Fiona - Liebe. Zsolt Majsai
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„Sensitiv?“
„Na ja, ein Sensibelchen halt.“
„Arschloch!“
Grinsend gibt sie mir einen Kuss, dann dem zögerlich werdenden Lustwächter einen leichten Stoß. „Geh vor!“
„Ja, ja“, murmelt der, gehorcht aber.
Plötzlich fällt mir etwas ein. „Sag mal, Roakan, gibt es hier Telefone, Handys, Telegraphie oder sonst etwas zum Übermitteln von Nachrichten?“
Er starrt mich verständnislos an. Völlig verständnislos.
„Wie redet ihr miteinander über größere Entfernungen? Rauchzeichen? Laufbote?“
„Ygofon“, erwidert Roakan.
„Bitte, was?“, entfährt es mir.
„Ygok kann auch Sprache leiten“, fährt er fort.
„Ygok?“
„Ihr wisst nicht, was Ygok ist?“
Wir schütteln gemeinsam den Kopf.
„Wo kommt ihr denn her? Jedes Kind weiß, was Ygok ist!“
Ich deute nach oben. „Dann kannst du es uns ja bestimmt erklären.“
„Ygok ist alles, ohne Ygok könnten wir gar nicht existieren. Ygok macht Strom aus Sexuon, wir leben symbiotisch zusammen.“
„Okaaay ...“ Katharina und ich schauen uns an. Das ist ja fast wie in der Spinnenwelt. „Was ist Sexuon?“
„Das ist die Energie, die beim Orgasmus entsteht. Mit der Lodi speichern wir sie ab und leiten sie dann an Ygok.“
„Okay“, sagt Katharina. Sie deutet nach vorne. „Ist das eine Stadt?“
Wir erreichen nämlich in diesem Moment den Waldrand und blicken auf Häuser. Diese Häuser sind sternenförmig um ein großes, rundes Gebäude angeordnet, das ein wenig an den Tempel erinnert. Es sieht einer amerikanischen Vorstadtidylle nicht unähnlich, wenn man von der alles beherrschenden roten Farbe absieht. Gärten gibt es hier jedenfalls auch. Autos fahren keine herum, aber das ist ja auch kein Verlust.
„Was ist das in der Mitte eigentlich?“, erkundige ich mich, nachdem Roakan stumm genickt hat.
„Das ist der Vagy. Das Lustzentrum. Jeder Skeg hat einen Vagy. Fast jeder. Ihr wisst das wirklich nicht?“
Katharina und ich schauen uns erneut an.
„Es hätte mich ja auch gewundert, wenn das Gebäude nichts mit Lust zu tun hätte“, meint sie dann. „Wozu ist das denn gut? Werden dort Orgien gefeiert?“
„Orgien? Nein, dort wird das Sexuon gesammelt und dann an die Ygok weitergeleitet.“
„Klingt irgendwie alles ziemlich verworren!“, stellt Loiker von hinten fest. „Verstehe ich das richtig, diese Welt würde zugrunde gehen, wenn die Menschen aufhören würden mit dem Vögeln?“
„Wohl kaum. Masturbieren könnten sie ja dann immer noch, oder?“, erwidere ich grinsend.
„Auch wieder wahr. Was ist denn mit dem los?“ Er deutet auf den Lustwächter, der uns entgeistert anstarrt.
„Wieso ist Sex für euch etwas so Besonderes“, fragt er dann.
„Na ja, Besonderes ist relativ“, antworte ich. „Aber wir haben noch nie … gefickt, um Energie zu erzeugen. Obwohl es einem dabei schon warm werden kann, das gebe ich zu.“
Katharina und Loiker lachen, der Lustwächter findet das anscheinend nicht lustig. Der Kerl ist ja echt humorbefreit.
„Es ist streng verboten, ohne eine Lodi Sex zu haben“, sagt er. „Das kann mit Orgasmuslager oder Sex mit Szoki Bucca allein bestraft werden!“
„Hat er gerade geflucht oder habt ihr das verstanden?“, erkundigt sich Katharina.
„Ich habe Orgasmuslager verstanden“, bemerke ich. „Aber warum das eine Strafe sein soll, verstehe ich nicht.“
„Na ja, vielleicht ist das wie mit dem Lachen durch Kitzeln. Kann äußerst unangenehm werden.“
„Stimmt auch wieder. Also gut, du Lustwächter, wir besuchen jetzt erst einmal gemeinsam deine Familie. Denk daran, wenn ihr nichts Dummes tut, passiert niemandem etwas. Aber nur dann. Verstanden?“
Roakan nickt stumm, dann setzt er sich in Bewegung.
Wir nehmen einen Weg, der zwischen den Häusern schnurgerade auf das Gebäude in der Mitte zuführt. Das Lustzentrum. Irgendwie lustig. Was haben sich die Götter dabei gedacht, eine Welt zu erschaffen, in der Sex buchstäblich überlebensnotwendig ist?
Zwischen den Häusern führen Wege wie der, auf dem wir gerade gehen, zum Lustzentrum. Wenn ich es richtig sehe, sind es acht Wege, also zwei in jedem Quadranten. Am Außenrand stehen recht viele Häuser direkt nebeneinander, durch schmale Wege miteinander und den Hauptwegen verbunden. Am Innenrand, also in unmittelbarer Nachbarschaft des Vagy oder wie das heißt, stehen die Häuser allein zwischen den Hauptwegen.
Eine ulkige Anordnung. Und das soll auf allen Skegs so sein?
„Wie viele Skegs gibt es eigentlich, Roakan?“, frage ich neugierig nach.
„Ganz genau wissen wir es nicht. Von 66.699 wissen wir sicher.“
„Was?!“ Ich bleibe entgeistert stehen, meinen Gefährten ergeht es nicht anders. „Soll das ein Witz sein? Die ganze Welt ist aus solchen Skegs, fast 70.000, aufgebaut?“
„Und den Ghettos“, bemerkt Loiker.
„Ja, so ist es“, bestätigt der Lustwächter.
„Und überall wird gevögelt, um Energie zu erzeugen?!“
„Das kommt darauf an, wie weit die Menschen entwickelt sind. Je mehr Sexuon ein Skeg liefert, umso reicher sind sie.“
„Mehr als ficken kann ja wohl niemand“, stellt Katharina fest.
„Aber mehrere Orgasmen gleichzeitig haben schon. Viele Menschen haben inzwischen bereits drei oder vier Penisse oder Vaginas. Szoki Bucca hat sogar 69.“
„Wie bitte?!“ Ich starre ihn entsetzt an.
„Okay, das erklärt, warum Sex mit ihm eine Strafe ist“, bemerkt Loiker lakonisch.
„Jetzt mal langsam“, sage ich. „Du sagst, es gibt Menschen, die mehrere primäre Geschlechtsorgane haben? Und dass das ihren sozialen Status erhöht?“
„Ihren was?“
„Ihre Bedeutung für die Gemeinschaft“,