich heiße Tim.“

      Sie fand auch sehr schnell ihre Stimme wieder, denn sie murmelte genervt: „Nicht noch so ein Timothie“, was scheinbar nicht für meine Ohren bestimmt war. Aber ich nahm das sofort als Aufhänger, ein Gespräch voranzubringen. „Timothie? Ich heiße Tim und nicht Timothie. Übrigens, war nicht nett von mir, einfach so in eurem Garten herumzuschnüffeln, ohne mich vorzustellen.“

      Sie sah mich unschlüssig an und murmelte ein: „Sowas ist auch nicht nett.“

      Ein weiteres Gespräch voranzubringen war wirklich schwer gewesen. So hatte ich sie nach diesem Typ gefragt. „War der Kerl von eben ein Timothie?“

      Sie hatte nur genickt und ich sah, dass ihr das Ganze wirklich peinlich war. Darum hatte ich locker eingeworfen: „Da weiß ich ja, was ich bei dir besser nicht versuche.“ Es sollte eine kleine Anmache sein, die das Gespräch auflockern sollte, und sie war sogar darauf eingegangen. „Ja, das ist wohl besser. So was kann böse enden“, hatte sie gesagt und mir ihr erstes Lächeln geschenkt.

      Ab da war das Eis gebrochen. Das Feuer vor uns, das seinen hellen Schein auf uns warf, und die laue Sommernacht, sowie die Musik aus dem Zelt, ließen sie offenbar mir gegenüber etwas vertrauensvoller werden, denn sie begann zu erzählen, dass sie das erste Mal an so einer Veranstaltung teilnahm. Sie sagte, dass dieser Timothie nett war und vernünftig gewirkt hätte, bis sie einige Gläser Sekt später von ihm zu einem Gang an die frische Luft überredet wurde. „Allerdings ahnte ich nicht, was er mit „Frische Luft schnappen“ meinte. Das waren wohl wieder irgendwelche Verständigungsschwierigkeiten oder eine Geheimsprache unter Partygängern, die mir noch nicht geläufig ist. Aber meine Antwort hat er dann doch verstanden, denk ich.“

      Sie war so naiv.

      Ich weiß noch, dass ich sie mit meinem Ausspruch: „Der braucht an etwas Bestimmtes heute nicht mehr zu denken“, verlegen gemacht hatte.

      Sie war es dann auch gewesen, die daraufhin schnell das Thema gewechselt hatte. „Seit wann wohnst du eigentlich hier? Ich habe dich hier vorher noch nie gesehen.“

      So hatte ich ihr von meinem Zimmer in Alfhausen erzählt und sie war entsetzt, dass ich mit meinen neunzehn Jahren allein in so einem Hotelzimmer hauste.

      „Also meine Eltern würden mich nicht so einfach wegziehen lassen“, hatte sie damals sogar gesagt. Dass auch sie ihr Elternhaus in den folgenden

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