SPIEGLEIN politisches Jahrbuch 2020. Thomas Röper
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Im Spiegel konnte man Ende September 2018 lesen:74
„In beiden Gutachten werfen die Prüfer dem Ministerium (…) vor, Beraterleistungen mit einem Umfang von acht Millionen Euro rechtswidrig aus einem Rahmenvertrag des Bunds abgerufen zu haben. Den Vorgang hat das Ministerium bereits eingestanden und angekündigt, die Vorgänge im Haus strenger kontrollieren zu wollen. Gravierender aber ist ein zweiter Bericht der Rechnungsprüfer, für den die Experten fast hundert Einzelverträge mit Unternehmensberatern aus den vergangenen Jahren untersucht hatten. Das Urteil fällt harsch aus: Wörtlich spricht der Rechnungshof von freihändigen Vergaben. In den meisten Fällen sei zudem die Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit der externen Experten nicht dargelegt worden. (…) Gleich zu Amtsantritt holte sie (von der Leyen) mit Katrin Suder eine Topkraft vom Berater-Riesen McKinsey als Staatssekretärin ins Wehrressort. Seitdem floriert das Geschäft für die Berater. Kaum ein Großprojekt der Bundeswehr kommt noch ohne externen Sachverstand aus. Bei den Beamten und Fachleuten im Ministerium wird deren Sachverstand zwar geschätzt, die teils horrenden Tagessätze von bis zu 1700 Euro pro Berater sorgen aber auch für reichlich Missgunst.“
Frau Suder von McKinsey? Wo bekam Sohnemann David von der Leyen einen guten Job? Richtig, bei McKinsey.
Dann folgte eine Strafanzeige gegen Frau von der Leyen, wie man knapp drei Wochen später im Spiegel lesen konnte:75
„Nach SPIEGEL-Informationen prüft die Staatsanwaltschaft Berlin, ob der dauerhafte Einsatz von Unternehmensberatern im Wehrressort den Tatbestand der vorsätzlich verursachten Scheinselbstständigkeit erfüllt. (…) Die Ermittlungen der Justiz wurden durch eine Anzeige gegen die Ministerin vom 30. September ausgelöst, die offenbar von einem Insider aus dem Umfeld ihres Hauses stammt.“
Und im gleichen Artikel treffen wir auch Frau Suder wieder, die – frisch von McKinsey ins Ministerium gewechselt – nur eine Aufgabe hatte, nämlich Berater anzuheuern:
„Mit scharfem Geist und viel ‚Change Management‘-Erfahrung sollte Suder das Haus modernisieren. Da es schnell gehen sollte, wurden immer neue Berater für Projekte engagiert. Schon jetzt ist klar, dass es bei der Auftragsvergabe nicht ausschließlich mit rechten Dingen zuging. Bereits eingestanden hat das Ministerium, dass Berateraufträge im Umfang von acht Millionen Euro für ein IT-Projekt rechtswidrig über einen Rahmenvertrag des Bunds abgerufen wurden. (…) Im Ministerium kursieren bereits ziemlich konkrete Gerüchte über eine Art Buddy-System unter Auftraggebern im Haus und den externen Beratern. Häufig wird der Name eines Drei-Sterne-Generals genannt, der persönlich eng mit einem Berater befreundet ist. Der frühere Bundeswehr-Mann wiederum zog in den vergangenen Jahren immer wieder größere Aufträge aus dem Ministerium für seine Firma an Land. Auch die frühere Staatssekretärin Suder kennt den Unternehmensberater ganz gut, er war früher ebenfalls bei McKinsey. (…) So kursiert in den diversen WhatsApp-Gruppen der Beamten im Bendler-Block seit Tagen ein Personenprofil eines Sohns der Ministerin. Er arbeitet seit 2015 im Silicon-Valley-Büro von McKinsey.“
Und im Januar gab es eine weitere Strafanzeige gegen von der Leyen. Diesmal ging es bereits um Untreue. Wieder der Spiegel dazu:76
„Die Strafanzeige beruft sich auf einen vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofs, der Digitalprojekte des Ministeriums im Wert von 19,5 Millionen Euro untersucht hatte. (…) In dem Dossier skizzieren die Prüfer bereits deutlich den Untreueverdacht. So bezeichnen sie die Vergaben der Beraterverträge durch das Ministerium nicht nur als ‚unzulässig und vergaberechtswidrig‘, sondern kommen zu dem Schluss, dass ‚vermeidbare Mehrausgaben in der Größenordnung von 1 Million Euro‘ entstanden seien. (…) Die Anzeige richtet sich gegen von der Leyen persönlich (…) In der Anzeige werden schwere Vorwürfe gegen von der Leyen erhoben. So habe die Ministerin entweder ‚Kenntnis von den Vorgängen‘ gehabt oder ‚durch mangelnde Kontrolle und Organisation erst möglich gemacht, dass in ihrem Ministerium derartige Vermögensschäden vorsätzlich herbeigeführt wurden‘.“
Von beiden Anzeigen hat die Öffentlichkeit – $146 GVG sei Dank – danach nicht mehr viel gehört. Frau von der Leyen kann sich glücklich schätzen, dass es ihn gibt. So kann sie nun – im Gegensatz zur neuen EZB-Chefin – ganz ohne Vorstrafe und lästige Verhöre durch Staatsanwälte in Brüssel wieder ganz viele Berater anstellen, denn dort ist die Kontrolle noch lascher als im korrupten Verteidigungsministerium.
Im Juli erschien im Spiegel ein Artikel, der uns die neuen Führer der EU vorstellen sollte.77 Natürlich wurden die Skandale möglichst heruntergespielt – der Spiegel würde doch keine etablierten Politiker kritisch betrachten. So konnten wir über die in einer Strafsache rechtskräftig verurteilte neue EZB-Chefin Lagarde im Spiegel lesen: „2008 segnete sie einen Vergleich ab, in dem einem schwerreichen Geschäftsmann 400 Millionen Euro von einer staatseigenen Bank zugesprochen wurden. Lagarde gab an, sie habe der Staatskasse Prozesskosten in Millionenhöhe ersparen wollen. Lagarde wurde wegen fahrlässigen Umgangs mit öffentlichen Mitteln verurteilt, erhielt aber keine Strafe.“
Ohne die lästigen Details, die ich aufgezählt habe (und ich habe mich sehr kurz gefasst, es gibt da noch einiges mehr über den Fall zu erzählen) klingt das doch recht harmlos, oder?
In Deutschland wurden Kassiererinnen wegen einem Kassenbon in Höhe von 1,30 Euro fristlos gekündigt, nach der Verschwendung von 400 Millionen werden Ministerinnen zur IWF-Chefin befördert. Ein Jammer, dass sich die Kassiererin nicht mit dem Stress durch die Wirtschaftskrise herausreden kann!
Über Frau von der Leyen stand im Spiegel zu lesen: „Als Verteidigungsministerin war Ursula von der Leyen, 59, zuletzt von Pech – manche behaupten auch: vom eigenen Unvermögen – verfolgt. Monat für Monat kamen neue Details der Berateraffäre ans Licht: Insgesamt geht es um Berateraufträge in zweistelliger Millionenhöhe, die das Ministerium ohne Ausschreibung vergeben hatte. Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft zwischen Spitzenbeamten und Beraterfirmen steht im Raum, ein Untersuchungsausschuss bearbeitet den Fall seit Januar.“
„Pech“ hatte sie, oder vielleicht auch „Unvermögen“, sagt der Spiegel. Kein Wort über die Strafanzeigen, über die der Spiegel selbst berichtet hatte, und auch nicht über ihren Sohn David, den der Spiegel früher einmal sogar selbst erwähnt hatte. Stattdessen lesen wir das hässliche Wort „Vetternwirtschaft“. Aber das auch nur als „Vorwurf“, der „im Raum steht“. Die Details lässt der Spiegel weg.
Es ist doch beruhigend, dass wir die EU-Kommission und die EZB nun für die nächsten fünf Jahre in guten, kompetenten und ehrlichen Händen wissen!
65 http://www.spiegel.de/politik/ausland/europaeische-union-so-denken-die-deutschen-ueber-die-eu-a-1252954.html
66 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/wolfgang-schaeuble-plaediert-fuer-reform-der-europaeischen-union-a-1253733.html
67 https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/fidesz-spitzenkandidat-vergleicht-eu-kommission-mit-politbuero-16081576.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0