Parerga und Paralipomena. Arthur Schopenhauer

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Parerga und Paralipomena - Arthur  Schopenhauer

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di fama e reputiazion di quella, vaghi d’aparire, poco curiosi d’essere. (S. Opere di Giordano Bruno publ. da A. Wagner. Lips. 1830, Vol. II, p. 83.) Was also soll ihnen meine Preisschrift über die Freiheit des Willens, und wäre sie von zehn Akademien gekrönt? Dagegen aber wird was Plattköpfe aus ihrer Schaar über den Gegenstand seitdem gefaselt haben, wichtig gemacht und anempfohlen. Brauch’ ich ein solches Benehmen zu qualifiziren? Sind Das Leute, welche die Philosophie, die Rechte der Vernunft, die Freiheit des Denkens vertreten? – Ein anderes Beispiel der Art liefert die spekulative Theologie. Nachdem Kant alle Beweise, die ihre Stützen ausmachten, unter ihr weggezogen und sie dadurch radikal umgestoßen hat, hält Das meine Herren von der lukrativen Philosophie keineswegs ab, noch 60 Jahre hinterher die spekulative Theologie für den ganz eigentlichen und wesentlichen Gegenstand der Philosophie auszugeben und, weil sie jene explodirten Beweise wieder aufzunehmen sich doch nicht unterstehn, jetzt ohne Umstände, nur immerfort vom Absolutum zu reden, welches Wort gar nichts Anderes ist, als ein Enthymem, ein Schluß mit nicht ausgesprochenen Prämissen, zum Behuf der feigen Verlarvung und hinterlistigen Erschleichung des kosmologischen Beweises, als welcher in eigener Gestalt sich, seit Kant, nicht mehr sehn lassen darf und daher in dieser Verkleidung eingeschwärzt werden muß. Als hätte Kant von diesem letzteren Kniff eine Vorahndung gehabt, sagt er ausdrücklich: Man hat zu allen Zeiten von dem absolut-nothwendigen Wesen geredet und sich nicht sowohl Mühe gegeben, zu verstehn, ob und wie man sich ein Ding von dieser Art auch nur denken könne, als vielmehr dessen Daseyn zu beweisen. – — – Denn alle Bedingungen, die der Verstand jederzeit bedarf, um etwas als nothwendig anzusehn, vermittelst des Wortes Unbedingt, wegwerfen, macht mir noch lange nicht verständlich, ob ich alsdann durch einen Begriff eines Unbedingtnothwendigen noch etwas, oder vielleicht gar nichts denke. (Kritik der reinen Vernunft, 1. Aufl., S. 592; 5. Aufl. S. 620.) Ich erinnere hier nochmals an meine Lehre, daß Nothwendigseyn durchaus und überall nichts Anderes besagt, als aus einem vorhandenen und gegebenen Grunde folgen: ein solcher Grund ist also gerade die Bedingung aller Nothwendigkeit: demnach ist das Unbedingtnothwendige eine contradictio in adjecto, also gar kein Gedanke, sondern ein hohles Wort, – freilich ein im Bau der Professorenphilosophie gar häufig angewendetes Material. – Hieher gehört ferner, daß, Locke’s großer, Epoche machender Grundlehre vom Nichtvorhandenseyn angeborener Ideen, und allen seitdem und auf dem Grunde derselben, namentlich durch Kant gemachten Fortschritten in der Philosophie zum Trotz, die Herren von der φιλοσοφια μισθοφορος, ganz ungenirt, ihren Studenten ein Gottesbewußtseyn, überhaupt ein unmittelbares Erkennen, oder Vernehmen, metaphysischer Gegenstände durch die Vernunft aufbinden. Es hilft nichts, daß Kant, mit dem Aufwande des seltensten Scharfsinns und Tiefsinns, dargethan hat, die theoretische Vernunft könne zu Gegenständen, die über die Möglichkeit aller Erfahrung hinaus liegen, nimmermehr gelangen: die Herren kehren sich an so etwas nicht; sondern ohne Umstände lehren sie, seit 50 Jahren, die Vernunft habe ganz unmittelbare, absolute Erkenntnisse, sei eigentlich ein von Hause aus auf Metaphysik angelegtes Vermögen, welches, über alle Möglichkeit der Erfahrung hinaus, das sogenannte Uebersinnliche, das Absolutum, den lieben Gott und was dergleichen noch weiter seyn soll, unmittelbar erkenne und sicher erfasse. Daß aber unsere Vernunft ein solches, die gesuchten Gegenstände der Metaphysik, nicht mittelst Schlüsse, sondern unmittelbar erkennendes Vermögen sei, ist offenbar eine Fabel, oder gerade heraus gesagt, eine palpable Lüge; da es nur einer redlichen, sonst aber nicht schwierigen Selbstprüfung bedarf, um sich von der Grundlosigkeit eines solchen Vorgehens zu überzeugen: zudem es sonst auch ganz anders mit der Metaphysik stehn müßte. Daß dennoch eine solche, alles Grundes, außer der Verlegenheit und den schlauen Absichten ihrer Verbreiter, entbehrende, für die Philosophie grundverderbliche Lüge, seit einem halben Jahrhundert, zum stehenden, tausend und aber tausend Mal wiederholten Katheder-Dogma geworden, und, dem Zeugniß der größten Denker zum Trotz, der studirenden Jugend aufgebunden wird, gehört zu den schlimmsten Früchten der Universitätsphilosophie.

      Solcher Vorbereitung jedoch entsprechend, ist bei den Kathederphilosophen das eigentliche und wesentliche Thema der Metaphysik die Auseinandersetzung des Verhältnisses Gottes zur Welt: die weitläuftigsten Erörterungen desselben füllen ihre Lehrbücher. Diesen Punkt ins Reine zu bringen, glauben sie sich vor Allem berufen und bezahlt; und da ist es nun ergötzlich zu sehn, wie altklug und gelehrt sie vom Absolutum, oder Gott, reden, sich ganz ernsthaft gebärdend, als wüßten sie wirklich irgend etwas davon: es erinnert an den Ernst, mit welchem die Kinder ihr Spiel betreiben. Da erscheint denn jede Messe eine neue Metaphysik, welche aus einem weitläuftigen Bericht über den lieben Gott besteht, auseinandersetzt, wie es eigentlich mit ihm stehe und wie er dazu gekommen sei, die Welt gemacht oder geboren, oder sonst wie hervorgebracht zu haben, so daß es scheint, sie erhielten halbjährlich über ihn die neuesten Nachrichten. Manche gerathen nun aber dabei in eine gewisse Verlegenheit, deren Wirkung hochkomisch ausfällt. Sie haben nämlich einen ordentlichen, persönlichen Gott, wie er im A. T. steht, zu lehren: das wissen sie. Andrerseits jedoch ist, seit ungefähr 40 Jahren, der Spinozistische Pantheismus, nach welchem das Wort Gott ein Synonym von Welt ist, unter den Gelehrten, und sogar den bloß Gebildeten, durchaus vorherrschend und allgemeine Mode: das möchten sie doch auch nicht so ganz fahren lassen; dürfen jedoch nach dieser verbotenen Schüssel eigentlich die Hand nicht ausstrecken. Nun suchen sie sich durch ihr gewöhnliches Mittel, dunkle, verworrene, konfuse Phrasen und hohlen Wortkram zu helfen, wobei sie sich jämmerlich drehen und winden: da sieht man denn Einige, in Einem Athem versichern, der Gott sei von der Welt total, unendlich und himmelweit, ganz eigentlich himmelweit, verschieden, zugleich aber ganz und gar mit ihr verbunden und Eins, ja, stecke bis über die Ohren drinne; wodurch sie mich dann jedes Mal an den Weber Bottom im Johannisnachtstraum erinnern, welcher verspricht, zu brüllen, wie ein entsetzlicher Löwe, zugleich aber doch so sanft, wie nur irgend eine Nachtigal flöten kann. In der Ausführung gerathen sie dabei in die seltsamste Verlegenheit: sie behaupten nämlich, außerhalb der Welt sei kein Platz für ihn: danach können sie ihn aber innerhalb auch nicht brauchen, rockiren nun mit ihm hin und her, bis sie sich mit ihm zwischen zwei Stühlen niederlassen27.

      Hingegen die Kritik der reinen Vernunft, mit ihren Beweisen a priori der Unmöglichkeit aller Gotteserkenntniß, ist ihnen Schnickschnack, durch den sie sich nicht irre machen lassen: sie wissen wozu sie dasind. Ihnen einzuwenden, daß sich nichts Unphilosophischeres denken läßt, als immerfort von etwas zu reden, von dessen Daseyn man erwiesenstermaaßen keine Kenntniß und von dessen Wesen man gar keinen Begriff hat, – ist naseweises Einreden: sie wissen wozu sie dasind. – Ich bin ihnen bekanntlich Einer, der tief unter ihrer Notiz und Aufmerksamkeit steht, und durch die gänzliche Nichtbeachtung meiner Werke haben sie an den Tag zu legen vermeint, was ich sei (wiewohl sie gerade dadurch an den Tag gelegt haben, was sie sind): daher wird es, wie Alles, was ich seit 35 Jahren vorgebracht habe, in den Wind geredet seyn, wenn ich ihnen sage, daß Kant nicht gescherzt hat, daß wirklich und im vollsten Ernst, die Philosophie keine Theologie ist, noch jemals seyn kann; daß sie vielmehr etwas ganz Anderes, von jener völlig Verschiedenes ist. Ja, wie bekanntlich jede andere Wissenschaft durch Einmischung von Theologie verdorben wird, so auch die Philosophie, und zwar am allermeisten; wie Solches die Geschichte derselben bezeugt: daß Dies sogar auch von der Moral gelte, habe ich in meiner Abhandlung über das Fundament derselben sehr deutlich dargethan; daher die Herren auch über diese mäuschenstill gewesen sind; getreu ihrer Taktik des passiven Widerstandes. Die Theologie nämlich deckt mit ihrem Schleier alle Probleme der Philosophie zu und macht daher nicht nur die Lösung, sondern sogar die Auffassung derselben unmöglich. Also, wie gesagt, die Kritik der reinen Vernunft ist ganz ernstlich der Kündigungsbrief der bisherigen ancilla theologiae gewesen, welche darin, Ein für alle Mal, ihrer gestrengen Gebieterin den Dienst aufgesagt hat. Seitdem hat nun diese sich mit einem Miethling begnügt, der die zurückgelassene Livree des ehemaligen Dieners, bloß zum Schein, gelegentlich anzieht; wie in Italien, wo dergleichen Substitute zumal am Sonntage häufig zu sehn und daher unter dem Namen der Domenichini bekannt sind.

      Allein an der Universitätsphilosophie haben Kants Kritiken und Argumente freilich scheitern müssen. Denn da heißt es: sic volo, sic jubeo, sit pro ratione voluntas: die Philosophie soll Theologie seyn, und wenn die Unmöglichkeit der Sache von zwanzig

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