Nixentod. Thomas L. Viernau

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Nixentod - Thomas L. Viernau

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saßen sie sich am Tisch gegenüber.

      Er hatte Tee zubereitet. Jeder hielt sich an seiner Tasse fest, als ob es sonst keinen Halt mehr gäbe. Zach spürte, dass ein Bruch durch die Beziehung ging, der nicht mehr zu kitten war, aber er wollte sich diese bittere Erkenntnis nicht eingestehen.

      Zu sehr hing er noch dieser Illusion einer glücklichen Zeit zu zweit nach. Er schaute ihr in die Augen, die sonst immer seinen Blick erwidert hatten und ihn mit einem wohligen Schauer in die Gewissheit versetzt hatten, grenzenlos geliebt zu werden.

      Jetzt war der Blick verhuscht, etwas war erloschen. Er spürte auch, dass Karolin ihm etwas verheimlichte. Ein Gespräch wollte nicht so recht zustande kommen. Seine Kehle schnürte sich immer mehr zu, je länger er so saß und sie beobachtete. Ihr schien dieses Sitzen am gemeinsamen Tisch sichtliches Unbehagen zu bereiten.

      Die Unruhe, die von ihr ausging, übertrug sich auch auf Zach. Er sprang schließlich auf, konnte sich nicht mehr beherrschen.

      »Was hast du gemacht! Bist du dir sicher, dass du das so willst?« Sie schwieg, schaute kurz mit einem seltsamen Blick zu ihm auf und zog sich innerhalb eines Sekundenbruchteils noch weiter in sich selbst zurück.

      Etwas schien von ihr Besitz ergriffen zu haben, dessen sie sich selber noch gar nicht so richtig bewusstgeworden war. Sie wirkte wie ein gehetztes Tier, welches in die Ecke getrieben worden war.

      Zach merkte, dass er mit seinen lauten Vorwürfen nichts bewirkte, schüttelte den Kopf und verließ die Küche.

      Er musste raus aus der Wohnung, er brauchte andere Luft und andere Gedanken. Innerhalb weniger Stunden war sein persönliches Glück in sich zusammengefallen wie ein marodes Haus. Und er saß mitten drin, ohne eine Möglichkeit, den Zusammenbruch aufhalten zu können.

      Wortlos schnappte er sich seine karierte Winterjacke, knallte die Tür hinter sich zu und stürmte die Treppenstufen hinab. Im Kopf drehte es sich bloß noch.

      Dauernd erschien das »Warum?« vor seinem inneren Auge. Er suchte sein Auto, einen großen, dunkelblauen Kombiwagen. Etwas Vertrautes ging für ihn von seinem Wagen aus. Er fuhr oft damit durch die Stadt, wenn er seinen Kunden Ware auslieferte oder selber Waren abholte von den Speditionslagern. Hier drinnen fühlte er sich stets geborgen. Wenn die Wagentür ins Schloss fiel und der Stadtlärm schlagartig abebbte, atmete er stets tief durch. Der Stress baute sich automatisch ab. Auf diesen Effekt hoffte Zach auch jetzt wieder. Just in dem Augenblick, als er einsteigen wollte, klingelte in seiner Jackentasche das Handy. Etwas unwillig kramte er es hervor.

      Eine helle Kinderstimme ertönte: »Papa, wann kommst du? Ich warte schon auf dich ...«

      Natürlich, Adrian, sein kleiner Sohn wartete auf ihn. Heute sollte er ihn bei seiner Exfrau abholen, um die restlichen Ferientage bei ihm und Karolin zu verbringen, auch Silvester wollte er mitfeiern.

      »Ich bin schon auf dem Weg zu dir. Mach dich schon mal fertig und pack deine Sachen zusammen...«, antwortete er betont fröhlich.

      Er startete seinen Wagen und fuhr los Richtung Ostteil der Stadt, wo er früher gelebt hatte und wo jetzt noch seine Exfrau mit dem Jungen lebte. Sieben Jahre war diese Trennung nun schon wieder her. Damals brach für Zach ebenfalls eine Welt zusammen. Die Frau, die er liebte, mit der er den mühsamen Weg der Nachwendezeit bewältigt hatte und mit der er einen Sohn hatte, den er abgöttisch liebte, wandte sich ab von ihm.

      Ihr war die Karriere wichtiger geworden als die Familie. Zach hatte damals hilflos mit ansehen müssen, wie die Beziehung nach und nach zerbröckelte. Er war unfähig, der Erosion etwas entgegenzusetzen, verfiel in ein depressives Grübeln. Es wurde kaum noch mit einander geredet. Er war jedes Mal froh, wenn er die Wohnung verlassen konnte, und gruselte sich schon vor dem Abend, wenn er in die Welt des Schweigens zurückkehren musste. Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und lief davon. Er begann dann wieder beim Punkt Null und baute sich ein neues Leben auf.

      Anfangs war es schwierig, das Leben so allein zu meistern. Hinzu kam, dass der Kleine damals erst zwei Jahre alt war. Sonntagnachmittags holte er ihn ab und brachte ihn, kaum ein Wort mit seiner Exfrau wechselnd, abends wieder zurück. Meist ging er mit dem Kleinen auf einen Spielplatz oder, wenn das Wetter schön war, in den Zoo.

      Er sehnte diese Sonntagnachmittage herbei, freute sich die ganze Woche darauf. Dann überschüttete er den Kleinen mit Spielsachen und anderen kleinen Geschenken. Irgendwie hatte er dem Jungen gegenüber stets ein schlechtes Gewissen. Er war ja schließlich davongelaufen.

      Es hatte lange gedauert, bis er sich aus diesem Tal herausgearbeitet hatte. Dann hatte er vor drei Jahren diese Begegnung, die sein Leben auf einem Schlag veränderte. Er glaubte bis dahin nicht an Liebe auf den ersten Blick, aber als er diese Frau dann sah, war es um ihn geschehen.

      Sie strahlte ihn an und er lächelte scheu zurück. Das war der Beginn einer wunderbaren Liebe. Zach fühlte sich plötzlich wieder auf der Sonnenseite. Schnell waren er und Karolin sich einig.

      Man zog zusammen. Sie lebte damals mit ihrer Mutter zusammen. Es war eine recht eigenartige Wohngemeinschaft, die sie damals hatte. Die Mutter, eine etwas wunderliche, aber herzensgute Frau, bekochte ihre Tochter, kümmerte sich um die Wäsche, half ihr bei finanziellen Engpässen und fütterte die beiden Katzen, die eigentlich Karolin gehörten.

      Als Gegenleistung ließ Karolin ihre Mutter an ihrem Leben teilhaben, indem sie ihr jeden Abend ausführlich berichtete, was so alles passiert war. Diese Abendgespräche waren das Lebenselixier für die Mutter. Tagsüber, wenn Karolin in der Stadt unterwegs war, traf sie sich mit anderen älteren Damen zum Kaffee oder sie frönte ihrer Leidenschaft, nähte aus allen möglichen Stoffresten Taschen und bastelte Püppchen. Eigentlich auf den ersten Blick ein harmonisches Miteinander.

      Aber Karolin fühlte sich unglücklich in dieser Wohngemeinschaft. Sie wollte hinaus ins Leben und nicht versauern in der etwas plüschigen Welt ihrer Mutter. Es kam daher auch immer wieder zu Auseinandersetzungen. Meistens jedoch musste sie einlenken, denn wirtschaftlich war sie eben von ihrer Mutter abhängig. Aus dieser Ohnmacht wurde sie erst durch Zach befreit.

      Jetzt hatte sie endlich einen triftigen Grund, diese eigentümliche Wohngemeinschaft auflösen zu können. Ihrem persönlichen Glück konnte sich ihre Mutter nicht entgegenstellen, dass wusste sie. Innerhalb von nur zwei Monaten hatte sich alles geregelt.

      Durch einen Zufall war die Nachbarwohnung frei geworden. So blieb Karolin noch in unmittelbarer Nähe zur Mutter, konnte aber endlich in einer eigenen Wohnung leben. Die große Altbauwohnung wurde in kurzer Zeit von den beiden renoviert und eingerichtet. Zach war glücklich. Auch sein kleiner Sohn Adrian kam wunderbar mit Karolin zurecht. Sie hatte keine eigenen Kinder.

      Irgendetwas schien bei ihr nicht zu funktionieren. Sie schob es auf ihre wilde Zeit als anarchistische Weltverbesserin. Damals hatte sie in München jede Demo mitgemacht, war bei den AKW-Gegnern engagiert und kettete sich an Schienen bei Castor-Transporten. Die bayrische Polizei war in den Achtziger Jahren rigoros gegen solche Störenfriede vorgegangen.

      Sie erzählte etwas von Reizgas und anderen chemischen Keulen, die da zum Einsatz gekommen sein sollten und wovon sie letztendlich unfruchtbar geworden sei. Zach staunte nur, konnte aber mit all diesen Dingen nicht viel anfangen. Er war im Osten aufgewachsen und damit abgeschirmt von all diesen Kämpfen, welche die Bundesrepublik damals erschütterten. Zumal er sich seine Karolin nur schwer als anarchistische Barrikadenkämpferin vorstellen konnte.

      Endlich hatte sein Traum von einer intakten und glücklichen Familie sich verwirklicht. Dafür hatte er vieles getan.

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