Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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sollte.

      Was dir Herr von Wolmar über die Dinge gesagt hat, die er schon vor eurer Verheiratung erfahren hatte, überrascht mich nicht sehr: du weißt, daß ich immer dergleichen vermuthet habe, und ich will dir noch obenein sagen, daß mein Verdacht sich nicht auf eine Geschwätzigkeit von Seiten Babi's beschränkte. Ich habe niemals glauben können, daß ein gerader und wahrer Mann, wie dein Vater, der zum wenigsten selber Verdacht hatte, es sollte über sich gewonnen haben, seinen Schwiegersohn und Freund zu hintergehen, daß er wohl nur deshalb so sehr in dich gedrungen haben mochte, zu schweigen, weil es etwas sehr Verschiedenes war, ob die Entdeckung von seiner oder deiner Seite ausging, und daß er ohne Zweifel der Sache eine Wendung geben wollte, die weniger geeignet war, Herrn von Wolmar zurüchzuscheuchen, als die, welche du, wie er wohl einsah, nicht unterlassen haben würdest ihr zu geben. Aber ich muß deinen Expressen zurückschicken; wir werden über das Alles in vier Wochen mit mehr Muße sprechen.

      Adieu, Cousinchen; genug der Predigerin gepredigt; nimm dein altes Gewerbe wieder vor, und aus Ursachen. Es macht mich ganz unwirsch, daß ich noch nicht bei dir sein kann. Ich bringe aus Hast alle meine Geschäfte durch einander und weiß kaum, was ich thue. Ach, Chaillot, Chaillot! .... wenn ich weniger toll wäre! .... aber ich hoffe es immer zu bleiben.

      N. S. Apropos! ich vergaß deiner Hoheit mein Compliment zu machen. Sage mir doch, ich bitte dich, ist dein erlauchter Herr Gemahl Hetmann, Knees oder Bojare? Was mich betrifft, ich würde zu fluchen glauben, wenn man dich gnädigste Frau Bojarin [Frau von Orbe wußte vermuthlich nicht, daß die beiden ersten Namen in der That hohe Titel sind, der letztere aber einen bloßen Edelmann bezeichnet.] tituliren müßte. Ach, armes Kind, du, die so viel geseufzt hat, daß sie als gnädiges Fräulein geboren, da hast du nun das Pech, die Frau eines Prinzen zu sein! Unter uns aber, für eine Dame von so hohem Stande finde ich hast du sehr bürgerliche Skrupel. Weißt du nicht, daß sich das ängstliche Gewissen nur für Leute ohne Geburt schickt, und daß man ein Kind aus gutem Hause auslacht, wenn es Anspruch macht, der Sohn seines Vaters zu sein?

      Vierzehnter Brief.

       Herr von Wolmar an Frau von Orbe.

       Inhaltsverzeichnis

      Ich gehe nach Étange, Cousinchen; ich hatte mir vorgenommen mit bei Ihnen vorzusprechen, aber eine Verzögerung, die Ihretwegen eingetreten ist, zwingt mich zu größerer Eile, und ich will lieber auf dem Rückwege die Nacht in Lausanne bleiben, um einige Stunden mehr mit Ihnen zuzubringen. Doch habe ich Sie über mehrere Dinge um Rath zu fragen, die es zweckmäßig ist, Ihnen vorauszusagen, damit Sie Zeit haben, darüber nachzudenken, ehe Sie mir Ihre Meinung sagen.

      Ich habe Ihnen mein Project in Betreff des jungen Mannes nicht mittheilen wollen, bevor seine Gegenwart die gute Meinung, die ich von ihm hegte, bestätigt hätte. Ich glaube mich nun schon über ihn hinlänglich vergewissert zu haben, um Ihnen unter uns zu vertrauen, daß dieses Project darin bestand, ihm die Erziehung meiner Kinder zu übertragen. Ich weiß sehr wohl, daß es die vornehmste Pflicht eines Vaters ist, sich diese wichtige Sache angelegen sein zulassen; aber wenn es für mich Zeit sein wird, sie zu übernehmen, werde ich zu alt sein: auch besaß ich bei meinem ruhigen und beschaulichen Temperament immer zu wenig eigne Rührigkeit, um die Jugend in Ordnung halten zu können. Uebrigens würde Julie aus dem Grunde, der Ihnen bekannt ist [Dem Leser ist dieser Grund noch nicht bekannt! er wird aber gebeten, sich in Geduld zu fassen.], mich nicht ohne Unruhe ein Geschäft übernehmen sehen, das ich schwerlich nach ihren Wünschen erledigen könnte. Da aus tausend anderen Gründen Ihr Geschlecht nicht geeignet ist, sich damit zu befassen, so wird die Mutter unserer Kinder sich ganz der Sorge widmen, ihre Henriette gut zu erziehen; Ihnen habe ich die Leitung der Wirthschaft zugedacht, nach dem bereits eingeführten Plane, den Sie gebilligt haben; mein Tagewerk wird sein, drei brave Personen mit einander zum Wohle des Hauses wirken zu sehen, und in meinem Alter eine Ruhe zu genießen, die ihr Werk sein wird.

      Ich habe immer bemerkt. daß meine Frau eine große Abneigung haben würde, ihre Kinder bezahlten Händen anzuvertrauen, und ich habe ihre Bedenklichkeit nicht tadeln können. Der ehrenwerthe Beruf eines Erziehers erfordert so viele Talente, die man nicht kaufen kann, so viele Tugenden, die nicht feil sind, daß es vergeblich wäre, einen für Geld zu suchen. Nur in einem Manne von Genie dürfte man hoffen, die Einsichten zu finden, deren ein Lehrer bedarf; nur einem sehr zärtlichen Freunde könnte sein Herz den Eifer eines Vaters einflößen. Das Genie ist aber nicht käuflich, noch weniger die innige Zuneigung.

      Nun schien mir Ihr Freund die wünschenswerthen Eigenschaften alle in sich zu vereinigen; und wenn ich seine Seele richtig erkannt habe, so kann ich mir keine größere Glückseligkeit für ihn denken, als in diesen geliebten Kindern das Glück ihrer Mutter zu schaffen. Das einzige Hinderniß, welches ich voraussehen kann, liegt in seiner Anhänglichkeit an Milord Eduard, die ihm schwerlich erlauben wird, sich von einem Freunde, der ihm so tlheuer ist, und gegen den er so große Verpflichtungen hat, zu trennen, es wäre denn, daß Eduard selbst es forderte. Wir erwarten in Kurzem diesen außerordentlichen Mann, und da Sie viel Macht über seinen Geist besitzen, wenn derselbe anders der Vorstellung entspricht, die Sie mir von ihm beigebracht haben, so könnte ich Sie wohl mit der Unterhandlung der Sache bei ihm beauftragen.

      Sie haben nunmehr, Cousinchen, den Schlüssel meines ganzen Benehmens, das ohne diese Erklärung nur sehr wunderlich erscheinen kann und das, hoffe ich, von jetzt an Ihren und Juliens Beifall finden wird. Der Vortheil, daß ich eine Frau wie die meinige habe, hat es mir möglich gemacht, Mittel zu versuchen, die bei jeder andern unpraktisch wären. Wenn ich sie, in vollem Vertrauen, mit ihrem alten Geliebten, unter keiner andern Huth als der ihrer Tugenden lassen soll, so würde ich unsinnig sein, wenn ich diesen Geliebten in mein Haus aufnähme, ehe ich mich vergewissert hätte, daß er für immer aufgehört habe, es zu sein, und wie hätte ich mich dessen vergewissern können, wenn ich eine Gattin gehabt hätte, auf die sich weniger bauen ließ?

      Ich habe Sie manchmal meine Bemerkungen über Liebe belächeln sehen; jetzt habe ich zufällig Mittel in Händen, Sie zu beschämen. Ich habe eine Entdeckung gemacht, die weder Sie, noch irgend eine Frau auf der Welt, mit aller Subtilität, die man Ihrem Geschlechte beilegt, je gemacht hätte, deren Exidenz Sie jedoch auf den ersten Blick fühlen werden, und die Sie wenigstens für bewiesen achten werden, wenn es mir gelingt, Ihnen deutlich zu machen, worauf ich sie gründe. Ihnen zu sagen, daß meine jungen Leute verliebter sind als je, hieße ohne Zweifel, Ihnen kein Wunder melden. Ihnen im Gegentheil versichern, daß sie vollkommen geheilt sind, Sie wissen, was Vernunft und Tugend vermögen: es wäre auch dies nicht das größte ihrer Wunder. Aber daß diese beiden Gegensätze zu gleicher Zeit wahr sind, daß sie mehr als je für einander brennen, und daß zwischen ihnen nur noch eine ehrbare Anhänglichkeit besteht, daß sie fort und fort Liebende sind, und doch nichts anders mehr als Freunde, dies denke ich, wird Ihnen unerwarteter kommen, wird Ihnen schwerer zu begreifen sein, und ist doch nur die lautere Wahrheit.

      Daher das Räthselhafte in den häufigen Widersprüchen, die Sie an ihnen bemerkt haben müssen, sowohl in ihren Reden, als in ihren Briefen. Was Sie Julien in Betreff des Porträts geschrieben haben, hat mehr als alles Uebrige dazu gedient, mir das Geheimniß aufzuklären und ich sehe, daß sie immer in gutem Glauben sind, auch indem sie sieh unaufhörlich selbst widersprechen. Wenn ich sage: sie, so meine ich vornehmlich den jungen Mann; denn was Ihre Freundin betrifft, so kann man nur vermutungsweise sprechen. Ein Schleier von Verständigkeit und Sittsamkeit faltet sich so reich um ihr Herz, daß es dem menschlichen Auge, selbst ihrem eigenen, nicht möglich ist, hindurchzudringen. Das Einzige, was mich vermuthen läßt, daß sie noch einen Rest von Mißtrauen gegen sich selbst zu überwinden habe, ist der Umstand, daß sie unablässig in sich forscht, wie sie handeln würde, wenn sie gänzlich geheilt wäre, und doch ganz genau so handelt, wie sie, wenn sie wirklich geheilt ist, nicht besser kann.

      Was Ihren Freund betrifft, der, obwohl tugendhaft,

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