Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
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Die Wärmekapazität
Die Innere Energie eines Stoffs nimmt mit steigender Temperatur zu. Der Betrag dieser Energieerhöhung hängt von den Bedingungen ab, unter denen die Erwärmung stattfindet. Für den Moment wollen wir annehmen, dass das Volumen der Probe konstant bleibt, wie etwa bei einem Gas in einem geschlossenen Gefäß. Wenn man die Innere Energie in Abhängigkeit von der Temperatur in einem Diagramm aufträgt, erhält man eineKurve wiein Abb. 2-10. DieSteigung der Kurvebei beliebiger Temperatur nennt man die Wärmekapazität des Stoffs bei der betreffenden Temperatur. Formal definiert man die Wärmekapazität eines Stoffs bei konstantem Volumen, CV, als
In diesem Fall hängt die Innere Energie von der Temperatur und vom Volumen ab; wir wollen jedoch nur die Temperaturabhängigkeit untersuchen und halten daher das Volumen konstant (Abb. 2-11).
Abb. 2.11 DieInnere Energieeines Systems hängt von Volumen und Temperatur ab, etwa wie durch diese Fläche dargestellt. Die Änderung der Inneren Energie mit der Temperatur bei einem bestimmten konstanten Volumen entspricht der eingezeichneten Kurve parallel zur T-Achse. In jedem Punkt der Kurve ist ihre Steigung durch die partielle Ableitung (∂U/∂T)v gegeben.
Ein praktisches Beispiel
Die Wärmekapazität eines einatomigen idealen Gases berechnen wir durch Einsetzen des Ausdrucks für die Innere Energie, den wir in Abschnitt 2.1.2 hergeleitet haben. Dort hatten wir für die molare Innere Energie die Beziehung
gefunden, woraus mit Gl. [2-15] folgt
Der Zahlenwert dieser Wärmekapazität beträgt 12.47 J K–1 mol–1.
■ Kommentar 2-5
Partielle Ableitungen werden im Mathematischen Exkurs 2 am Ende dieses Kapitels besprochen.
Wärmekapazitäten sind extensive Größen. So haben 100 g Wasser eine 100-mal so große Wärmekapazität wie 1 g Wasser (daher benötigt man für die hundertfache Wassermenge auch eine hundertfache Wärmemenge wenn man die gleiche Temperaturerhöhung erreichen will). Die molare Wärmekapazität bei konstantem Volumen, CV,m = CV / n, ist die zugehörige intensive Eigenschaft, nämlich die Wärmekapazität pro Mol eines Stoffs (alle molaren Größen sind intensiv). Typischerweise liegen molare Wärmekapazitäten von Gasen bei etwa 25 J K–1 mol–1. Fürbestimmte Anwendungen ist die spezifische Wärmekapazität eines Stoffs (im Laborjargon sagt man auch „spezifische Wärme“) geeigneter. Das ist die Wärmekapazität pro Masseneinheit, normalerweise pro Gramm eines Stoffs; CV,s = CV / m. Die spezifische Wärmekapazität von Wasser beträgt bei Zimmertemperatur ungefähr 4 JKg–1. Wärmekapazitäten sind generell temperaturabhängig und nehmen bei niedriger Temperatur ab. Für kleine Temperaturintervalle in der Nähe der Zimmertemperatur ist die Temperaturabhängigkeit jedoch wenig ausgeprägt, sodass man sie für genäherte Rechnungen vernachlässigen kann.
Mithilfe der Wärmekapazität kann man eine Beziehung zwischen der Temperaturänderung eines Systems mit konstantem Volumen und der Änderung seiner Inneren Energie aufstellen. Aus Gl. [2-15] folgt
(2.16a)
Mit anderen Worten: Eine infinitesimale Änderung der Temperatur ruft eine infinitesimale Änderung der Inneren Energie hervor; der Proportionalitätsfaktor ist CV. Wenn CV im betrachteten Temperaturbereich nicht von T abhängt, ist mit der messbaren Temperaturänderung ΔT die messbare Änderung ΔU der Inneren Energie verbunden:
(2.16b)
Die Änderung der Inneren Energie können wir auch als zugeführte Wärme bei konstantem Volumen schreiben (Gl. (2-12b)), damit wird Gl. (2-16b) zu
(2.17)
Aus dieser Beziehung folgt ein einfacher Weg zur Bestimmung der Wärmekapazität einer Substanz: Dem System wird eine bekannte Wärmemenge zugeführt (zum Beispiel in Form von elektrischer Energie) und der resultierende Temperaturanstieg wird registriert. Die Wärmekapazität bei konstantem Volumen ergibt sich dann als Verhältnis der zugeführten Wärmemenge zum Betrag des Temperaturanstiegs, (qv/ΔT).
Eine große Wärmekapazität bedeutet für den betreffenden Stoff, dass die Zufuhr einer bestimmten Wärmemenge nur eine relativ kleine Temperaturänderung erzeugen kann (der Stoffhat eine große „Wärmeaufnahmefähigkeit“). Folglich kann man im Fall einer unendlich hohen Wärmekapazität einem Stoff unendlich viel Wärme zuführen, ohne dass die geringste Temperaturerhöhung auftritt. Beispiele für solche Fälle sind Phasenübergänge. Ein Beispiel ist Wasser am Siedepunkt: Die gesamte zugeführte Wärme wird für die endotherme Verdampfung verbraucht, die Temperatur des Systems steigt dabei nicht an. An diesem Punkt ist die Wärmekapazität des Wassers also unendlich hoch. Die Eigenschaften der Wärmekapazität in der Umgebung von Phasenübergängen werden wir in Abschnitt 4.2.3 ausführlicher behandeln.
2.1.5 Die Enthalpie
■ Das Wichtigste in Kürze: Die bei konstantem Druck in Form von Wärme auf das System übertragene Energie ist gleich der Änderung seiner Enthalpie. (a) Enthalpieänderungen werden in einem Kalorimeter bei konstantem Druck untersucht. (b) Die Wärmekapazität bei konstantem Druck ist die Steigung der Enthalpie als Funktion der Temperatur.
Wenn das Volumen des Systems nicht konstant gehalten wird, ist die Änderung der Inneren Energie nicht mehr gleich der zugeführten Wärmemenge. Unter diesen Bedingungenwirdein Teil der als Wärme zugeführten Energie