Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Ich bin auf die eben erwähnten Einzelnheiten in Bezug auf die Immoralität der Wilden273 eingegangen, weil einige Schriftsteller neuerer Zeit eine sehr hohe Meinung von der moralischen Natur derselben geäußert oder die meisten ihrer Verbrechen einem mißverstandenen Wohlwollen zugeschrieben haben.274 Diese Schriftsteller scheinen ihre Folgerungen darauf zu gründen, daß die Wilden diejenigen Tugenden besitzen, welche für die Existenz einer Familie und einer Stammesgemeinschaft von Nutzen oder selbst nothwendig sind, – Eigenschaften, welche sie unzweifelhaft und oft in einem sehr hohen Grade besitzen.
Fußnote
265 s. einen guten Aufsatz in der »North British Review«, 1867, p. 395; vgl. auch W. Bagehot's Abhandlungen über die Bedeutung des Gehorsams und des Zusammenhaltens für den Urmenschen in »The Fortnightly Review« 1867, p. 529 und 1868, p. 457 u. s. w.
266 Die ausführlichste Erörterung dieses Punktes, welche ich gefunden habe, findet sich bei Gerland, Über das Aussterben der Naturvölker. 1868. Ich werde aber auf den Kindesmord in einem späteren Artikel zurückzukommen haben.
267 s. die sehr interessante Discussion über den Selbstmord in Lecky's History of European Morals. Vol. I. 1869, p. 228. In Bezug auf Wilde theilt mir Mr. Winwood Reade mit, daß die Neger in West-Afrika häufig Selbstmord begehen. Es ist bekannt, wie verbreitet er unter den unglücklichen Eingeborenen von Süd-Amerika nach der spanischen Eroberung war. In Bezug auf Neu-Seeland s. die Reise der Novara, und in Bezug auf die Aleuten s. Müller, den Houzeau citiert. Facultés Mentales etc. Tom. II, p. 136.
268 s. Bagehot, Physics and Politics. 1872, p. 72.
269 s. z. B. Hamilton's Erzählung von den Kaffern: Anthropological Review, 1870, p. XV.
270 Mr. M'Lennan hat eine gute Sammlung von Thatsachen über diesen Gegenstand gegeben in: Primitive Marriage, 1865, p. 176.
271 Lecky, History of European Morals. Vol. I. 1869, p. 109.
272 Embassy to China. Vol. II, p. 348.
273 Zahlreiche Belege über denselben Gegenstand findet man im VIII. Capitel von Sir J. Lubbock's Origin of Civilisation. 1870.
274 z. B. Lecky, History of European Morals. Vol. I, p. 124.
Schlußbemerkungen. – Die Philosophen der derivativen275 Schule der Moralisten nahmen früher an, daß der Grund der Moralität in einer Art von Selbstsucht läge, neuerdings ist aber das »Princip des größten Glücks« besonders in den Vordergrund gebracht worden. Es ist indeß richtiger von diesem letzteren Princip als von dem Maßstabe des Betragens zu sprechen, und es nicht als das Motiv desselben zu bezeichnen. Nichtsdestoweniger äußern sich alle Schriftsteller, deren Werke ich consultiert habe, mit einigen wenigen Ausnahmen,276 so, als müßte für jede Handlung ein bestimmtes Motiv existieren, und daß dies mit einem gewissen Behagen oder Unbehagen verbunden sein müsse. Der Mensch scheint aber häufig impulsiv zu handeln, d. h. einem Instinct oder einer alten Gewohnheit zu folgen, ohne sich irgend eines Vergnügens bewußt zu werden, in derselben Weise wie wahrscheinlich eine Biene oder Ameise handelt, wenn sie blindlings ihren Instincten folgt. In Fällen äußerster Gefahr, so wenn ein Mensch während eines Feuers ein Mitgeschöpf, ohne einen Augenblick zu zögern, zu retten unternimmt, kann er kaum ein Vergnügen empfinden; und noch weniger hat er Zeit, darüber nachzudenken, was für ein Unbefriedigtsein er später empfinden würde, wenn er nicht jenen Versuch machte. Sollte er nachher über sein Benehmen nachdenken, so würde er fühlen, daß in ihm noch eine impulsive Kraft liegt, welche von der Sucht nach Vergnügen oder Glück weit verschieden ist und diese scheint der tief eingewurzelte sociale Instinct zu sein.
Was die niederen Thiere betrifft, so scheint es viel passender, von ihren socialen Instincten als von solchen zu sprechen, welche sich mehr zum allgemeinen Besten als zum allgemeinen Glück der Species entwickelt haben. Der Ausdruck »allgemeines Beste« kann definiert werden als die Bezeichnung für die Erziehung der größtmöglichsten Zahl von Individuen in voller Kraft und Gesundheit und mit allen Fähigkeiten in vollkommener Ausbildung, und zwar unter den Lebensbedingungen, denen sie ausgesetzt sind. Da ohne Zweifel die socialen Instincte Beider, sowohl des Menschen als der niederen Thiere in nahezu denselben Abstufungen entwickelt worden sind, so würde es, wenn es ausführbar wäre, wohl rathsam sein, in beiden Fällen dieselbe Definition zu benutzen und als Maßstab für die Moral eher das allgemeine Beste oder die Wohlfahrt der Gemeinde als das allgemeine Glück anzunehmen; doch würde diese Definition vielleicht eine Einschränkung wegen der politischen Moral erfordern.
Wenn ein Mensch sein Leben wagt, um das eines Mitgeschöpfes zu retten, so scheint es richtiger hier zu sagen, daß er für das allgemeine Beste oder die allgemeine Wohlfahrt handelt, als zu sagen, daß