Besonderes Verwaltungsrecht. Группа авторов
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов страница 126
![Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов Besonderes Verwaltungsrecht - Группа авторов C.F. Müller Lehr- und Handbuch](/cover_pre1171326.jpg)
252
Zeitlich unabweisbar ist ein Ausgaben- oder Verpflichtungsbedürfnis, wenn die Ausgabe „ohne Beeinträchtigung schwerwiegender politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Staatsinteressen nicht mehr zeitlich aufgeschoben werden kann“[588]. Nur dieses Moment des zeitlichen Drucks rechtfertigt die Inanspruchnahme des ministeriellen, das parlamentarische Budgetrecht einschränkenden Notbewilligungsrechts, keinesfalls schon die sachliche Notwendigkeit einer Ausgabe allein[589]. An der Unabweisbarkeit fehlt es daher, wenn für die Ausgabe noch rechtzeitig durch die Einbringung und Verabschiedung eines Nachtragshaushaltsgesetzes eine parlamentarische Grundlage geschaffen werden kann oder wenn die Ausgabe bei Abwägung der Interessen als bis zum nächsten regulären Haushaltsgesetz aufschiebbar erscheint[590]. Die Verfassungspraxis hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist, innerhalb kurzer Zeit ein Nachtragshaushaltsgesetz zu schaffen, zumal die Fristen im Verfahren der Nachtragshaushaltsgesetzgebung gerade deshalb abgekürzt worden sind, um die Inanspruchnahme der Ermächtigungen für über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungen möglichst entbehrlich zu machen[591]. Ob im Einzelfall noch rechtzeitig ein Nachtragshaushaltsgesetz erlassen werden kann, hat der Finanzminister bei begründeten Zweifeln in Abstimmung mit dem Gesetzgeber zu klären[592]. Eine nähere gesetzliche Regelung, die angezeigt erscheint, hat dieses vom Bundesverfassungsgericht für erforderlich gehaltene Abstimmungsverfahren bislang nicht gefunden[593] (siehe lediglich § 37 Abs. 1 Satz 3, § 38 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BHO, entsprechend die Landeshaushaltsordnungen).
253
Das Bundesverfassungsgericht hat es dem Gesetzgeber überlassen, eine Bagatellgrenze einzuführen, unterhalb derer auf entsprechende Konsultationen zwischen dem Finanzminister und dem Gesetzgeber verzichtet werden kann[594]. Aufgrund dessen sehen § 37 Abs. 1 Satz 4, § 38 Abs. 1 Satz 3 BHO und die entsprechenden Bestimmungen in den meisten Landeshaushaltsordnungen vor, dass es keines Nachtragshaushaltsgesetzes bedarf, wenn im Einzelfall ein im Haushaltsgesetz festgelegter Betrag nicht überschritten wird oder wenn Rechtsverpflichtungen zu erfüllen sind[595]. Richtigerweise enthebt die de minimis-Ausnahme allerdings nicht von der Prüfung, ob die Ausgabe bei Abwägung der Interessen als bis zum nächsten regulären Haushaltsgesetz aufschiebbar erscheint. Ebenso bleibt es auch bei geringfügigen über- oder außerplanmäßigen Ausgaben bei den Zulässigkeitsvoraussetzungen der fehlenden Voraussicht des Bedürfnisses und der sachlichen Unabweisbarkeit[596].
254
Nach § 37 Abs. 3 BHO (entsprechend die Regelungen in den meisten Bundesländern) sollen über- und außerplanmäßige Ausgaben durch Einsparungen bei anderen Ausgaben in demselben Einzelplan ausgeglichen werden.
255
§ 37 Abs. 4 BHO (entsprechend die Landeshaushaltsordnungen) verlangt eine nachträgliche regelmäßige Unterrichtung des Parlaments über die ministeriellen Zustimmungen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben; in Fällen grundsätzlicher und erheblicher finanzieller Bedeutung ist das Parlament unverzüglich zu unterrichten.
256
Im Kommunalhaushaltsrecht finden sich ebenfalls Regelungen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen[597]. Vielfach wird hier tatbestandlich ebenfalls auf die Unabweisbarkeit abgestellt und zudem verlangt, dass die Deckung gewährleistet ist. Auf die Unvorhersehbarkeit kommt es dagegen regelmäßig nicht an. Oftmals ist nicht klar geregelt, wer die Kompetenz besitzt, die Einwilligung zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben zu erteilen. Bei erheblichen Haushaltsüberschreitungen ist allerdings zumeist die Zustimmung der Vertretungskörperschaft erforderlich, die im Übrigen – wie auf Bundes- und Landesebene – über die verwaltungsinternen Einwilligungen zu unterrichten ist.
257
Bei doppischem Rechnungswesen gilt für überplanmäßige Auszahlungen bzw. Aufwendungen grundsätzlich das Gleiche.
e) Kreditaufnahme und Schuldenverwaltung
258
Über die Kreditaufnahme auf Grundlage der erforderlichen besonderen gesetzlichen Ermächtigungen (Rn. 225) entscheidet im Bund – nach pflichtgemäßem Ermessen[598] – der Bundesfinanzminister (siehe § 13 Abs. 1 HGrG, § 18 Abs. 2 BHO). Dies betrifft den Zeitpunkt und die Höhe der Kreditaufnahme, auch die Auswahl unter den zulässigen Schuldformen[599]. Vorratskreditaufnahmen (Bildung kreditfinanzierter Rücklagen) können dabei zulässig sein[600]. In unterschiedlichen, namentlich beratenden Funktionen wirken bei der Entscheidung über die Kreditaufnahme weitere Einrichtungen mit, so die Deutsche Bundesbank, die Bietergruppe Bundesemissionen, der Zentrale Kapitalmarktausschuss, der Konjunkturrat für die öffentliche Hand und der Finanzplanungsrat[601].
259
Aufgenommen werden die Kredite durch privatrechtliche Rechtsgeschäfte[602], die auch dann wirksam sind, wenn die gesetzliche Ermächtigung zur Kreditaufnahme – auch wegen Verfassungswidrigkeit – fehlt bzw. der Höhe nach überschritten ist[603].
260
Die technische Abwicklung von Kreditaufnahme und sich anschließender Schuldenverwaltung obliegt der Bundesschuldenverwaltung. Im Gegensatz zu der institutionellen Verfassungsgarantie der Finanzkontrolle auf Bundesebene durch den Bundesrechnungshof[604] kennt das Grundgesetz keine verfassungsrechtlich gewährleistete Form der Bundesschuldenverwaltung. Außer Frage steht allerdings, dass die Schuldenverwaltung des Bundes in die Ministerialverwaltung einzugliedern und der parlamentarischen Regierungskontrolle zu unterwerfen ist. Hierfür spricht nicht nur das Fehlen verfassungsrechtlicher Regelungen, die in eine andere Richtung weisen würden, sondern auch die Ausgestaltung der Schuldenverwaltung durch einfaches Parlamentsgesetz und die parlamentarische Erteilung der Kreditaufnahmeermächtigung[605]. Vor diesem Hintergrund war bis Ende 2001 die Bundesschuldenverwaltung[606] für die Verwaltung der Bundesschuld zuständig. Ihre Aufgabe wurde sodann von der Bundeswertpapierverwaltung[607] übernommen, die ihrerseits im Jahr 2006 in die bereits seit 2000 bestehende Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH (Deutsche Finanzagentur) mit Sitz in Frankfurt am Main eingegliedert wurde[608], dies mit dem Ziel, das Schuldenwesen des Bundes wirtschaftlicher zu gestalten. Seither ist die Deutsche Finanzagentur für die Bundesschuldenverwaltung zuständig, deren alleinige Gesellschafterin die Bundesrepublik Deutschland ist, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen.
261
Die einzelnen Aufgaben der Deutschen Finanzagentur im Bereich der Kreditaufnahme und des Schuldenmanagements bestimmen sich nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Schuldenwesens des Bundes (Bundesschuldenwesengesetz) von 2006[609] in Verbindung mit einer konkretisierenden Rechtsverordnung[610] des Bundesministeriums der Finanzen. Die Deutsche Finanzagentur ist danach zuständig für die Aufnahme von Krediten für den Bund und seine Sondervermögen sowie für Maßnahmen zur Portfoliosteuerung und zur Marktpflege, für die Verwaltung der