Geburtsort: Königsberg. Ursula Klein
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Jede Stadt hatte nun für sich das Stadtrecht und die Stadtverwaltung. Es gab also damals drei Städte, die zu Königsberg gehörten.
Viele Jahre später, nämlich 1512, zog der Hochmeister Markgraf von Brandenburg in das Königsberger Schloss ein. Es war die Zeit, in der Martin Luther die Reformation der katholischen Kirche forderte. Das bewirkte eine große Bewegung innerhalb der Kirche, viele übernahmen den reformierten Glauben und wurden somit evangelisch. Da aber der Landesherr auch der reformierten Kirche beitreten wollte und somit nicht mehr Hochmeister im katholischen Orden sein durfte, legte er das Ordenskleid ab und verwandelte den Ordensstaat in ein Herzogtum. Das ging natürlich nicht so einfach, denn der Orden wollte nicht die Macht und das Land aufgeben. Der polnische König musste ebenfalls noch nach altem Recht zustimmen. Diese Diskussionen waren in Krakau und im Ergebnis sprechen wir vom Krakauer Frieden. Nach langer Diskussion lässt der polnische König Sigismund dem Herzog Albrecht zwar freie Hand, der muss ihm aber den Treueeid leisten. In diesem Zusammenhang spricht man in der Geschichte von ‚Sekularisierung‘, das heißt, dass der kirchliche Besitz aufgehoben und dem Herzog Albrecht zugesprochen wurde.
Am 9. Mai 1525 zog dann endlich Markgraf Albrecht in einer feierlichen Prozession als Herzog in das Schloss ein. Seit diesem Tag regierte nicht mehr der katholische Orden unsere Stadt, sondern der Herzog Albrecht.
Bilderläuterung; Altstadt in 1613
Der östliche Renaissancebau des Herzog Albrecht ist deutlich zu sehen. Rechts davon ist die alte Vorburg sichtbar, zwischen der und dem Hauptschloss sich noch immer der Graben befand. Im Schlosshof sind die Rundtreppe und das Marschallhaus deutlich zu erkennen. Die Altstädtische Kirche nimmt die Sicht auf den Schlossturm und die Ordenskirche.
Drei Jahre später lässt sich Herzog Albrecht von Lucas Cranach d. Ä. – der damals schon sehr berühmt war – malen.
Zweihundert Jahre lang existierten die drei Städte Königsberg. Jede hatte ihre eigene Verwaltung, jede ihre Rechte nach der ‚Kulmischen Handfeste‘.
Erst 1724 wurden die bestehenden drei Städte zu einer Stadt – Königsberg -vereinigt. Dieser Zusammenschluss ist heute noch in unserem Stadtwappen zu sehen, das die Wappen der drei Städte in sich vereinigt. Zuhause lasst euch das erklären. Nächste Woche sprechen wir darüber und wer will, kann das auch in einem kleinen Vortrag machen.“
Der Lehrer schaute sich erwartungsvoll in der Klasse um, aber keiner der Schüler meldete sich. Trotzdem schmunzelte er wissend, denn aus den vergangenen Jahrgängen wusste er, dass die Kinder dieses Thema sehr interessierte und immer ein paar Schüler auf Spurensuche über die Heimatstadt gegangen waren. Er war auch in diesem Jahrgang gespannt auf die Beiträge.
„So, Kinder, das war – kurz zusammengefasst – die Entstehung unserer Stadt. Nächste Woche seit ihr an der Reihe. Prägt euch auch die Jahreszahlen und Namen ein, die ich euch genannt habe, die frage ich nächste Woche ab.“
Wie stolz war Hanna heute, dass sie das alles gehört hatte und dass sie in einer so schönen Stadt Zuhause war, wo es ein richtiges Schloss gab, einen Tiergarten, den prächtigen großen Dom, die Hafenanlagen, Brücken und alle die großen Gebäude, die so hübsch aussahen. Es war schon ein erhebendes Gefühl, dass Ritter ihre Heimatstadt gegründet hatten, in der sie lebte. Nur eins hatte ihr nicht gefallen: Der Lehrer hatte zwar etwas von den Stadtteilen Altstadt, Löbenicht und Kneiphof erzählt, aber nichts von Ponarth, wo sie wohnte. Dabei gehörte doch Ponarth zu Königsberg!
Zuhause angekommen fragte Hanna sofort die Mutter nach dem Königsberger Wappen. Sie sagte aber: „Lass dir das vom Vater erzählen, der weiß das genau.“
Als der Vater am Abend von der Arbeit kam – er war Maurer bei der Eisenbahngesellschaft, die die Bahnhofsgebäude errichteten – war er zwar müde, aber er erklärte seiner Tochter geduldig alles, was sie wissen wollte. Hanna versuchte auch, sich alles genau einzuprägen, aber die anderen Kinder riefen schon nach ihr und sie rutschte ungeduldig auf dem Stuhl hin und her. Doch sie wagte es nicht, den Vater zu unterbrechen, denn schlechte Zensuren durften die Kinder nicht nach Hause bringen.
Aber – wenn das ab und an geschah - denn zog Vater Krohn nur kurz am Riemen und so mancher Ledertanz vollzog sich am Rückenende. Auch deswegen schon strengte sich Hanna an, um sich alles zu merken.
Und so verliefen die Schulstunden zwischen Angst, Pflichterfüllung und geforderter Disziplin. Fast jedes Kind war froh, wenn der Hausmeister mit der Glocke kam und das Ende des Unterrichts einläutete.
Doch auf die Stunde mit den Rittern freute sie sich schon, denn sie hatte ja über das Wappen viel von ihrem Vater erfahren. Doch zunächst wurde sie bitter enttäuscht, als der Lehrer mit strenger Miene und dem Rohrstock in der Hand die Mädchen abfragte:
Wann kamen die Ritter des Deutschen Ordens in unser Gebiet?
Wie hieß der Ordensmeister, der die Ritter geführt hat?
Wem wollten die Ritter helfen?
Wer sind die Pruzzen?
Was ist eine Großschäfferei?
Warum ist König Ottokar II in die Geschichte eingegangen?
Wann wurde die Burg errichtet?
Wann wurde die Altstadt gegründet?
Wie hieß die Gründungsurkunde?
Wann erhielt die neue Stadt Löbenicht das Stadtrecht?
Warum wurde sie Löbenicht genannt und nicht Neustadt?
Wann wurde die Stadt Kneiphof gegründet und wann erhielt sie die Urkunde?
Die Kinder hatten gar keine Zeit, lange zu überlegen, so schnell stellte der Lehrer die Fragen. Wer die Frage nicht richtig beantwortete, wurde sofort aufgeschrieben und musste für den Rest der Stunde neben der Bank stehen bleiben. Wer gar keine Antwort geben konnte, musste die Handflächen zeigen und der Rohrstock sauste über die Fingerspitzen. Schmerzverzerrt schlossen sie die Augen. Hanna hatte Glück mit ihrer Antwort. Erleichtert saß sie nun in ihrer Bank und wartete darauf, dass sie etwas über das Stadtwappen erzählen konnte.
Zaghaft und durch die strenge Wiederholung eingeschüchtert meldete sie sich und hob dabei ein Blatt Papier hoch, auf dem das Stadtwappen von Königsberg abgebildet war.
„Das Wappen unserer Stadt hat vier Teile“, hörte man vorsichtig und leise. „Der preußische Adler mit der Krone ist der obere Teil und hat in der Mitte das Zeichen von Friedrich Wilhelm I.“ Dabei zeigte sie mit dem Finger auf die Stelle im Wappen, über die sie gerade erzählte.
„Darunter in der Mitte ist das Wappen für die Altstadt. Es ist ein Schild von einem Ritter, der in dem oberen Teil die Krone des Königs Ottokar II. von Böhmen zeigt, nach dem ja das Schloss und später die Stadt benannt worden sind. Auf dem unteren Teil des Schildes ist ein weißes Kreuz auf rotem Grund zu sehen. Das ist das Zeichen für die hansische Bürgerfreiheit. Rechts neben dem Wappen der Altstadt ist das Stadtwappen von Löbenicht, links