Der geistige Weg zum Überleben. Brunhild Börner-Kray
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Das Bewusstsein reagiert entsprechend der Situation des Augenblicks. Wenn wir mit einer geistigen Verwirklichung beschäftigt sind oder andächtig beten, hebt es sich über alle negativen Berührungen und Disharmonien hinaus. Doch wie leicht wird es wieder durch die geringste innere und äußere Suggestion hinabgeführt.
Bis zu einem gewissen Grade vermögen wir es, die begrenzende Sphäre mit dem Bewusstsein zu verlassen. Wenn wir uns voll und ganz mittels Musik, Schilderungen oder Lektüre beispielsweise auf eine herrliche Landschaft konzentrieren, betreten wir für die Dauer eines Augenblicks jene Landschaft, durch deren Besuch im Geiste wir eine Bewusstseinserweiterung erfahren. Das Bewusstsein nimmt all die Schönheit auf. Die geringste Veränderung oder Bewegung im Physischen jedoch holt das Bewusstsein wieder in seine engen Grenzen zurück. Wir alle haben diesen Augenblick sicher schon erlebt.
Unser Bewusstsein ist unser unsterblicher Schatz. Es ist der Teil unseres Wesens, der den vielfältigen Wechsel von Inkarnationen und physischer Auflösung überdauert, und darum ist seine Entfaltung und Ausweitung die wichtigste Aufgabe.
Weil wir unsterbliches Bewusstsein haben, erleben wir auch alle Stationen unserer kosmischen Evolution, ganz gleich, ob wir uns im physischen Körper bewegen oder diesen abgelegt haben und auf einer anderen Ebene existent sind, bewusst. Das Bewusstsein ist immer dort, wo unsere Seele, wo unsere Feinstofflichkeit ist. Wem das ganz klar geworden ist, kann vor dem Ablegen des Körpers, dieser uns so begrenzenden Hülle, keine Angst und Scheu mehr haben.
Immer und immer wieder sollten wir unser Bewusstsein in Sphären der Vollkommenheit weilen lassen. Wir sind das, was unser Bewusstsein offenbart. Wir sind dort zu Hause, wo unser Bewusstsein weilt. Und jener Himmel nimmt uns auf, der unserem Bewusstseinszustand entspricht. Darum tragen wir das Himmelreich in uns, wie Christus sagte.
Unsere unsterbliche Individualität ist unseren grobstofflichen Augen nicht sichtbar, aber dass wir Bewusstsein haben, können wir nicht leugnen, denn ohne Bewusstsein könnten wir nichts in Erfahrung bringen, weder die äußere Welt, weder Liebe noch Glück und Leid.
Die Weisen und Meister des fernen Ostens z. B. erforschten seit Jahrtausenden die Tiefen des Geistes, wogegen der Abendländer die Materie untersuchte. Die Meister suchten in unermüdlichem Ringen nach dem Urgrund ihres Seins, um zu erfahren: „Wer bin ich, woher komme ich und wohin gehe ich?" Ihr Bewusstsein erlebte eine Weitung, und sie bekamen die Urgründe ewiger Wahrheit zu schauen. Ihr sich daraus ergebendes Wirken ist jedoch für einen Materialisten unerklärlich. Geheimnisvoll erscheint aber nur das, was nicht genügend erklärt ist. Richtig verstanden erweisen sich alle ungewöhnlichen Geschehnisse als natürlich und im Einklang mit dem geistigen Gesetz.
Wenn wir den echten Bezug zu unserer wahren Natur haben, treffen wir unsere Entscheidungen mit der Intuition und nur zum Teil mit dem Verstand. Intuition ist die Quelle der Wahrheit, und darum sagt sie uns das Rechte. Sie kann sich nicht irren, weil diese andere Seinsform, wie Eccles sie nennt, die in der Sprache der Geisteswissenschaft und Yoga-Philosophie auch als das Höhere Selbst bezeichnet wird, Göttlicher Natur, Göttlicher Abstammung ist. Das Höhere Selbst gibt uns Antwort auf alle Fragen, wenn wir uns mit ihm identifizieren. Dieses ist ohne Zweifel nicht einfach, und es dauert eine geraume Zeit, bis wir den Prozess des Umdenkens gelernt haben von Vergänglichkeit auf Unsterblichkeit. Wenn wir oft am Tage den Geist auf diese Tatsache richten, wird unser Leben manche Änderungen erfahren. Die Schwierigkeiten des Lebens verblassen nach und nach, weil die Aufmerksamkeit viel mehr auf das Wesentliche gerichtet wird. Krankheiten und Unbehagen schwinden, weil unsere Intuition so stark wird, dass wir nur aus ihr handeln und fühlen. Wir erfahren eine Bewusstseinserweiterung, die uns wiederum zu beglückenden Erkenntnissen führt. Keine Frage bleibt auf die Dauer ohne Antwort. Um dieses alles zu erfahren, brauchen wir täglich eine Zeit der Stille, um des Höheren Selbst gewahr zu werden. Am Abend, ehe wir uns zur Ruhe begeben, sollten wir alle Konzentration auf uns selbst richten und dieses immer wieder tief empfinden, dass wir nicht der Körper sind, sondern erleben und wissen, dass unser wahres Wesen ewiger Natur ist. Und dessen sollten wir uns dann auch am Tage erinnern, damit die Aufmerksamkeit mehr und mehr vom Körper abgezogen wird und wir uns immer tiefer in die eigene Wirklichkeit, in unser individuelles Bewusstsein einfühlen können.
Intuition ist ein Aspekt unserer wahren Natur, unabhängig von der Gehirnfunktion. Jeder hat sicher schon Erfahrungen darin gemacht, wenn auch unbewusst. Geht es um eine Entscheidung, so öffnen sich manchmal mehrere Möglichkeiten. Die erste Entscheidung kommt in der Regel aus dem Bereich der Intuition. Dann schaltet sich der Verstand ein und dieser sagt oft etwas anderes. Meistens folgen wir dem Verstand, und oft hat es sich erwiesen, dass dies nicht die rechte Entscheidung war, die getroffen wurde, und dann sagen wir: „Der erste Gedanke war der richtige." Es war aber nicht ein konstruierter Gedanke, sondern die Reaktion unseres Bewusstseins, das intuitive Impulse an das Gehirn als Offenbarungswerkzeug weitergegeben hatte. Wer eine enge Verbindung zu seinem Höheren Selbst hat und die geistigen Zusammenhänge und Gesetze kennt, arbeitet auch bewusst auf der mentalen Ebene, unabhängig von der Gehirntätigkeit, wie Eccles es in seinen Forschungen darlegt. Nur jemand, der sich mit seinem höheren Bewusstsein identifiziert, kann die feinen Unterschiede erkennen, ob er auf der mentalen oder auf der physischen Ebene, also mit dem Verstand, arbeitet. Wer es vermag, auf der Ebene seiner höheren Seinsform zu arbeiten, dem bleibt keine Frage offen.
Um aber Antwort auf Fragen zu erhalten, ist es wichtig, dass man sich auf das höhere Bewusstsein konzentriert und sich durch einen rhythmischen Atem von störenden Gedanken befreit: denn um die Antwort aus dem höheren Bewusstsein zu erhalten, muss es ganz still in uns sein, um jene Sprache des Geistes zu verstehen.
Nach den Erkenntnissen Eccles dürfte es sich in manchen Fällen von „Geisteskrankheit" so verhalten, dass nicht der Geist, sondern das Gehirn als physisches Offenbarungswerkzeug des Geistes defekt ist. Ob Geist als Energieform überhaupt erkranken kann, muss nach den Erkenntnissen Eccles in Frage gestellt werden. Ein materiell ausgerichtetes Denken, das nur Diesseits bezogen ist und auf Vergänglichkeit aufbaut, muss zu unrichtigen Rückschlüssen führen. Aufgrund der Eccleschen Erkenntnis wird das in Zukunft sicher anders werden. Sie ist für die Entwicklung der Menschheit von noch unübersehbarer Bedeutung. Unter anderem führt sie zu der segensvollen Erkenntnis, dass Religion, Wissenschaft, Geisteswissenschaft und Philosophie in Zukunft keine getrennten Wege mehr gehen dürfen. Sie sind untrennbar und müssen Hand in Hand miteinander vorwärtsgehen, ohne dass eine die andere belächelt und nicht ernst nimmt, wie es bislang der Fall war. Dann erst kann für die Menschheit ein wahrer geistiger Fortschritt daraus erwachsen.
Wirkliche Intelligenz ist Weisheit, ist Erkenntnis aus unserem Höheren Selbst, aus unserem ewigen Bewusstsein, das niemals etwas Unrichtiges hervorbringen kann. Fehlerhafte Gedanken kommen von Eindrücken, die dem Verstand von der Außenwelt aufgezwungen werden.
Könnte der Mensch scharf unterscheiden zwischen den Gedanken seines Höheren Selbst und jenen, die durch die Scheinwelt der Sinne ausgeschickt werden, so könnte er alle Tätigkeiten seiner Erfahrungswelt, die Missklänge und Unvollkommenheiten hervorbringen, vermeiden.
Das Chaos auf unserer Welt hat seine Ursache darin, dass der Mensch aus der Einheit von Körper, Seele und Geist herausgefallen ist. Durch das Eintauchen in die Materie ist nur die Verstandesseite, der Intellekt entwickelt worden und dadurch hat er sich von seiner ewigen Natur, von seinem Ursprung abgenabelt, die er mit seinem hochgezüchteten Verstand nicht zu erfassen vermag.
Wir müssen nachholen, was wir versäumten und zwar die geistig-seelische Seite unseres Seins wieder entwickeln. Ist dieser Aspekt mit der Verstandesebene in Einklang, dann ist der Mensch auch nicht mehr fähig