Ehrenmord ist kein Aprilscherz. Manfred Eisner

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Ehrenmord ist kein Aprilscherz - Manfred Eisner

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Frauenhaus in Itzehoe! Das ist eine gemeinnützige Organisation für Frauen, die bedroht werden und sich in Not befinden. Notiere dir die Telefonnummer. Hier findest du sie auf der Homepage, wenn du diesen Notbutton anklickst. Da steht auch, du brauchst dich nur dort zu melden, denen sagen, wo du bist, dann holen sie dich ab! Die Adresse des Frauenhauses ist geheim, also wird man dich dort nicht so schnell finden!«

      »Oh Jörg, ich danke dir, du hast mir wirklich geholfen! Ich wusste, ich kann mich auf dich verlassen!«

      »Ich wünsch dir viel Glück, Amina, alles Gute! Wir werden uns dann wohl für längere Zeit nicht mehr sehen!«, sagt er mit Bedauern in der Stimme, während er sie bis zur Wohnungstür begleitet. Schließlich setzt er hinzu: »Sei vorsichtig, wenn du dort anrufst. Am besten benutzt du ein öffentliches Telefon, damit niemand das Gespräch bis zu dir zurückverfolgen kann. Schalte auch dein Smartphone aus, sodass man dich nicht orten kann, und kauf dir eine dieser anonymen Prepaid-Karten. Sei versichert, von mir erfährt niemand etwas!«

      Amina hat Tränen in den Augen, als sie sich Jörg zuwendet und ihm als Dankeschön einen Kuss auf die Lippen drückt. Dann dreht sie sich rasch um und entschwindet die Treppe abwärts.

      Als Jörg die Tür geschlossen hat und in das Wohnzimmer zurückkehrt, sieht er Aminas schwarzen Hijab, den sie auf dem Sofa liegen gelassen hat. Rasch nimmt er das Tuch und eilt damit auf den Balkon. Gerade sieht er Amina noch unten an der Straßenecke. Er ruft ihr laut hinterher und wedelt aufgeregt mit dem Tuch. Amina blickt hoch, sieht ihn und schüttelt – ein Lächeln auf den Lippen – verneinend den Kopf. Dann winkt sie ihm kurz zu und huscht geschwind um die Ecke.

      Bewegt führt Jörg das Tuch an sein Gesicht, atmet begierig Aminas Duft ein und wischt sich die Träne ab, die ihm über die Wange kullert.

       *

      Rasend vor Wut verflucht Vater Jalil El-Karim die Tochter. Fürchterliche Beschimpfungen und Verwünschungen auf Arabisch ertönen im sonst friedlichen Haus am Eschenweg. Es ist bereits nach zehn Uhr und die renitente junge Frau ist weder zum Abendessen erschienen noch bisher nach Hause gekommen. Die Großmutter und Mutter Akila sitzen im Wohnzimmer auf runden marokkanischen Bodenkissen aus bunt verziertem Ziegenleder und weinen. Walid und Osman sind in der Stadt unterwegs, um Amina zu suchen, während Besna bereits mehrfach auf die Mailbox von Aminas Handy gesprochen und sie angefleht hat, zurückzukommen. Auch alle Bekannten und Freunde wurden bereits angerufen und nach Aminas Verbleib befragt, doch niemand konnte Auskunft geben. Dann kommt Osman ganz aufgelöst nach Hause und berichtet, die Polizei habe soeben Walid verhaftet, weil dieser in der Wohnung der Familie Ewers deren Sohn Jörg tätlich angegriffen habe, um von ihm gewaltsam zu erfahren, wo dieser seine Schwester versteckt halte. Jörg habe gesagt, er wisse von nichts, und sich tatkräftig verteidigt, indem er Walid geschickt mit einem Karateschlag abgewehrt und schließlich die Wohnungstür vor dessen Nase geschlossen habe. Darauf hätte Walid furchtbar randaliert und versucht, die Tür mit rabiaten Tritten aufzubrechen. Der Nachbar von gegenüber alarmierte die Polizei, die Walid überwältigte und in Handschellen abführte.

      Wortlos lauscht der Familienvater den Ausführungen seines Sohnes. »Wo ist der Kombi?«, fragt er nach einer längeren Pause, in der er sich sichtlich bemüht, die Fassung wiederzugewinnen.

      »Vor dem Wohnhaus der Familie Ewers«, antwortet Osman kleinlaut.

      Jalil El-Karim steht auf und zieht sich Schuhe an. Dann holt er seinen Führerschein und den Zweitschlüssel des Mercedes. »Komm, wir gehen!«, sagt er zu Osman. Zeig mir, wo das ist!«

       *

      Vater und Sohn El-Karim klingeln wenig später an der arg lädierten Wohnungstür der Familie Ewers.

      »Guten Abend, ich bin der Vater von Walid, der heute bei Ihnen bedauerlicherweise großen Aufruhr verursacht hat. Ich möchte mich im Namen meiner ganzen Familie für sein unmögliches Verhalten entschuldigen. Selbstverständlich komme ich für den verursachten Schaden auf und bitte Sie inständig, meinem Sohn zu verzeihen. Meine Tochter Amina ist verschwunden, und da wir wissen, dass Ihr Sohn in dieselbe Klasse geht und ihr ziemlich nahesteht, hat Walid etwas über ihren Verbleib erfahren wollen. Er fühlt sich als ihr älterer Bruder für sie besonders verantwortlich und ist wohl deswegen unnötigerweise ausgerastet, was ich zutiefst bedaure. Darf ich dennoch Ihren Sohn fragen, ob er uns darüber etwas sagen kann?«

      »Ich bezweifle, Herr El-Karim, dass Jörg Ihnen nach diesem eklatanten Vorfall überhaupt etwas sagen will!«, antwortet der Vater. »Er ist vollkommen mit den Nerven herunter! Wir haben durchaus Verständnis dafür, dass Sie bezüglich des Verbleibs Ihrer Tochter besorgt sind, aber bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir solche wüsten Gebaren in unserer Gesellschaft weder akzeptieren noch dulden! Auch ich bin Vater und nehme deshalb Ihre Entschuldigung hiermit an. Auch werde ich auf eine Anzeige unter dem Vorbehalt verzichten, dass Sie und Ihre Söhne Jörg in Zukunft in keiner Weise mehr mit dieser Sache behelligen. Die Reparaturkosten für die beschädigte Wohnungstür lasse ich Ihnen zusenden und hoffe, dass damit die Angelegenheit erledigt ist. Guten Abend!«

      »Wie gesagt, dies alles tut mir sehr leid, aber ich habe volles Verständnis und danke Ihnen, Herr Ewers!« Jalil El-Karim nickt. Er und Osman wenden sich ab, um zu gehen.

      Als sie auf halber Treppe auf dem Weg nach unten sind, hören sie plötzlich hinter sich eine jugendliche Stimme – wie sich herausstellt, die von Jörg Ewers: »Und hören Sie doch bitte endlich damit auf, Ihre Tochter mit Ihren mittelalterlichen Ansichten zu schikanieren! Wir sind hier in Deutschland und nicht in Arabien, begreifen Sie das doch bitte, Herr El-Karim! Amina ist eine sehr nette Schulfreundin und hat so etwas wirklich nicht verdient!« »Verfluchter Kafir!«, murmelt Jalil auf Arabisch. »Was verstehst du schon von unserem, dem einzig wahren Glauben und unseren Sitten, du Hundesohn!«

      Gerade als sie in seinen Mercedes Kombi einsteigen wollen, begegnet ihnen Achmed Mansour, der den kleinen arabischen Imbiss in der Kirchenstraße betreibt und sich auf dem Nachhauseweg befindet.

      »Salam Aleikum, Jalil! Sag mal, was ist bei euch los? Ismail hat mir vorher erzählt, dass dein Sohn Walid von der Polizei verhaftet wurde, weil er hier in der Straße randaliert haben soll! Ich wollte dich sowieso noch anrufen, um dir zu sagen, dass ich heute Abend beobachtet habe, wie deine Tochter Amina an der Telefonzelle am Markt in einen Kleinbus eingestiegen ist.«

      Jalil wird blass. Ihn verlassen die Kräfte, der Autoschlüssel fällt ihm aus der Hand und er taumelt. Osman kann seinen Vater gerade noch festhalten und ihn gegen den Wagen lehnen.

      »Was sagst du da, Achmed?«, fragt Jalil, nachdem er sich gefangen hat. »Meine Amina soll in einen fremden Wagen gestiegen sein? Das kann doch nicht sein! Du musst dich geirrt haben!«

      »Ja, Jalil, das dachte ich im ersten Moment auch, weil das Mädchen kein Kopftuch trug. Als sie aber in den Wagen einstieg, blickte sie mich furchtbar erschrocken an, und da habe ich sie erkannt! Dann schob sie rasch die Tür von diesem Bus zu, und der fuhr sofort ab. Den Wagen habe ich hier in der Stadt noch nie gesehen!«

      Osman hebt die Autoschlüssel auf. Geistesgegenwärtig sagt er: »Abu Achmed, begleiten Sie uns doch bitte zur Polizei. Dort werden wir melden, dass meine Schwester entführt worden ist. Und wir müssen uns ja auch um Walid kümmern!«

      »Aber mein lieber Osman«, Achmed Mansour schaut auf seine Armbanduhr, »es ist schon halb elf. Glaubst du wirklich, dass wir dort noch jemanden antreffen?«

      »Die halten meinen Bruder in der Zelle fest. Schon deshalb wird irgendjemand dort sein, der auf ihn aufpasst!«

      »Nun gut, wie du meinst! Lass es uns wenigstens

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