Christentum und Europa. Группа авторов

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Christentum und Europa - Группа авторов Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie (VWGTh)

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Zusammenlebens, also von dem, was den Möglichkeitsraum des menschlichen Zusammenlebens ausmacht, eben: die »Welt-des-Menschen«. Das gilt auch für meinen Vorschlag zur Referenz der Rede von »Gegenwartsgesellschaft«. Die Sicht, die ihn leitet, ist folgende:

      Menschen, leibhafte Personen, existieren im Licht ihres dauernden (währenden) Gegenwärtigseins für sie selber, und das heißt im Licht ihres Erinnertseins für sie selber, welches (auf dem Boden und vermöge seines währenden Gegenwärtigseins für sie selber) einschließt ihr Sich-selber-Erwarten.12 Menschen erinnern und erwarten ihr ihnen dauernd gegenwärtiges (erschlossenes) eigenes Gewordensein und Im-werden-Bleiben im Lichte seiner Möglichkeiten – und zwar ihr Gewordensein und Im-werden-Bleiben durch ein Kontinuum radikalen und relativen Fremdbestimmtwerdens, das als solches die unabweisbare Zumutung von Selbstbestimmung (also des eigenen selektiven Verwirklichens eigener Möglichkeiten) begründet und einschließt. Somit vollzieht sich das Zusammenleben von Menschen in vier gleichursprünglichen Beziehungsdimensionen:

      – in ihrem Verhältnis zu sich selbst, d. h. zu ihrem eigenen leibhaft-innerweltlichen Personsein, das ihnen dauernd gegenwärtig ist als ihnen eigenverantwortlich durch sie selbst zu verstehen und mitzugestalten vor- und aufgegeben, also in diesem Sinne in ihrem »Selbstverhältnis«,13

      – im Verhältnis zur menschlichen und nichtmenschlichen Umwelt,

      – im Verhältnis zu dem real bestimmten Möglichkeitsraum ihrer durch Fremdbestimmung bedingten Selbstbestimmung, also im Verhältnis zu ihrer Welt (= Sphäre aller möglichen menschlichen Umweltverhältnisse) und

      – im Verhältnis zum Ursprung des Realseins dieser Welt, auf den diese selber vermöge ihres kontingenten Realseins verweist.14

      Nur in diesen vier Beziehungsdimensionen können menschliche Personen die Selbstbestimmung unter der Bedingung dauernden relativen und radikalen Fremdbestimmtwerdens, zu der sie sich bestimmt finden, vollziehen; und deshalb auch nur in der dauernden interaktiven Bearbeitung und Lösung von vier gleichursprünglichen Aufgaben des Zusammenlebens:

      – interaktive (genau: nur durch das Zusammenwollen und Zusammenwirken von leibhaft-innerweltlichen Personen erreichbare) Sicherstellung des Lebensunterhalts,

      – gleicherweise interaktive Sicherstellung der Interaktion gegen Störung durch Gewalt, sowie

      – kommunikative (die jeweils realisierten Möglichkeiten des Zusammenwollens und Zusammenwirkens festlegende) Unterhaltung von einerseits gemeinsamen Überzeugungen über die Wirkregeln, die im Werden der Bestimmtheit ihres Umweltverhältnisses herrschen,

      – und zugleich andererseits gemeinsamen Überzeugungen hinsichtlich des bestimmten Möglichkeitsraumes dieses Werdens, also hinsichtlich ihrer Welt (zur Identifikation ihres aktuellen Gewordenseins und individuellen Ortes innerhalb der Welt)

      – und hinsichtlich des Grundes von deren kontingentem Realsein (des Warums) und damit auch von dessen Ziel (des Wozu und Woraufhin des Dauerns ihrer Welt).15

      Diese vier Aufgaben sind auf Dauer gestellt und können daher nur in Institutionen gelöst werden,16 jede also jeweils nur in einer aufgabenspezifischen Ordnung und alle – wegen ihrer Gleichursprünglichkeit – nur in einer jeweils faktisch herrschenden Ordnung ihres omniinterdependenten Zusammenspiels. Diese Gesamtordnung kann, aber muss nicht in der Lebenswelt direkt erfahrbar sein, gibt dieser jedoch stets ihr spezifisches Profil. Somit ist zu unterscheiden

      – zwischen den verschiedenen Ordnungen der Interaktion in den verschiedenen Grundaufgabenbereichen,

      – zwischen diesen Bereichsordnungen und der zwischen ihnen jeweils herrschenden Gesamtordnung, sowie

      – zwischen der Ebene dieser Gesamtordnung und der Ebene der durch sie jeweils konditionierten Lebenswelt.

      Ausgetragen werden diese Unterschiede durch Kommunikation in der Öffentlichkeit, die jeweils irgendwie medial (durch Medien) strukturiert ist.17

      Im Rahmen dieser universalen Bedingungen erzeugt, erhält und verändert das Kontinuum des Zusammenlebens relativ dauerhafte Ordnungsgestalten des Zusammenlebens – also auch die gegenwärtige Gestalt – als je eine unverwechselbare Variation des Verhältnisses zwischen den benannten invarianten Grundbedingungen des Zusammenlebens.18

      Soweit mein Vorschlag zur Referenz der Rede von »Gesellschaft der Neuzeit«, also jeweils der »Gegenwartsgesellschaft«.

       2. Die Gegenwartsgesellschaft (Gesellschaft der Neuzeit) als »Wissensgesellschaft«

      Sie als »Wissensgesellschaft« anzusprechen – ich komme zu meinem zweiten Vorschlag – kann also nicht meinen, dass erst sie als eine solche existiert. In jedem menschlichen Zusammenleben ist Unterhaltung des Stoffwechsels und Bewahrung vor störender Gewalt nur möglich durch Interaktionskoordination mittels kommunikativ gewonnenen gemeinsamen Wissens.19 So fragt sich zunächst: Was sind die universalen Form- und Inhaltsmerkmale solchen Wissens (2.1)? Und dann: Welche Gestalt haben sie in unserer Gegenwartsgesellschaft angenommen, und zwar auf der Ebene ihrer Gesamtordnung (2.2) und in ihrer Lebenswelt (2.3)?

      2.1 Zunächst zu den universalen Formmerkmalen des für gemeinsames Wollen und Wirken erforderlichen gemeinsamen Wissens. Sie alle ergeben sich aus dem Faktum, dass für Menschen die Gegenwart ihres Zusammenlebens in sich selbst die unabweisbare Zumutung ihrer gemeinsamen Praxis ist, also die Zumutung, mit der jeweiligen Eigenbestimmtheit dieser Zusammenlebensgegenwart angemessen umzugehen durch realisierendes Ausgreifen auf die eigenen Möglichkeiten dieser Gegenwart (ihre noch ausstehenden möglichen Bestimmtheiten), diese also angemessen zu begreifen und sich daraufhin in dieser Gegenwart angemessen (d. h. in zielerreichungsdienlicher Weise) leibhaft-folgenreich zu bewegen. Somit sind die universalen Formmerkmale des dafür erforderlichen Wissens die folgenden fünf:

      a) Die unauflösliche Wechselbezogenheit des Wissens vom Einzelnen und vom Allgemeinen.Wissen ist stets zugleich beides: einerseits Wissen um einzelne Lagen und ihr Gewordensein und zugleich andererseits Wissen um die bestimmte Allgemeinheit des Werdens und seiner Bedingungen, in dem alles Einzelne geworden ist und im Werden bleibt und das somit jedem Einzelnen mit seinesgleichen gemeinsam ist.

      Das ist begründet im und entspricht der Form des uns und allen unseresgleichen zu-verstehen vorgegebenen Realen. Das ist nämlich keineswegs nur der Inbegriff von Umweltinstanzen, sondern das diese alle umgreifende Dauern (Währen) der realen Gegenwart-des-Zusammenlebens als einer Konstellation, die geworden ist und im Werden verbleibt, und eben mit dieser Dauer ihres Im-Werdenseins selbst die Bestimmtheit des Werdens manifestiert, aus dem sie ihrerseits stammt und in dem sie verbleibt, also desjenigen Werdens, das über die gewordene Konstellation hinausgreift und insofern das ihr und allen Früheren und Späteren Gemeinsame ist.20

      b) Das zweite Formmerkmal gemeinsamen Wissens ist somit: sein Charakter als zuversichtliches Erwarten. Denn das zu-verstehen gegebene Reale, das Dauern der Gegenwart menschlichen Zusammenlebens, gibt in sich selbst zu-verstehen, dass die bestimmte Weise des Werdens, die das Gewordene hervorgebracht hat, über diesen seinen Effekt hinausreicht, womit auf uns zukommende Veränderungen des Gewordenen angezeigt, und d. h. objektiv verheißen werden. Das angemessene Erfassen dieser objektiven (zu-verstehen vorgegebenen) Verheißung aber kann nur deren Umsetzung in eine angemessene subjektive Erwartung sein, deren Angemessenheit

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