Politische Justiz. Otto Kirchheimer

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Politische Justiz - Otto Kirchheimer

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sie, die zahlreichen geringeren Vergehen gegen die Staatsautorität (und auch gegen ihr generelles Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung) unterschieden werden.14 Die Französische Revolution, die dem politischen Menschen Freiheit brachte, indem sie ihm volle Teilnahme am politischen Leben zubilligte, bürdete dem Individuum neue Verpflichtungen auf: Sie verlangte von ihm Treue zu den jeweiligen politischen Visionen der Mehrheit und Wohlverhalten gegenüber den entsprechend interpretierten Sicherheitserfordernissen des Staates. Zum Wirbel des Revolutionsgeschehens musste wenigstens ein gewisser, wenn auch noch so kleiner Abstand gewonnen werden, ehe sich ein noch so labiler Ausgleich zwischen politischer Freiheit und Ansprüchen der Staatssicherheit herstellen ließ.

      Das 19. Jahrhundert, das mit Angstreaktionen auf die Französische Revolution begonnen hatte, zeigte sich dennoch denen gegenüber, die von der geltenden politischen und sozialen Norm abwichen, in zunehmendem Maße nachsichtig. Und keineswegs insgeheim oder auf Umwegen. Das Recht der Menschen, die Grundlagen der bestehenden politischen Gebilde in Zweifel zu ziehen, wurde nach und nach, wenn auch bisweilen in unsteten Sprüngen, offen anerkannt.

      Eindeutig kam die Trennung der Verbrechen gegen den Fürsten von anderen politischen Delikten, die sich bereits in Preußens Allgemeinem Landrecht von 1786 (1794 in Kraft gesetzt) abgezeichnet hatte, im Code Napoléon zum Ausdruck, der der revolutionären Gesetzgebung von 1791 den letzten Schliff gab. Eine weitere Verfeinerung fand das neue Prinzip in den Schriften Anselm Feuerbachs. Auf Bemühungen um die gesonderte Klassifizierung der verschiedenen Kategorien politischer Delikte folgten schließlich Vorstöße gegen die wiederholten Versuche der Regierenden, die Gerichte für den Abwehrkampf gegen den Vormarsch »umstürzlerischer« Ideen zu mobilisieren. In seinen vielgelesenen Schriften Des Conspirations et de la Justice politique (1821) und De la Peine de Mort en Mutière politique (1822) warnte namentlich François Guizot, Historiker, Staatsbeamter und später Minister Ludwig Philipps, die Inhaber der Regierungsgewalt davor, die eigene Führungsaufgabe mit der ganz andersartigen Aufgabe der Gerichte zu vermengen, die darin bestehen sollte, konkrete Beschuldigungen aus Anlass strafbarer Handlungen – nicht aus Anlass anstößiger Meinungen – zu prüfen. Zunehmend regelte die rechtsstaatliche Ordnung die Ausübung der politischen Macht, und als strafbar wurden vorwiegend nur noch Handlungen angesehen, die einen gewaltsamen Angriff auf die Gesamtstruktur dieser Ordnung darstellten.

      Unter einer Voraussetzung wird somit die Umgestaltung der verfassungsmäßigen Ordnung zum legitimen Vorhaben: Zur Erreichung des angestrebten Ziels dürfen ausschließlich legale Mittel angewandt werden. Schon im 19. Jahrhundert wurde politischen Gruppierungen in größerem Maße erlaubt, sich auf eine totale Umwandlung der bestehenden Ordnung zu orientieren. Solange sie sich an die vorgeschriebenen Mittel der Neugestaltung hielten und sich nicht in den Bannkreis der Gewalt hineinziehen ließen, wurde der Ummünzung der Gedanken in Propaganda ein gewisses Maß

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