Verlorene Zeiten?. Группа авторов

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das Wohnungsbauprogramm intensiviert; der Schwerpunkt lag dabei auf Neubaugebieten.

       10 Hermann Henselmann (1905–1995) prägte maßgeblich den Städtebau der DDR der 1950er und 60er Jahre. Er war u.a. in Berlin am Entwurf der Stalinallee und des Hauses des Lehrers beteiligt. Bis 1972 stellvertretender Direktor des Instituts für Städtebau und Architektur der Bauakademie.

       11 Wolfgang Junker (1929–1990) war von 1963 bis 1989 Minister für Bauwesen in der DDR.

       12 Beuchel hat 1974 erneut geheiratet.

       13 Seit dem Amtsantritt Erich Honeckers 1971 wurden in einigen Städten der DDR – vor allem in Ostberlin – einzelne Altbaubestände aufwändig restauriert.

       14 ,Technische Normen, Gütevorschriften und Lieferbedingungen‘, von 1955 bis 1990 die Entsprechung westdeutscher DIN-Norm.

      Hans Modrow

      „Geschichte, an der ich teilhabe.“ - Hans Modrow, geboren 1928

      Ein lebensgeschichtliches Interview mit Hans Modrow? Der 80-jährige hat seine politischen Memoiren ,Ich wollte ein neues Deutschland‘ bereits 1998 verfasst. Nur widerstrebend erklärte er sich zu einem Gespräch bereit. Als Vorsitzender des Ältestenrates der LINKEN hat er einen vollen Terminkalender, möchte in der Gegenwart politisch wirken, anstatt ein weiteres Mal über sein Leben in der DDR zu berichten.

      An Modrow als einen Hoffnungsträger in der späten DDR kann ich mich selbst noch aus Diskussionen in meiner Familie während der ,Wende‘ erinnern. Schon vor 1989 galt er als Mann der Perestroika, als deutscher Gorbatschow. In der Revolutionszeit ersetze er die unglaubwürdige SED-Führung unter Egon Krenz und bildete eine ,Regierung der nationalen Verantwortung‘. Er suchte Kontakt zu Oppositionellen und machte Bürgerrechtler zu Ministern. Vor dem Interview bereitet mir diese Erinnerung Unbehagen, könnte sie doch eine fehlende Distanz zu meinem Gesprächspartner erzeugen – eine Distanz, die mir andererseits notwendig erscheint: Schließlich kam Modrow doch selbst aus dem tiefsten Inneren des SED-Regimes. Für seine Karriere in der DDR hatte er den Kontakt zu seiner Familie im Westen abgebrochen. Sein Weg führte über Funktionen in der FDJ, der Berliner SED-Leitung bis hin zum Zentralkomitee der SED. 1973 wurde er Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED in Dresden. Als der einflussreichste Lokalpolitiker im Bezirk übte er dabei gelegentlich auch Kritik an den Beschlüssen des Politbüros. Erst 1989 kehrte er wieder nach Berlin und ins Machtzentrum der DDR zurück: Er wurde ihr vorletzter Ministerpräsident.

      Aus dem Repräsentanten des untergegangenen Staates ist im vereinten Deutschland ein umstrittener Politiker geworden, der in der Bundesrepublik unter anderem wegen Beteiligung an Wahlfälschungen in der DDR verurteilt worden ist. Seit den ersten freien Wahlen der DDR im Frühjahr 1990 arbeitet Modrow in der linken Opposition, vertritt die Interessen der Ostdeutschen – so wie er sie versteht. Kritik an den Verhältnissen in der DDR begegnet er mit dem Hinweis, dass es auch heute noch Unrecht zu bekämpfen gelte.

      Als ich morgens Hans Modrows Wohnung in einem Plattenbau in Berlin-Mitte betrete, geht gerade der erste Gast des Tages. Modrow bittet mich in ein schlicht eingerichtetes Arbeitszimmer. Auf dem Tisch das ,Neue Deutschland‘, Stapel von Papieren und Büchern liegen vor überfüllten Bücherregalen. In einem hängt ein Wimpel mit dem 1989er-Slogan ,Keine Gewalt‘. Wir haben nur knapp zwei Stunden Zeit, und Modrow beginnt zu sprechen: anhaltend und ausdauernd, mit seiner bekannten heiseren Stimme. In der Erzählung nimmt mein Gesprächspartner die eigene Rolle stark zurück: Der ,Pflichtmensch‘ bindet sein Leben an sachliche Umstände. Am Ende bin ich doch überrascht, denn auch als ,Reformer‘ möchte Modrow nicht gesehen werden …

      „Zunächst einmal der Krieg.“

      Sie sind 1928 in einem kleinen Dorf in Pommern aufgewachsen. Was hat Sie in Ihrer Kindheit und Jugend geprägt?

      Sie haben eine Ausbildung zum Maschinenschlosser gemacht.

      Ja, mein berufliches Leben begann mit 14 Jahren. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. In unserem ersten Lehrjahr mussten wir den so genannten Lehrgang „Eisen erzieht“ durchlaufen. Die Gesellen sollten auf uns erzieherisch Einfluss nehmen. Sie forderten vor allem Unterordnung. Und wenn man als Jugendlicher sehr geschurigelt wird, dann ist das – völlig unabhängig von der jeweiligen Ideologie – immer damit verbunden, dass man beginnt, sich zu wehren. Eine Aufmüpfigkeit, die noch gar nichts mit Politik zu tun hatte. Denn mir war völlig klar: „Du musst so oder so in den Krieg. Dann lässt du dir das von dem Gesellen nicht mehr gefallen, dass der dir eine Ohrfeige gibt. Oder den Zollstock in den Nacken schmeißt, damit man ihn aufhebt und zu ihm bringt, um sich dann eine Ohrfeige bei ihm abzuholen.“ Das waren schon Methoden, die auch zu den Erziehungsmethoden der Nazis gehörten. Da begann dann bei mir einfach der Widerstand. Das war nicht im Geringsten gegen die Naziideologie gerichtet. Sondern das war ein Widerstand, den man als junger Mensch demjenigen entgegensetzt, der einen in dieser Weise schurigeln will.

      Was hat Sie motiviert, bei der Hitlerjugend mitzumachen?

      Sie sprechen viel vom Krieg, aber wenig über Eltern und Familie. Wollen Sie das nicht?

      Nein, das macht keinen Sinn. Meine Familie ist ja nach dem Krieg in die Nähe von Hamburg gezogen, und ich habe mich nach meiner Kriegsgefangenschaft entschieden, in der sowjetischen Besatzungszone zu bleiben. Und dadurch, dass ich also ab meinem 17. Lebensjahr mit Eltern und Geschwistern kaum Kontakt hatte, sind die früheren Erlebnisse und Erinnerungen zu sehr überlagert. Das ist weg. Und man beginnt darüber nachzudenken, ob man in der Erinnerung dann dem gerecht wird, was eigentlich damals unmittelbar war. Ich möchte nicht Erinnerungen vermitteln, für die ich selber nicht mehr einstehen kann. Ich weiß wenig über meine Eltern: Meine Mutter kam aus Pommern aus dem Arbeitermilieu; sie hieß Krause, aber mehr weiß ich nicht. Der Vater war, das weiß ich aus dem Erzählen,

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