Behemoth. Franz Neumann

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Behemoth - Franz Neumann eva taschenbuch

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die jeden SS-Mann berechtigt und verpflichtet, seine Ehre mit der Waffe zu verteidigen. Derselben Verordnung zufolge muß er mindestens 21 Jahre alt sein, eine Lehrzeit von 18 Monaten ab leisten, seinem Führer einen Eid schwören und seinen Arbeits- und Wehrdienst hinter sich haben. Mit dem Empfang seines SS-Dolches ist er endgültig aufgenommen. Die der SS zugebilligten Privilegien wurden vom Reichsgericht noch erweitert. Der § 53 des Strafgesetzbuches gestattet dem gewöhnlichen Bürger Waffengebrauch nur in Notwehr, aber eine Gerichtsentscheidung bestimmte, daß SS-Männern der Gebrauch ihrer Waffe selbst dann erlaubt ist, wenn der Angriff mit anderen Mitteln abgewehrt werden könnte. »Der Träger der SS-Uniform kann den Volksgenossen nicht das Schauspiel einer öffentlichen ›Balgerei‹ bieten. Das ist mit dem Ansehen der SS-Uniform unvereinbar.«14

      Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung vom 26. Mai 1939 definiert die SS im Verhältnis zur Polizei.15 Ihre Aufgabe ist die Verteidigung des Staates gegen alle offenen und verborgenen Feinde. Die drei SS-Abteilungen unterscheiden sich jedoch so stark voneinander, daß sie kaum mehr als den Namen gemein haben.16 Die »Allgemeine« SS ist eine reine Parteiorganisation, deren Leitung beim Reichsschatzmeister der NSDAP liegt (er ist auch der Chef der Parteiverwaltung).17 Aus der Allgemeinen SS haben sich zwei Spezialgruppen herausgebildet: die »SS-Verfügungstruppen« und die »SS-Totenkopfstandarten«; beide unterstehen der Kontrolle des Reichsinnenministers.18 Die Parteitruppen stehen dem Staat zur Verfügung, und der Reichsführer der SS (Himmler) ist zugleich Chef der Reichspolizei (Gesetz vom 17. Juni 1936).

      Die Polizei umfaßt zwei Organisationen: die Ordnungspolizei (unter SS-Obergruppenführer Daluege) und die Sicherheitspolizei (unter Leitung von SS-Gruppenführer Heydrich). Die Polizeiführung ist dieselbe wie die SS-Führung, und die SS-Verbände sind dieselben wie die Polizeiverbände – mit anderen Worten, der Staat hat auf diesem Gebiet zugunsten der Partei abgedankt.

      Die Hitlerjugend, die aus dem Jugendbund der NSDAP hervorgegangen ist (1922 gegründet und 1926 in seine gegenwärtige Gestalt gebracht), ist ein weiteres Beispiel für den Vorrang der Partei. In ihrer Anfangszeit war sie lediglich eine Unterabteilung der Braunhemden, direkt kontrolliert vom Führer der SA. Baldur von Schirach, der am 30. Oktober 1931 zum Jugendführer ernannt wurde, war SA-Gruppenführer. Da die HJ eine Abteilung der SA war, mußte das gegen letztere am 13. April 1932 ausgesprochene Verbot auch für erstere gelten. Nach dem Verbot wurde die Hitlerjugend aus der SA ausgegliedert. Aber das war ein langwieriger Prozeß; zwar wurde Baldur von Schirach im Juni 1933 zum »Reichsleiter«19 der NSDAP ernannt und damit zu den höchsten Kreisen der Führung zugelassen, aber die HJ erhielt ihre Unabhängigkeit von der SA und die Anerkennung als eine Gliederung der Partei erst mit einer Durchführungsverordnung vom 29. März 1935.

      Die Hitlerjugend umfaßt mehrere Gruppen: Die »Kern-HJ« (Jungen im Alter von 14 bis 18 Jahren); das »Jungvolk«; den Bund deutscher Mädel« (BDM); die »Jungmädel«; und die BDM-Organisation »Glaube und Schönheit«. Der Gesamtverband wird vertreten und finanziell kontrolliert vom Reichsschatzmeister der NSDAP.20

      Mit seiner Ernennung zum Jugendführer des Deutschen Reichs wurde Baldur von Schirach zum höchsten Staatsvertreter für Jugendorganisationen und bekleidete sowohl die Funktion eines Parteiführers als auch die eines Staatsführers. Er nutzte seine neuen Machtbefugnisse zur Koordination der gesamten Jugendbewegung und setzte damit den Anspruch der Partei auf vollständige Kontrolle in die Tat um. Er löste den Großdeutschen Bund auf, schloß die Scharnhorst-Jugend, die Arbeitsfront-Jugend und die Land-Jugend zu einer einzigen Bewegung zusammen und erreichte ein Abkommen mit den konfessionellen Jugendorganisationen.

      Trotz seines politischen Monopols über sämtliche Jugendorganisationen gilt der Reichsjugendführer nicht als Staatsbeamter. Er gehört nicht zum Staatsdienst und untersteht nicht den Disziplinarbestimmungen für Beamte. Die Verbindung zwischen Hitlerjugend und Staat beruht einzig und allein auf der Tatsache, daß eine Person zwei Ämter innehat. Dennoch wird die HJ vom Staat finanziell unterstützt und genießt zahllose politische Privilegien.

      Am 1. Dezember 1936 erließ die Reichsregierung das »Gesetz über die Hitlerjugend«, in dem es hieß: »Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt«. Dasselbe Gesetz erhob den Reichsjugendführer zu einer Hitler unmittelbar unterstellten Obersten Reichsbehörde. Eine Verordnung vom 11. November 1939 gab ihm in allen die Jugend betreffenden Angelegenheiten die oberste Befehlsgewalt über die Beamten in Preußen, die Landesregierungen und die Reichskommissare in den besetzten Gebieten. Trotz alledem wird die Jugendbewegung nicht als »Staatsjugend« (wie z. B. die italienische Balilla), sondern als »Parteijugend« betrachtet.21 Reichs- und Landesbehörden sind einfach Mittel, mit deren Hilfe der Reichsjugendführer die Bedürfnisse der Partei erfüllt. Die HJ hat ihre eigene Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz, ausdrücklich festgelegt in der »Jugenddienstverordnung« vom 25. März 1939, die es für jeden Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren zur Pflicht macht, in der Hitlerjugend zu dienen. In Anlehnung an Carl Schmitts »Dreigliederungs«-Theorie werden Elternhaus, Schule und Hitlerjugend als die drei Grundpfeiler der Jugenderziehung bezeichnet.

      Als die Hitlerjugend so weit vergrößert worden war, daß sie die gesamte deutsche Jugend erfaßte, verlor sie ihren Parteicharakter. Es bedurfte einer neuen Organisation zur Formung zukünftiger Führer: die Durchführungsverordnung vom 25. März 1939 sorgte für die Schaffung einer solchen Elite, der »Stamm-HJ« innerhalb der Hitlerjugend. Die Mitgliedschaft ist freiwillig, und diese zentrale Gruppe ist wieder ein Parteiorgan im strengen Sinne des Wortes.22

      Das im vorangegangenen Abschnitt beschriebene Verhältnis von Partei und Staat kehrt sich in bezug auf den Arbeitsdienst, die Wehrmachtsverwaltung und das Beamtentum um: hier steht der Staat über der Partei. § 26 des Reichswehrgesetzes sieht die Aussetzung der Parteimitgliedschaft für die Dauer des Wehrdienstes vor. § 17 des Arbeitsdienstgesetzes (26. Juni 1935) verbietet – mit einigen wenigen Ausnahmen – die aktive Parteiarbeit während des Arbeitsdienstes. Zwar setzt § 11 des Beamtengesetzes das Inkompatibilitätsprinzip außer Kraft und erlaubt Beamten die Annahme eines unbezahlten Amtes in der Partei und den ihr angeschlossenen Verbänden ohne Sondergenehmigung; doch das wahre Verhältnis von Beamtentum und Partei geht am deutlichsten aus der »Anordnung über die Verwaltungsführung in den Landkreisen« vom 28. Dezember 1939 hervor. Diese Anordnung legt die »Menschenführung« in die Hände des Kreisleiters der NSDAP, der den übergeordneten Parteidienststellen für »die Stimmung und Haltung der Bevölkerung im Kreise« verantwortlich ist. Die Verantwortung für die Erfüllung der Aufgaben der staatlichen Verwaltung im Kreise liegt hingegen ausschließlich beim Landrat, in dessen Angelegenheiten Parteifunktionäre sich nicht einmischen dürfen; sie haben lediglich ein Vorschlagsrecht. Diese Anordnung zeigt deutlich, daß die absolute und ausschließliche Befehlsgewalt der staatlichen Exekutive trotz der ideologischen Degradierung des Staates in keiner Weise geschmälert ist. Mit Ausnahme von Polizei und Jugendbewegung hat das Beamtentum die höchste Macht, ist der Staat noch immer totalitär.

      Die Schwierigkeiten, die sich aus dem äußerst zweideutigen Verhältnis von Partei und Staat ergeben, sind rechtlich durch das Führerprinzip gelöst; zudem sind viele hohe Parteiführer gleichzeitig hohe Staatsbeamte. An dieser Stelle wollen wir nur den gesetzlichen Rahmen darlegen; die soziologischen und politischen Implikationen werden später analysiert.23

      An der Spitze wird die Einheit von Partei und Staat durch Adolf Hitler verkörpert, der zugleich Parteiführer und Staatschef ist. Der Stellvertreter des Führers der Partei ist Mitglied der Regierung, obwohl er kein Minister im eigentlichen Sinne ist.24 Alle Reichsstatthalter und die Mehrzahl der preußischen Oberpräsidenten sind zugleich »Gauleiter« der Partei. Der Leiter der Auslandsorganisation der NSDAP (Bohle) bekleidet dieselbe Stellung im Auswärtigen Amt (30. Juni 1937). Allerdings gibt es auch Abweichungen. So verfügt eine Anordnung vom 29. Februar 1937 zum Beispiel, daß der Kreisleiter der Partei nicht vollberuflich eine Verwaltungstätigkeit

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