Sergia - Sklaven des 22. Jahrhunderts. Katja Brinkert
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Читать онлайн книгу Sergia - Sklaven des 22. Jahrhunderts - Katja Brinkert страница 8
Albert starrte seinen Schwager entsetzt an. Er zitterte am ganzen Leib und klammerte sich mit einer Hand an die Klinke der Haustür.
»Charly, bitte«, flehte er erneut. »Er ist dein Neffe, der Sohn deiner Schwester. Deine Familie!!«, jammerte er. »Du kannst doch nicht unsere Familie zerstören!«
»Das werde ich nicht, denn das hast du bereits getan«, blaffte Charles.
Erneut rang er um seine Fassung, doch dieses Mal war er auf seinen aufwallenden Zorn vorbereitet und ließ sich nicht noch einmal von ihm übermannen. Er war ein Profi, und genau so würde er sich auch verhalten.
»Aber du kannst den Jungen doch nicht für meine Fehler büßen lassen«, flehte Albert schluchzend.
Tränen rannen ihm über das erhitzte Gesicht, er war kurz vor einem Zusammenbruch.
»Nicht ich lasse ihn für deine Taten büßen, sondern du!«, konterte Charles.
Er war nun wieder vollkommen beherrscht und seine Stimme war kalt wie Eis.
In ihm jedoch loderte noch immer ein Feuer. Er hatte Albert damals, obwohl er knapp fünfzehn Jahre älter gewesen war als seine Schwester, mit offenen Armen in die Familie aufgenommen.
Mehr noch: Seit dem Tod seines eigenen Vaters hatte er ihn sogar als Vaterersatz gesehen. Umso mehr war er nun von ihm enttäuscht.
Natürlich hatte er von den finanziellen Schwierigkeiten seines Schwagers gewusst und er hatte Albert immer wieder seine Hilfe angeboten, doch dieser war stets zu stolz gewesen, sie anzunehmen.
Nun würde also Luke für den Stolz seines Vaters bezahlen.
Luke, den er selbst liebte wie einen Sohn. Aber zu Gefühlen wie Liebe oder Zuneigung war Charles im Moment nicht fähig. Er war erfüllt von Hass und Verachtung für seinen verstockten Schwager.
Seit er gestern Abend die Vollstreckungslisten der Bank auf den Tisch bekommen hatte brannte ein Feuer in ihm, das er nur mit Mühe im Zaum halten konnte.
Wie hatte Albert nur so etwas tun können? Warum zum Teufel hatte er ihn in solch eine prekäre Situation gebracht?
Was sollte er denn tun? Die Hände in den Schoß legen, so dass Luke in die Hände eines anderen Masters fiel? Niemals.
Sollte er etwa Alberts Kredit bei der Bank auslösen? Sicherlich nicht. Albert hatte vorher sein Geld nicht haben wollen, also musste er jetzt dafür büßen. Oder besser Luke musste dafür büßen. Verdammt. Charles schnaubte innerlich.
In diesem Moment kamen seine beiden Supervisoren zurück.
Sie hatten Luke an beiden Armen gepackt und zerrten den zappelnden Jungen durch den Flur.
»Was zum Henker?«, schrie Luke aufgebracht, unterbrach sich aber, als er Charles in der Tür erkannte.
»Onkel Charly, was ist hier los?«, fragte er, während er weiter versuchte, sich aus dem Griff seiner Häscher zu befreien.
»Luke Williams«, sagte Charles steif, ohne seinen Neffen dabei anzusehen.
Luke gab seine Gegenwehr bei dieser ungewohnt förmlichen Anrede abrupt auf und starrte seinen Onkel verwirrt an.
»Der Kredit Ihres Vaters vom 1. Juli 2110 wurde wegen Gefahr der Nichtzahlung an die Dumare Corporation überschrieben. Bezugnehmend auf das ‚Leibeigenschaft-Dekret‘ aus dem Jahre 2042 gehört Ihr Leben nun der Dumare Sergia Corporation«, fuhr Charles emotionslos fort. »Sie werden augenblicklich an Ihren neuen Master überstellt. Ihr ganzes Sein wird ab heute, bis zu Ihrem Tod, in seinen Diensten stehen. Ein Widerspruch ist nicht möglich.«
»NEIN! DAD! Ich verstehe das nicht«, rief Luke verstört.
»Erklär es ihm«, wandte Charles sich an seinen Schwager.
Albert schüttelte nur den Kopf. Seine Augen waren feucht, doch sein Mund war so trocken, dass er kein einziges Wort heraus brachte.
»Erklär es ihm«, forderte Charles.
Er hatte kein Mitleid mit Albert. Er wollte dass sein Schwager litt, so wie er gelitten hatte, als er die Listen mit Lukes Namen bekommen hatte.
Albert schluchzte.
»Sie haben meine Kredite gekündigt«, sagte er schließlich kaum hörbar.
»Und weiter«, forderte Charles.
»Ich hätte niemals damit gerechnet, dass es so weit kommen würde«, jammerte Albert.
Tränen liefen ihm die Wange hinab, doch er bemerkte es kaum.
»Ja, aber, ich verstehe das nicht«, stammelte Luke und starrte seinen Vater verwirrt an.
»Ich hatte nicht mich, sondern dich als Pfand angegeben«, flüsterte Albert mit tränenerstickter Stimme.
Luke starrte seinen Vater entsetzt an. Er verstand sofort, was sein Vater ihm damit sagen wollte, und schnappte nach Luft.
Kaum hatte Albert geendet, drehte Charles sich abrupt um, und ging, so schnell es ihm ohne zu rennen möglich war, zu seinem Wagen. Er hätte es keine Sekunde länger ertragen, das Gesicht seines Neffen anzusehen.
»Dad!«, rief Luke erneut.
Aber sein Vater konnte ihm nicht mehr antworten. Albert war in sich zusammengebrochen und lag schluchzend auf dem Fußboden.
Charles eilte weiter. Er atmete erst auf, als er in seinem Wagen saß, und die verzweifelten Rufe und das Schluchzen seiner Familie, die er soeben auseinander gerissen hatte, nicht mehr hören musste.
Tränen glitzerten nun auch in seinen Augen und er hasste sich in diesem Augenblick mehr als jeden Anderen auf dieser Erde.
Zeige niemals Schwäche, weder anderen noch dir selbst gegenüber. Regiere deine Untergebenen stets mit eiserner Hand. In einem Imperium wie dem unseren ist für Mitgefühl kein Platz. Nur durch unsere Stärke wird alles zusammen gehalten. Zeigst du auch nur einmal Schwäche, wird unser Reich unweigerlich zerbrechen.
Das hatte sein Vater ihm immer gepredigt. Und er hatte Recht. Für Mitgefühl war kein Platz. Schon gar nicht mit seinem verstockten Schwager. Er war schließlich selbst Schuld an seiner Situation, also musste er nun auch die Konsequenzen tragen. Warum sollte Charles also Mitleid mit ihm haben?
Er blickte kurz aus der getönten Seitenscheibe seines Wagens und beobachtete, wie seine Supervisoren den sich verzweifelt wehrenden Luke zu einem kleinen Transporter schleiften.
Verdammt. Wenn nur der Junge nicht mit drin hängen würde.
Charles schloss die Augen, und atmete tief durch.
Keine Schwäche, predigte er sich noch einmal. Luke ist nicht mehr mein Neffe, er ist ein Sergia. Kein Individuum mit freiem Willen mehr, sondern Eigentum.
Als er seine Augen wieder öffnete, waren die drei Personen im Transporter verschwunden, nur Albert kauerte schluchzend in der Tür. Dieser Anblick half Charles, sein Mitgefühl für den Jungen zu verdrängen