DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT. H. T. Thielen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу DAS MEDIZIN-ESTABLISHMENT - H. T. Thielen страница 11
Die dritte und letzte Phase ist das praktische Jahr. In dieser Phase sollen die angehenden Mediziner auf die spätere Tätigkeit als Assistenzarzt vorbereitet werden. Dieser Abschnitt findet unmittelbar in einer Klinik oder einem Krankenhaus statt, meist in den Bereichen innere Medizin oder Chirurgie. Den Abschluss bildet die dritte ärztliche Prüfung; nach erfolgreicher Abnahme erhalten die Mediziner die sogenannte Approbation und dürfen den Titel Arzt tragen.
Das klassische Medizinstudium in der Bundesrepublik Deutschland vermittelt in den jeweiligen Fachgebieten grundlegende Kenntnisse, Qualifikationen und Kompetenzen auf hohem Niveau. Die Zielvorstellung der Ausbildung ist eine Ärzteschaft, welche für eine differenzierte medizinische Versorgung, im Sinne der Behandlung von kranken Menschen, qualifiziert ist.)
Mit dem „Masterplan Medizinstudium 2020“ stellten Bund und Länder die Weichen für die Ausbildung der nächsten Medizinergeneration, welche den Herausforderungen einer modernen Industriegesellschaft stärker gerecht werden soll. Er sieht signifikante Korrekturen bei der Studienstruktur und den Ausbildungsinhalten vor. Im Schwerpunkt wird die Ausbildung praxisnäher und bedarfsgerechter. So wird durch die Vermittlung arztbezogener Fähigkeiten der Stellenwert des Allgemeinmediziners im Studium deutlich verbessert, nicht zuletzt, um dem Fachkräftemangel in den ländlichen Gebieten entgegenzusteuern.
Durch die Neuausrichtung des Medizinstudiums nähert man sich dem internationalen Standard, der Allgemeinmedizin schon in der universitären Ausbildung ein breiteres Gewicht zu verleihen. Sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in vielen europäischen Ländern ist der Facharzt für Allgemeinmedizin bereits eingeführt, da man erkannte, welche zentrale Rolle den Hausärzten schon heute und verstärkt in Zukunft zukommt.63
Die weiterführende Promotion zum „Dr. med.“ an einer deutschen medizinischen Hochschule wird international wohl anerkannt, jedoch sehr ambivalent betrachtet. Im Schwerpunkt geht es um das wissenschaftliche Arbeiten in einer methodisch-orientierten Qualifikation als forschender Wissenschaftler. Diese zum Forschen und Lehren erforderlichen Kompetenzen finden in den nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalogen Medizin (NKLM) nur eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Man sollte sie daher grundlegend überdenken und sich an den internationalen Standards orientieren. Selbst der deutsche Wissenschaftsrat (WR) und auch der europäische Forschungsrat (ECR) vertreten die Ansicht, dass Qualität und Quantität der Promotion nicht dem wissenschaftlichen Anspruch eines Doktorgrades in anderen Fachdisziplinen bzw. dem „Philosophiae Doctor“ (PhD) in anderen Ländern entspricht.64
Summa summarum befähigt das Studium der Medizin in Deutschland absolut für eine Betätigung als Arzt im traditionellen Sinn. Es ist qualitativ hochwertig aufgebaut und bietet die gängigen Wissens- und Praxiselemente, um erkrankten bzw. verunfallten Menschen in den unterschiedlichsten Einrichtungen, wie beispielsweise einer Klinik oder der eigenen Praxis, zu helfen.
Gleichwohl gibt es moderne medizinisch-wirksame Forschungsansätze, welche, zusammen mit den komplementär-medizinischen Heilverfahren, zahlreiche tradierte Praktiken der Schulmedizin infrage stellen, und den Patienten eine günstigere Heilungschance versprechen. Sie wurden bisher weder in Forschungsprojekten auf ihre Evidenz untersucht noch in den Qualifizierungsrahmen der Ärzteausbildung aufgenommen.
Bekanntlich sind auch die Curricula der medizinischen Hochschulen inhaltlich nicht werteneutral, sondern den gesellschaftlichen Mächten unterworfen. Dies hat zur Folge, dass die approbierten Ärzte in der Praxis nur die schulmedizinisch anerkannten Wissenselemente anwenden können bzw. dürfen, die an den Universitäten und in den Weiterbildungen vermittelt werden – das sind Sachkenntnisse, Fähigkeiten und Weiterentwicklungen auf der Basis der virchowschen Zellularpathologie, und das sind verbindlich festgelegte Inhalte, beschlossen unter der Federführung der pharmazeutischen Industrie.
Das Ergebnis ist eine Medizin, die sich dogmatisch auf eine antiquierte, rein organische Ebene konzentriert – Krankheiten sind organische Störungen und werden durch Medikamente und Apparaturen beseitigt. Neuere medizinische Forschungsansätze und natürliche ganzheitliche Heilverfahren werden zugleich herabgewürdigt oder konsequent abgelehnt. Anstatt diese fortschrittlichen Forschungserkenntnisse weiter zu entwickeln oder auch die wirksamen und günstigen traditionellen Naturheilverfahren auf einen zeitgerechten Stand zu bringen, werden Milliardenbeträge in schulmedizinische Entwicklungen, also in teure Medikamente und technisch-apparative Weiterentwicklungen, gepumpt – alles zum Wohle der Industrie.)
Das Gesundheitswesen hat viele Facetten. Neben die Schulmedizin – sie hat gewiss ihren hohen Stellenwert – gehören zukünftig definitiv die Naturheilkunde, komplementär-medizinische Heilmethoden65 und vor allem die Krankheitsprävention, das sind die Strategien zur Lebensführung der Menschen, um die Entstehung von Erkrankungen zu unterbinden. Eine moderne und ambitionierte medizinische Ausbildung muss im Sinne einer integrativen Medizin zwingend alle Disziplinen miteinschließen, welche den Gesundungsprozess der Patienten unterstützen. Vervollständigung, nicht Unterdrückung, muss das Credo einer modernen Medizin heißen. Insbesondere der Prävention, also der Verhinderung von Erkrankungen, muss größere Bedeutung zugeordnet werden, denn jede Therapiemaßnahme ist vollkommen überflüssig, wenn keine Erkrankung auftritt!
Medizinstudium und Unabhängigkeit
„Mediziner kann nur derjenige genannt werden, der als den letzten Zweck seines Strebens das Heilen betrachtet.“
(Rudolf Virchow)
Die so bedeutungsvollen Aspekte der traditionellen medizinischen Heilmethoden, der Naturheilkunde sowie der Prävention wären längst – in adäquater Ausbreitung – in die Lehrpläne der medizinischen Studiengänge aufgenommen worden, wenn denn nicht der übermächtige Einfluss bestimmter Interessengruppen wie ein Abwehrschirm auf praktischer, wissenschaftlicher und politischer Ebene in Erscheinung treten würde.
Die Frage, wer ein ausgeprägtes Motiv an möglichst vielen erkrankten Menschen hat und, in dieser Hinsicht, seit fast zwei Jahrhunderten einen enormen Einfluss ausübt, ist dennoch relativ leicht zu beantworten.
Cui Bono: Wem zum Vorteil?
Nutznießer sind in erster Linie die Pharmakonzerne, die Ernährungsmittelindustrie, Unternehmen der Labor- und Medizintechnik sowie Apotheken, die einzig und allein ihre zahlreichen Medikamente und Gerätschaften verkaufen wollen. Dann sind es natürlich auch die Ärzteschaft, Heilberufler und Ernährungsberater, welche bei einer gesunden Bevölkerung ein erhebliches Beschäftigungsproblem bekommen. Aber auch die Krankenkassen profitieren, da die Menschen selbstredend bereit sind, für ihre Gesundheit „mehr“ zu zahlen.66 Nicht zuletzt verdienen auch Medien und Werbeagenturen, die als flächendeckendes und stimmungsmachendes Publicity- und Kommunikationsmittel dienen.
Speziell die Pharmakonzerne spielen in diesem Bezugsrahmen eine üble Rolle. Aufgrund von „Drittmittelfinanzierungen“67 und „Kooperationsverträgen“ mit den staatlichen Hochschulen bzw. Forschungsinstituten68 sowie durch ihre Optionen, auf politische Entscheidungsträger einzuwirken, verfügen sie über eine latente Kontrolle und Machtposition, vermöge der sie in allen Bereichen und auf allen Ebenen der Medizin ein erhebliches und richtungsweisendes Mitspracherecht haben.
Wenn finanzielle Mittel für wissenschaftliche Forschung und Lehre von Konzernen kommen, bleiben sie in der Praxis meist unter Verschluss. Einblicke in die Vertragsinhalte – von öffentlichen Einrichtungen seit Jahren eingefordert – lassen viele Hochschulverwaltungen bis heute nicht zu.69 Es ist zu befürchten, dass die Gelder der Industrie zweckgebunden sind und deren wirtschaftliche Interessen schwerer wiegen als die Freiheit der Lehre.