Physikalische Chemie. Peter W. Atkins
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Abb. 2.12 Wenn ein System bei konstantem Druck sein Volumen ungehindert ändern kann, kann bei Zufuhr einer Wärmemenge ein Teil davon in Form von Arbeit wieder an die Umgebung abgegeben werden. Dadurch ist in diesem Fall die Änderung der Inneren Energie geringer als die zugeführte Wärmemenge.
Definition der Enthalpie
Die Enthalpie H ist als
definiert, wobei p der Druck und V das Volumen des Systems sind. Da U, p und V Zustandsfunktionen sind, ist auch die Enthalpie eine Zustandsfunktion. Wie für jede Zustandsfunktion gilt auch hier, dass die Änderung der Enthalpie während eines Prozesses nur vom Ausgangs- und Endzustand des Systems abhängt und nicht vom Weg zwischen beiden.
Diese Definition der Enthalpie mag zunächst willkürlich erscheinen; in der Thermochemie ist sie jedoch von weit reichender Bedeutung. So werden wir in der folgenden Begründung zeigen, dass (wie aus Gl. [2-18] folgt) die Änderung der Enthalpie gleich der bei konstantem Druck in Form von Wärme ausgetauschten Energie ist (vorausgesetzt, das System leistet keine Nichtvolumenarbeit):
Für eine messbare Änderung ist
Begründung 2-1 Die Beziehung ΔH = qp
Allgemein wird bei einer infinitesimalen Zustandsänderung U zu U + dU, p zu p + dp und V zu V + dV. Demzufolge wird nach Gl. [2-18] aus H = U + pV
Der letzte Term dieses Ausdrucks ist ein Produkt zweier infinitesimaler Größen, wir können ihn vernachlässigen. Wenn wir auf der rechten Seite U + pV = H einsetzen, erhalten wir für die Änderung von H
und durch Subtraktion von H aufbeiden Seiten
Mit der bekannten Beziehung dU = dq + dw folgt daraus
Wenn sich das System im mechanischen Gleichgewicht mit seiner Umgebung befindet und nur Volumenarbeit verrichtet, können wir mithilfe von dw = – p dV zusammenfassen:
Nun fordern wir noch, dass die Erwärmung des Systems bei konstantem Druck erfolgen soll (dp = 0) und erhalten so
wie in Gl. (2-19a) angegeben.
In Worten besagt Gl. (2-19): Wenn ein System bei konstantem Druck gehalten wird und nur Volumenarbeit verrichten kann, ist die Enthalpieänderung gleich der zugeführten Wärmemenge. Wenn man beispielsweise einer Heizspirale in einem Becherglas mit Wasser eine elektrische Energie von 36 kJ zuführt, wächst dadurch die Enthalpie des Wassers um diese 36 kJ; wir schreiben ΔH =+36 kJ.
Die Messung von Enthalpieänderungen
Die Änderung der Enthalpie während einer physikalischen oder chemischen Umwandlung bei konstantem Druck kann man kalorimetrisch aus der Änderung der Temperatur des Systems bestimmen. Prozesse, die bei konstantem Druck ablaufen, untersucht man mit einem isobaren Kalorimeter. Ein einfaches Beispiel ist ein thermisch isoliertes, zur Atmosphäre hin offenes Gefäß. Die bei der Reaktion freigesetzte Wärme wird durch Messung der Temperatur des Gefäßinhalts ermittelt. Für Verbrennungsreaktionen kommtdas adiabatische Verbrennungskalorimeter (Abb. 2-13) zur Anwendung. Die Substanz wird eingewogen und in einer Sauerstoffatmosphäre verbrannt, ΔT wird gemessen. Ein anderer Weg zu ΔH führt über die Messung der Änderung der Inneren Energie in einem Bombenkalorimeter mit anschließender Umrechnung von ΔU in ΔH. Da Flüssigkeiten und Feststoffe (im Vergleich zu Gasen) kleine molare Volumina haben, wird auch das Produkt pVm hier so klein, dass man molare Enthalpie und molare Innere Energie näherungsweise gleichsetzen darf (Hm = Um + pVm ≈ Um). Wenn folglich nur Flüssigkeiten und Feststoffe am Prozess beteiligt sind, setzt man auch die Änderungen dieser Größen – also ΔU und ΔH – in guter Näherung gleich. Physikalisch beobachtet man bei solchen Vorgängen auch nur sehr kleine Volumenänderungen – das System verrichtet praktisch keine Volumenarbeit, sämtliche zugeführte Energie wird in Wärme innerhalb des Systems umgesetzt. Die eleganteste Methode zur Messung der Enthalpieänderung ist die Verwendung eines dynamischen Differenzialkalorimeters (DSC, von differential scanning calorimeter). Wie wir in Kapitel 6 sehen werden, kann man Änderungen der Enthalpie und der Inneren Energie auch mit anderen als kalorimetrischen Methoden verfolgen.
Abb. 2.13 Ein Verbrennungskalorimeter, das bei konstantem Druck arbeitet, besteht aus der gezeigten Anordnung umgeben von einem gerührten Wasserbad. Der bei der Verbrennung einer bekannten Substanzmenge auftretende Temperaturanstiegwird gemessen.
Beispiel 2-2 Die Beziehung zwischen ΔU und ΔH
Wenn 1.0 mol CaCO3 aus der Calcit- in die Aragonit-Modifikation umgewandelt werden, beträgt die Änderung der Inneren Energie +0.21kJ. Wie groß ist der Unterschied zwischen der Änderung der molaren Inneren Energie und der Änderung der molaren Enthalpie? Der Druck soll 0.1 MPa betragen; die