Das Science Fiction Jahr 2020. Группа авторов

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Das Science Fiction Jahr 2020 - Группа авторов

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      Anmerkungen

      [1] Charles Fourier: Die Theorie der vier Bewegungen und der allgemeinen Bestimmungen (Théorie des quatre Mouvements), Deutsch von Gertrud von Holzhausen, Wien/Frankfurt am Main 1966, Europäische Verlagsanstalt (S. 190)

      [2] Dietmar Dath: Niegeschichte. Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine, Berlin 2019, Matthes & Seitz Verlag (S. 444)

      [3] Ursula K. Le Guin: »Is Gender Necessary?«, in: Dancing at the Edge of the World, Thoughts on Words, Women, Places, New York 1989, Grove Press (S. 16)

      [4] Ebenda (S. 8)

      [1] Ist das Buch eine Utopie? Das ist es ganz unverkennbar nicht; es bietet keine praktische Alternative zur gegenwärtigen Gesellschaft.

      [2] Um 1967 verspürte ich ein gewisses Unbehagen […] Ich wollte die Bedeutung von Sexualität und die Bedeutung Geschlecht in meinem Leben und in unserer Gesellschaft definieren und begreifen. Ich glaube, dasselbe Bedürfnis veranlasste Beauvoir Das andere Geschlecht und Friedan Der Weiblichkeitswahn zu schreiben, und es brachte gleichzeitig Kate Millett und andere dazu, ihre Bücher zu schreiben und den neuen Feminismus zu begründen. Aber ich war keine Theoretikerin, keine politische Denkerin oder Aktivistin, keine Soziologin. Ich war und bin Verfasserin von Literatur. Und so drückte ich meine Gedanken in einem Roman aus.«

      Aşkın-Hayat Doğan

      Muslimische Figuren in Mainstream Science Fiction?

      Vor ein paar Jahren machte ein »lustiges Bild« in den sozialen Medien und WhatsApp-Gruppen die Runde: Eine weiße, gutbürgerliche Kernfamilie, wahrscheinlich aus den 50ern, sitzt am Esstisch. Die Mutter bringt gerade lächelnd das Tablett mit Rostbraten an den Tisch, während der Sohn und die Tochter mit glücklichem Gesichtsausdruck neben dem amüsierten Vater in Anzug und Krawatte am Tisch sitzen. Diese Idylle in Schwarz-Weiß – anscheinend ein altes Werbefoto für irgendwas ganz anderes – wird mit zwei Sprechblasen ergänzt:

      Sohn: »Dad why are there no muslims in Star Trek?«

      Vater: »Because it’s the future son.«

      Hier wird eine Frage aufgegriffen, die ich mir seit meinen Teenagerjahren in den 90ern selbst gestellt habe: Wie kommt es, dass muslimische oder muslimisch gelesene Figuren gar nicht bis sehr selten in den Mainstreamprodukten der westlichen Welt, sprich der USA und Europas, vorkommen? Wenn ich im nicht muslimischen und fast ausschließlich weißen Kolleg*innen und Freund*innenkreis frage, die sich in einem großen Spektrum professionell bis hobbymäßig mit Science Fiction und Fantasy beschäftigen, werden nach kurzem Nachdenken zwei Namen genannt: Bashir aus STAR TREK: DEEP SPACE NINE und Avasarala aus THE EXPANSE – meist noch gefolgt von einem zögerlichen »Vielleicht noch Khan?«.

      Ist das so?

      Doktor Julian Subatoi Bashir ist Chefarzt auf der Raumstation Deep Space 9 aus der gleichnamigen STAR TREK-Serie, die von 1993 bis 1999 ausgestrahlt wurde und im 24. Jahrhundert des STAR TREK-Universums stattfindet. Verkörpert wird die Figur vom sudanesischbritischen Schauspieler Alexander Siddig und Bashirs vermeintlicher Glaube oder eine Religionszugehörigkeit innerhalb der Serie wird nie thematisiert oder offengelegt. Hierbei ist zu erwähnen, dass es vor Serienbeginn kein Charakterkonzept für Bashir gab und erst beim Casting von Siddig, der ursprünglich für die Rolle des Captains Sisko vorgesehen war, anschließend die Rolle des angedachten Doktors von Julian Amoros zu Julian Bashir geändert wurde.

      Chrisjen Avasarala ist die stellvertretende UN-Untersekretärin der Exekutivverwaltung der Erde in der Science-Fiction-Romanreihe THE EXPANSE, die im 24. Jahrhundert unserer Zeit spielt und vom Autorenduo James S. A. Corey erschaffen wurde. Avasarala ist eine indische Frau jenseits der 60 mit tiefer politischer Raffinesse, die in der gleichnamigen Serie THE EXPANSE von der iranisch-amerikanischen Schauspielerin Shohreh Aghdashloo gespielt wird. Laut den Büchern ist Avasarala Buddhistin.

      Khan Noonien Singh ist ein wiederkehrender Gegenspieler in der Welt von STAR TREK, der erstmals 1967 in der Originalserie in Erscheinung getreten ist. Danach trat die Figur erneut in den STAR TREK-Filmen Der Zorn des Khan im Jahre 1982 und Into Darkness 2013 auf. Khan ist ein genetisch manipulierter »Übermensch«, der eine indische Herkunft hat. Er wurde in der Serie und im Film von 1982 vom mexikanischen Schauspieler Ricardo Montalbán und zuletzt 2013 vom britischen Schauspieler Benedict Cumberbatch gespielt. Eine vermeintliche Religion von Khan wurde in STAR TREK-Produkten bisher nicht thematisiert.

      THE EXPANSE

      Marked Muslims

      Bei keiner der drei Figuren wurde je explizit erwähnt, dass sie muslimisch seien. Wie kommt es dann, dass sie den Befragten zuerst in den Sinn kommen, wenn sie über muslimische Figuren in Science Fiction nachdenken – insbesondere wenn die Definition eine*r Muslim*in »Person islamischen Glaubens« oder »Angehörige*r des Islam« ist?

      Bei allen handelt es sich im Vergleich zu den mehrheitlich westlich geprägten menschlichen Figurenensembles in den Serien um »Fremde«: Die angenommene Religionszugehörigkeit wird hier mit einer von der repräsentierten westlich eurozentristischen Norm abweichenden nahöstlichen oder indischen Herkunft verknüpft. Von dieser Assoziation sind nicht nur praktizierende Muslim*innen betroffen, sondern auch Figuren, die aufgrund ihres physischen Aussehens oder Namens – Bashir, Avasarala und Khan – muslimisch markiert werden, unabhängig davon, ob sie es sind oder sich selbst so bezeichnen würden: Sie werden aber als Muslim*innen gelesen. Werden in der realen Welt diese Assoziationen zusätzlich mit negativen Zuschreibungen versehen, die zur Ausgrenzung und Diskriminierung führen, ist die Rede von antimuslimischem Rassismus, wie es bisweilen Kopftuch tragende Frauen und Arabisch sprechende Menschen mit einem nahöstlichen Migrationshintergrund in den westlichen Ländern erleben.

      Screentime vs. Symbolic Annihilation

      Khan ist ein faszinierender Gegenspieler, der in zwei Filmen der Antagonist war, und sowohl Bashir als auch Avasarala sind Hauptfiguren in den jeweiligen Serien – sie haben genug Screentime, um sich mit ihrer Diversität im Gedächtnis des Publikums festzusetzen. Auch wenn sie nicht genuin muslimisch erschaffen wurden, geben die beiden Letztgenannten positive Repräsentationen ab – wenn Zuschauer*innen sie muslimisch lesen würden.

      Der Grund für die Assoziation der Anfangsfrage mit diesen drei Figuren ist die fehlende Repräsentation von muslimischen Figuren in Mainstream-SF aus dem Westen allgemein. Auch wenn gerade in vielen futuristischen Welten postreligiöse oder säkulare Verhältnisse herrschen, sind muslimisch gelesene Figuren – insbesondere in entscheidenden (Haupt-)Rollen eine Rarität.

      In einer Welt, in deren Beschreibung oder visueller Darstellung eine bestimmte Gruppe Menschen – in unserem Beispiel Muslim*innen – nicht vorkommt, liegt der Schluss nahe, dass sie in dieser Welt auch nicht existiert oder sie keine nennenswerte Rolle spielt – zumindest so lange, bis sie explizit thematisiert wird.

      Es gibt Welten, in denen das Nichtvorhandensein einer bestimmten Gruppe innerweltlich begründet wird: In vielen Science-Fiction-Settings wird die Abwesenheit von Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen durch einen technologischen Fortschritt erklärt. Oder Ethnien und Nationen wurden durch erdumfassende Kriege und Seuchen ausgelöscht. Doch eine innerweltlich fehlende, kohärente Erklärung für das völlige

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