DER AUFBRUCH. Michael Wächter

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DER AUFBRUCH - Michael Wächter Die Raumsiedler von Puntirjan

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der braune Zwergstern Fronan, ein erkalteter Methanzwerg, und als drittes Gestirn gehört noch Wemuran dazu, ein weißer Zwergstern, der die Sonne Wemur und ihren Methanzwerg in großer Ferne umrundet. Puntirjan kreist in einem sehr günstigen Abstand von Wemur, dort herrschen angenehme Temperaturen, es gibt eine dichte Atmosphäre, und so konnte sich Leben entwickeln.

      Nahezu 78% der Oberfläche des Planeten sind von Ozeanen bedeckt. Hier hatten sich die ersten Urzeller gebildet, urtümlich mikrobiotische Einzeller-Arten. Später bildeten sie eine Fülle von Vielzellern. Sie ähnelten Weichtieren, Pilzen, Blaualgen und Fischen, aber auch im Wasser lebenden Insekten- und Krakenarten. In den Ozeanen dominierte bald eine intelligente Art blauer Riesenkraken. Sie wiesen Funkorgane auf und konnten über große Strecken hinweg kommunizieren, ähnlich wie die Wale auf der Erde. Schließlich wurden die Landmassen Puntirjans von Ravrokylpflanzen besiedelt. Die Wälder bevölkerten sich mit zahlreichen Pilzen, Pflanzen, Landinsekten, amphibien- und reptilienähnlichen Kriechtieren wie Flugechsen und andere, fremden Gattungen. Hier dominierten schließlich die Puntirjaner, hochintelligente Vogelmenschen, zu denen Tüngör und Jenis gehörten.

      Puntirjaner sehen teils dem Menschen ähnlich, teils aber auch dem Wellensittich, dem Papagei oder dem Raben. Sie entstammten reptilienähnlichen Kleintieren, die in Flüssen, Meeren und Erdhöhlen lebten. Ein urzeitlicher Meteoreinschlag hatte die damals noch vorherrschenden Groß-Säugetiere und Riesen-Insekten vernichtet. Die Reptilienähnlichen aber entwickelten sich daraufhin weiter zu den puntirjanischen Vogelmenschen. Puntirjaner legen Eier. Sie haben Schnäbel und ein Gefieder, eine sehr lange Lebensdauer und sechs Gliedmaßen, je zwei Beine, Flügel und Arme – wobei die Flügel nur noch zu kurzen Gleitflügen taugen. Zusätzlich zu ihren Augen, Ohren, Fühlern, Zungen und Nasen haben sie, genau wie die Riesenkraken, noch ein weiteres Sinnesorgan – das mit dem Groß- und Rindenhirn vernetzte Funkorgan. Es besteht aus einer langen Elektrolyt-Kapillare und Tausenden von Electrocyten, die Strom erzeugen, wie bei irdischen Zitterrochen und –aalen. Wenn die Elektrocyten mit ihrer Elektroplaque feuern, dann schwingen in der Kapillare elektrische Ladungen, Ionen. Das erzeugt natürlich Funkwellen – und diese können umgekehrt auch in den Kapillaren wahrgenommen werden. Die Funkorgane sind also wie kleine Sende- und Empfangsantennen, und die drahtlose Kommunikation über diese Organe wird als Interfunk bezeichnet.

      Im Unterschied zu den Riesenkraken verfeinerten die Puntirjaner ihre Funkorgane mit Hilfe elektrischer Geräte, vor einigen hundert Jahrmillionen zu Beginn ihrer technischen Zivilisation. So konnten sie die Frequenzen und Amplituden der Funkwellen viel feiner modulieren und mehr Informationen übertragen. Ihre Interfunk-Kommunikation wurde schließlich dadurch perfektioniert, dass sie ihrem Nachwuchs im zarten Kükenalter Mikrochips implantierten, indem sie sie an spezielle Neuronen koppelten, und später durch eine Art „Armband-smartphones“ ergänzten.

      Interfunk ist auf Puntirjan das Kommunikationsmedium. Doch die hoch technisierte Zivilisation der Puntirjaner fußt nicht nur auf dem Interfunk, sondern auch „offline“, auf der Kommunikation über die Stimme, das Zwitschern, und einigen Flugfiguren, ähnlich dem Bienentanz irdischer Honigbienen. Wenn Puntirjaner sich unterhalten – und das tun sie wie irdische Papageien, meisterhaft und leidenschaftlich – dann klingt es akustisch wie das Zwitschern eines Wellensittichs mit dem Kropf einer Taube. Es ist also nicht ganz einfach gewesen, die Geschichte von Tüngör und Jenis und von einer völlig andersartigen Zivilisation zu erzählen. Trotz Koevolution und Konkurrenz, Selektion und Symbiose – die Entwicklung lebender Arten ist hier völlig andersartig gelaufen, ebenso die technische Entwicklung. Diese Geschichte ließ sich trotzdem schreiben, indem für die uns fremden Vorgänge, Wesen und Geräte möglichst entsprechende, irdische Ausdrücke eingesetzt wurden. Die Funk- und Zwitschersprache der geselligen Vogelmenschen aus Puntirjan wurde, so gut es ging, durch phonologisch-semantische Wortübertragungen in unseren Buchstaben und Worten ausgedrückt. Der zwitschernd-gurrende Laut, den sie zum Beispiel ausstoßen, wenn sie ihren Heimatplanet meinen, kann zum Beispiel in etwa mit "Puntirchan, Puntirjän" oder eben "Puntirjan" wiedergegeben werden).

      Kapitel 4

      Malalos Bau lag im inndjarschen Viertel von Clénairville. Es und besaß ein Bürozimmer, wo man ungestört zwitschern und trinken konnte. Das heiße Krøggetränk bremste jede Bewegung Gugays aus. Die Luft war so schwül, dass es von den Wänden zu tropfen schien.

      „Hey Malalo, es reicht doch völlig aus, wenn du mir lediglich einen deiner schrottigen Frachtshuttles überlässt! Ich werde es wird für dich mit Profit so vollstopfen, dass du dir ein gigantisches Imperium aufbauen und finanzieren kannst!“

      „Ach ja?“ sagte Malalo völlig kühl und lüftete seine Flügel, wobei sein Antlitz in diesem Augenblick dem Blick eines misstrauischen Papagei glich.

      „Ich habe dir noch nie zu viel versprochen!“ krächzte Gugay verärgert.

      „Naja…“ seufzte Malalo.

      „Na komm, überleg es dir. Und nimm dir noch einen Schluck.“

      Gugay hielt Malalo ein Glas Krøg hin. Malalo schnupperte kurz, schätzte den Alkoholgehalt ab und schob das Glas beiseite. „Es bringt nichts, Handelsbeziehungen mit Krøg stiften oder Sorgen im Krøg ersäufen zu wollen, denn Sorgen sind bessere Schwimmer als Handelsbeziehungen.“

      Gugay überhörte ihn.

      „Mein Projekt ist genial, ehrlich!“, hakte er nach und wartete, um Atem zu holen und eine geeignete Lautfolge zu finden. „Es ist … Es ist von fast göttlichem Genie!"

      „Naja…“ wiederholte Malalo. Er naschte ein paar Ravrokylkörner mit Schokoladenüberzug, goss sich Krøg in den Becher, hielt diesen behutsam einen Moment fest und nahm dann bedächtig einen kleinen Schluck, ehe er weitersprach. „Ich muss also nur einen Fracht-Shuttle im Werte von...“ Nach kurzem Überlegen rundete er die Summe auf. „ … von 2400 Cisni abschreiben?"

      „Nein, du kriegst ihn unbeschadet zurück. Und das ist gegenüber deinem Gewinn doch nur ein Prozent!“ warf Gugay schnell ein.

      Malalo sah ihn halb zweifelnd, halb staunend an – staunend über so viel naiven Optimismus, den Gugay da zur Schau stellte.

      „Du schätzt den Gewinn aus deinem Erzvertrieb wirklich so gigantisch ein?“ fragte er.

      „Das ist das Minimum, Malalo, überleg doch mal! Kryolithionit und Pegmatit sind hochgradig Lithium-reiche Mineralien, die gibt es im Sar-Gebiet in Massen! Lithium für Tausende von Akku-Fabriken! Und das Sar-Gebiet als Naturschutzgebiet ist völlig unbewohnt, ist das privaten Jagdrevier des Großkaisers, da ist ansonsten seit Generationen keine Erz mehr abgebaut worden! Die Lithiumvorräte dort sind gewaltig, man muss sie nur vom Boden aufheben und in den Frachtraum schieben!" Unwillkürlich formte sich seine Hand so, als wolle er eine handvoll Kryolithionit-Knollen vom Boden aufheben.

      „Selbstmord!“, flüsterte Malalo kreidebleich, doch die Gier milderte seinen sonst harten Gesichtsausdruck. „Du willst also vom Ozean her in den Fluss hineinsegeln, die Hoheitszeichen der Cisnair République mitten im Jagdrevier des sarkarischen Großkaisers funken und das Shuttle mit geraubtem Erz füllen. Das ist praktisch Selbstmord!“

      „Ich schon wieder weg, ehe der Gouverneur die erste Kurznachricht an seinen Großkaiser schickt, und schon wieder daheim, wenn der sich bei unserem Président beschwert. Die Sarkarier sind bisher auf keiner der Sar-Inseln präsent, außerdem ist das Sar-Gebiet ein hoheitlich neutrales Naturschutzreservat!“

      „Sie wären innerhalb weniger Momente mit einer gigantischen Schlagkraft da, du Phantast! Das Sarjowa-Geschwader liegt drüben im Hangar in Bereitschaft, ein Kampfjet mit Laser-Geschützen!“

      „Wir

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