Lebensläufe und Erlebnisberichte ehemaliger Fahrensleute. Jürgen Ruszkowski

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Lebensläufe und Erlebnisberichte ehemaliger Fahrensleute - Jürgen Ruszkowski

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Engländern, Norwegern, Schweden, Dänen, Italienern und Franzosen, die damals die besten Segelschiffe hatten, drei shares gegeben, d. h. drei Hurras für die THEKLA. Die ganzen Mannschaften mussten dann antreten, und mit Hallo wurde eine gute Reise gewünscht. Das war immer recht feierlich, heute macht man das nicht mehr. Morgens bei Tagesanbruch wurden die Trossen gelöst und die Anker gelichtet. Mit Schlepperhilfe ging es dann aus dem Hafen. Nochmals drei Shares von jedem Schiff, das wir passierten, und dann waren wir auch bald im freien Wasser. Alle Segel wurden gesetzt, und bei schönem Wetter und frischer Brise segelten wir südwärts Kurs Kap Horn. Im September passierten wir wieder Kap Horn, das Wetter war stürmisch, bei Orkan aus Südwest, doch der Wind kam von achtern, da machten wir trotzdem noch gute Fahrt. Die Seen brachen mittschiffs über Deck, das Deck wurde überhaupt nicht mehr trocken. Heilfroh waren wir alle, als wir dann Kap Horn hinter uns hatten, es ist doch eine verteufelte Ecke.

      Ende September wurde das Wetter dann viel ruhiger, und es wurde auch bedeutend wärmer. Sogar der ersehnte Regen kam, wir konnten die Regensegel aufspannen und so das kostbare Nass auffangen. Wir sehnten uns auch danach, uns mal mit Regenwasser waschen zu können.

      Im Oktober war dann wieder der Äquator fällig, aber wir hatten keine Brise und kamen nur langsam vorwärts. Die Hitze machte uns auch wieder Kummer und weit und breit keine Regenwolke zu sehen. Endlich nach zehn Tagen bekamen wir wieder Wind, und so konnte die Fahrt weitergehen. Langsam musste man nun daran denken, das Schiff sauber zu machen, denn die Heimat muss man im besten Kleid begrüßen. Das ganze Deck musste mit Sand und Steinen geschrubbt werden, und man lag dabei den ganzen Tag auf den Knien. Es musste aber auch alles blitzen und blinken, ehe aufgehört wurde, nirgends durfte ein Rostflecken zu sehen sein, denn jeder Kapitän will ja möglichst das sauberste Schiff haben, wenn er im Heimathafen ankommt.

      Nach einer schönen Reise über den Atlantik kamen wir am 1.12.1897 morgens in Falmouth an und bekamen dort Order, nach Nordenham zu fahren. In Falmouth wurde aber erst mal frischer Proviant eingekauft, es war auch die höchste Zeit, denn fast die ganze Besatzung hatte Skorbut bekommen. Es fehlten eben die Vitamine.

      Im englischen Kanal hatten wir westliche Winde und passierten bald Dover. In der Nordsee hatte dann Neptun noch mal feste aufgeblasen, und wir mussten vor der Weser beidrehen. Es herrschte eine bittere Kälte, alle Segel waren steif gefroren, und wir brauchten sechs Stunden, um die Obermarssegel festzumachen. Es war eine schwere Arbeit, aber das kann nur der verstehen, der es selbst einmal machen musste.

      Am nächsten Tag flaute es etwas ab, es kamen zwei große Schlepper (WOTAN und GOLIATH), die uns in Schlepp nahmen. Wir alle waren überglücklich, endlich einmal wieder Heimatluft zu atmen, und am 7. Dezember 1897 nachmittags um 5 Uhr machten wir unser Schiff am Pier in Nordenham fest.

      Endlich war Feierabend. Abends, wie sollte es wohl anders sein, wurde sich landfein gemacht und dann nichts wie los. Die zwei Wachleute, die an Bord bleiben mussten, taten uns wohl leid, aber wer hat, der hat. Zu lange waren wir fern der Heimat, nun wollten wir erst mal wieder etwas erleben. Die Wirte waren damals auch schon auf Draht, sie wussten, dass die Seeleute nach einer langen Reise nicht geizig waren. So hatte auch der Wirt in Nordenham in weiser Voraussicht eine Musikkapelle bestellt und alle Mädchen von Nordenham eingeladen. Sie kamen aus Nordenham und Umgebung, und so wurde dann fleißig das Tanzbein geschwungen und manches Glas getrunken.

      Am 9. bekam ich meine Heuer ausbezahlt und fühlte mich als Krösus, denn für neun Monate bekam ich 405 Mark. Vormittags musterte ich dann auf dem Seemannsamt ab, dann wurde die Seekiste gepackt, und ab ging es zu Muttern. Große Freude natürlich zu Hause: Der Hannes ist wieder im Land. Ich war eben in Cranz und besonders bei den kleinen Mädchen sehr beliebt. Der Silvesterball in Cranz wurde nicht ausgelassen, bis morgens gefeiert, schnell eine Mütze voll Schlaf und Neujahr weitergemacht. Geld hatte ich ja nun, und früher war die Mark auch mehr wert als heute, wenn auch nicht so viel verdient wurde.

       Asien

      Bis zum 15. Januar 1898 blieb ich zu Hause und musterte dann als Matrose auf der "GERDA" an. Diese Reise sollte mich nach China führen, d. h. China, Japan, Indien und zurück. Am 17. musste ich an Bord sein. Der Dampfer war 3.000 Tonnen groß, für Fracht und Passagiere eingerichtet, konnte 60 Passagiere erster Klasse mitnehmen, außerdem in den Zwischendecks noch 300 Personen. Diese Klasse war hauptsächlich für Kulis gedacht, die von Singapore nach Hongkong, Schanghai und zurück wollten.

      Die Besatzung bestand aus 42 Mann, darunter 20 Chinesen, die als Heizer und Trimmer verwendet wurden und noch ihre Zöpfe trugen. In Hamburg wurden für die Reise Stückgüter geladen. Am 20. verließen wir ungern den Heimathafen. Das Wetter war gut, aber die Elbe hatte viel Eis. Im Kanal wehte frischer Ostwind, und so kamen wir gut vorwärts. Am 24. mittags kamen wir in Le Havre an, dort wurde der Rest der Ladung übernommen, und am 27. fuhren wir weiter.

      Am 3. Februar passierten wir Gibraltar, und weiter ging es durch das Mittelmeer nach Port Said, wo wir am 12. ankamen. Hier wurden dann erst mal die Bunker wieder aufgefüllt, denn wir mussten ja Brennstoff für die weite Fahrt über den Indischen Ozean nach Indien haben. Die Fahrt durch den Suezkanal dauerte ungefähr 16 Stunden, und wenn andere Schiffe entgegenkamen, musste man erst noch - z. B. am Bittersee - warten, bis die entgegenkommenden Schiffe das Fahrwasser passiert hatten. Im Roten Meer gab es dann zur Abwechslung mal wieder einen Sturm von Windstärke 12. Der Sturm kam von der Sahara und unser Schiff war in kurzer Zeit von dem Wüstensand bedeckt. Wir hatten dort so um 50 Grad Hitze, und dabei mussten wir noch die Kohlen laden und die Kohlen, die z. T. noch an Deck untergebracht waren, in die Bunker schaufeln. Dass wir dabei gefroren haben, kann man nicht behaupten. Am nächsten Tag flaute der Sturm aber ab, und am 24. passierten wir Aden. Mit voller Fahrt ging es durch den indischen Ozean, und am 4. März kamen wir an Ceylon vorbei. Unseren ersten Hafen Penang liefen wir am 12. März 1898 an, wo dann ein Teil unserer Ladung gelöscht wurde. Singapore erreichten wir am 14., und auch dort wurde etwas Ladung zurückgelassen. Dann wurden die Zwischendecks zur Übernahme von etwa 400 Kulis in Ordnung gebracht. Viel Umstände wurden da aber nicht gemacht. Sie mussten sich selber ein Lager suchen, und auch um die Verpflegung mussten sie sich selber kümmern. Sie aßen aber auch nur ihren Reis.

      Die Fahrt nach Hongkong wurde am 18. März fortgesetzt. Abends wurden die Luken zum Zwischendeck abgeschlossen, damit die Kulis keine Überfälle auf die Besatzung machen konnten, und wir wurden mit Gewehren ausgestattet. Die Dampfschläuche wurden an Deck angebracht, und wenn sich nun Zwischenfälle ereignet hätten, wären wir auf alles vorbereitet gewesen. In der damaligen Zeit kam es nämlich häufig vor, dass sich Seeräuber unter die Kulis mischten, die dann im geeigneten Moment die Besatzung überfielen und das Schiff kaperten. Wir hatten Angst genug, dass uns so etwas auch einmal passieren könnte und standen deshalb klar zum Gefecht. Morgens wurden die Luken wieder aufgemacht und erst mal nachgesehen, ob nicht während der Nacht Kulis gestorben waren. Das kam häufig vor. Wir fanden auch zwei Tote, aber von deren Sachen war nicht ein Stück mehr da, natürlich wusste niemand, wo die Sachen geblieben waren. Am nächsten Morgen gab es wieder Tote. Sie wurden dann in Segeltuch eingenäht und ins Meer versenkt. Wir kamen dann aber – Gott sei Dank - ohne weitere Zwischenfälle in Hongkong an, dort kümmerte sich die Polizei darum, dass die Kulis von Bord kamen. Diese Kulis waren Arbeiter, die sich für zwei Jahre nach Singapore verdungen hatten und nun in ihre Heimat zurück fuhren. Die Zwischendecks nachher sauber zu machen, war einfach ekelhaft, so viel Schmutz auf einmal gab es sonst nicht. Es ist einfach nicht zu beschreiben.

      Shanghai liefen wir am 1.April 1898 an, eine richtige Chinesenstadt, sehr schmutzig, die Menschen zerlumpt gekleidet, für uns ein ungewohntes Bild. Wir blieben nicht lange, denn am 3. April ging es weiter nach Kobe (Japan). Dort kamen wir am 8.4. an, und die Beladung unseres Schiffes konnte sofort beginnen. Dieses Mal nahmen wir Reis über. Kobe ist eine schöne saubere Stadt, ganz das Gegenteil von Shanghai, aber leider blieben wir hier nur zwei Tage, zu wenig Zeit, um viel zu sehen, aber auch damals hieß es schon "Zeit ist Geld".

      Nach einer Tagesreise landeten wir in Hiogo, dort war es aber auch nett, und

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