Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg Chefarzt Dr. Norden Paket

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zu machen. »Ich bin nämlich Vegetarier.« Er hob die Hand zum Gruß und ließ eine verdutzte Christine Lekutat zurück.

      *

      Wie angekündigt wartete Paola Wiesenstein im Café ›Schöne Aussichten‹ auf ihren Sohn. Pro forma hatte sie ein Glas Wasser bestellt. Während sie daran nippte, fiel ihr Blick immer wieder durch das große Fenster hinaus auf die Straße. Sie hätte es niemals zugegeben, aber sie hatte tatsächlich Lampenfieber. Wie würde Joshua sie begrüßen? Würde er ihr Vorwürfe machen?

      »Hallo, Paola.« Erschrocken zuckte sie zusammen und fuhr herum.

      Unbemerkt war ein junger Mann an den Tisch getreten. Er trug einen Hut. Unter dunklen Augenbrauen blitzten warme braune Augen. Der erste Bart sprießte.

      »Du siehst aus wie dein Vater.« Wie vom Donner gerührt starrte Paola ihren Sohn an. Obwohl sie in den letzten Jahren immer wieder Fotos von ihm gesehen hatte, war er männlicher, erwachsener als erwartet.

      »Ich nehme mal an, dass er wesentlich an meiner Entstehung beteiligt war«, erwiderte Joshua kühl. Nicht das kleinste Wimpernzucken verriet, wie es wirklich in ihm aussah. Sein schauspielerisches Talent kam ihm dabei zugute.

      Paola lächelte. Sie stand auf und breitete die Arme aus.

      »Noch immer derselbe kleine Rebell wie früher.«

      Joshua zögerte, ließ sich dann aber gnädig umarmen.

      »Diese Eigenschaft scheine ich wiederum von dir zu haben.«

      Lachend gab sie ihn frei.

      »Dann bist du eine gelungene Mischung.« Sie machte eine einladende Geste. »Setz dich! Was möchtest du trinken?«

      Tatjana trat an den Tisch, und Joshua bestellte Rhabarberschorle und Käsekuchen. Während sie warteten, saß er seiner Mutter schweigend gegenüber. Er hatte nicht vor, es ihr leicht zu machen. Es war an ihr, die richtigen Worte zu finden.

      »Bestimmt fragst du dich, warum ich nach all den Jahren einfach so vor der Tür stehe.«

      »Die Kandidatin hat hundert Punkte.«

      Obwohl Paola nichts anderes erwartet hatte, schmerzte sie seine zur Schau gestellte Kälte.

      »Komm schon, Tiger«, bat sie ihn mit sanfter Stimme um Nachsicht. »Sei nicht nachtragend. Du weißt doch, dass ich sehr beschäftigt bin.«

      »Zu beschäftigt, um deinen einzigen Sohn hin und wieder einmal zu besuchen?« Joshuas Stimme war so scharf, dass Tatjana vorn am Tresen unwillkürlich zu ihm hinübersah. Sie kannte weder den jungen Mann noch die Frau am Tisch. Doch ihre fast magische Sensibilität, gepaart mit einem hervorragenden Hörvermögen, erzählte ihr von Spannungen und Enttäuschung.

      Um Zeit zu gewinnen, trank Paola einen Schluck Wasser. Sie wagte es nicht, Joshua ins Gesicht zu sehen.

      »Um ehrlich zu sein, hatte ich nicht den Mut, dich zu besuchen«, gestand sie leise und drehte das Glas in den Händen. »Ich hatte Angst, dass ein Wiedersehen meinen Entschluss zu arbeiten ins Wanken bringen könnte. Diese Gefahr konnte und wollte ich nicht eingehen. Kannst du das nicht verstehen?«, appellierte sie an seinen Verstand.

      Erbarmungslos schüttelte Joshua den Kopf.

      »Andere Mütter sind auch berufstätig und verlassen ihre Kinder trotzdem nicht.« Er stach ein Stück Kuchen vom Teller und schob die Gabel in den Mund. Dabei ließ er Paola nicht aus den Augen.

      Sie wand sich unter diesem vorwurfsvollen Blick.

      »Andere Mütter sind keine Schauspielerinnen«, entgegnete sie. »Das ist ein großer Unterschied.«

      »Ach ja?« In Joshuas Mundwinkel zuckte ein hämisches Lächeln. »Und welcher?«

      Allmählich wurde Paola böse.

      »Weißt du, wie viele Kolleginnen ihre kleinen Kinder mit ins Theater oder ans Set zerren? In meinen Augen hat das nicht viel mit Liebe zu tun, sondern vielmehr mit Egoismus. Ein Kind braucht Routine und Rituale, keine Wohnwagen und Hotelzimmer in immer verschiedenen Städten. Ich wollte es dir einfach nicht zumuten, abends in verrauchten Garderoben zu sitzen, mich zu Essenseinladungen zu begleiten zu Zeiten, in denen du längst im Bett liegen solltest. Ich habe meine Gefühle hintenan gestellt und dir einen geregelten Alltag ermöglicht. Hast du darüber schon einmal nachgedacht?«

      Ihre Kehle war trocken. Hastig trank einen großen Schluck Wasser.

      Betroffen senkte Joshua den Kopf. So weit hatte er in der Tat noch nicht gedacht.

      »Nein, das habe ich nicht.«

      Paola holte tief Luft und lächelte.

      »Siehst du. Jede Medaille hat zwei Seiten.«

      Joshua schob den Teller von sich. Er streckte die Beine aus und faltete die Hände über dem Bauch.

      »Und warum traust du dich jetzt, herzukommen? Was hat sich geändert?«

      Paola legte den Kopf ein wenig schief.

      »Erstens bist du fast erwachsen und brauchst keinen Babysitter mehr. Und zweitens war ich auf der Durchreise in die Schweiz, wo ich ein Engagement angenommen habe.« Mit einem Mal füllten sich ihre Augen mit lange zurückliegenden Erinnerungen. »Weißt du noch? Unser Urlaub am Zürichsee?«

      »Zufällig habe ich erst heute Fotos davon angeschaut.« Joshua konnte nur den Kopf schütteln über diesen Zufall. »Ist das nicht merkwürdig? Jahrelang habe ich nicht daran gedacht. Und plötzlich stoße ich an jeder Ecke auf diese Erinnerungen.«

      »Ich kenne dieses Phänomen.« Unauffällig sah Paola auf die Uhr.

      Joshua bemerkte es. Die Enttäuschung legte sich wie ein schwarzes Tuch auf sein Gemüt.

      »Du musst schon wieder los?«

      »Ich fahre erst morgen in die Schweiz. Aber ich habe gleich noch einen Termin mit einem ehemaligen Kollegen. Wenn du willst, können wir uns später wieder treffen.« Paola beglich die Rechnung. Seite an Seite mit ihrem Sohn trat sie hinaus in den hellen Sonnenschein. Sie hielt die Hand über die Augen und blinzelte ihn an. »Ich möchte noch so viel über dich und von dir erfahren.«

      Ein Taxi wartete schon an der Straße. Paola machte Anstalten einzusteigen. Joshua dachte nicht lange nach.

      »Wenn du mich an der Klinik absetzt, können wir gleich damit anfangen.« Paola sah ihn fragend an. »Ich habe meinen Schlüssel vergessen«, erklärte er schnell.«

      »Also gut. Dann auf in die Klinik«, stimmte sie zu und rutschte auf den Rücksitz.

      *

      Auf dem Weg in ihre Abteilung kam Fee Norden am Büro ihres Mannes vorbei. Spontan beschloss sie, die Gunst der Stunde zu nutzen. Es grenzte an ein Wunder, aber sie fand Daniel tatsächlich an seinem Schreibtisch.

      »Schau doch mal!« Sie zog den Prospekt aus der Kitteltasche, den ihre Freundin Elena ihr gegeben hatte. »Was hältst du davon?«

      Daniel faltete den bunt bedruckten Flyer auf.

      »Kurzurlaub

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