Leben aus dem Sein. Radhe Shyam
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Kapitel 2
Unsere Begegnung mit Baba Haidakhan
Am 21. Februar 1980 traf mich Margaret in New Delhi, und sie bestand darauf, gleich am nächsten Morgen zu Shri Babaji zu fahren, obgleich ich um ein - bis zu diesem Zeitpunkt unbestätigtes - Geschäftsgespräch mit dem indischen Außenministerium nachgesucht hatte. Wir besorgten uns einen Wagen mit Fahrer und reisten zweieinhalb Stunden südwärts nach Vrindaban, wo Babaji einen Ashram unterhält.
Wir fuhren durch die weiten Ebenen Zentralindiens und teilten die Schnellstraße mit Transportmitteln, die Tausende von Jahren menschlicher Geschichte reflektierten - Autos, rußspeiende Lastwagen, überfüllte Busse, zweirädrige Pferdekarren, vierrädrige, gummibereifte Ochsenkarren, einige Kamele, beladene Elefanten, Hunderten von Menschen, die die Straße entlanggingen, und Kinder mit Feuerholzbündel und auch Wasserkrügen. Es war trotz der langsamen Fahrt eine wundersame Szene, die mich an ähnliche Erfahrungen in Drittweltländern während meiner Karriere beim amerikanischen Außenministerium in Washington, D.C. erinnerte. Dieser Dienst war nun beendet.
Mehr noch als die lebhaften Straßenszenen erstaunte mich die friedvolle Ruhe, mit der Margret, bekleidet mit einem Sari, neben mir im Auto auf der Fahrt zu Shri Babaji saß. In den Staaten war sie als Rechtsanwältin und Dozentin für Recht ein Energiebündel, immer darauf ausgerichtet, die Probleme anderer zu lösen, die in ihre Reichweite kamen. Die längste Zeit der Fahrt saß sie still da, wiederholte ein Mantra10 und ließ die Perlen ihrer Mala, einer Art Rosenkranz, durch die Finger gleiten. Ab und zu wies sie mich auf die besonders zeitlosen Schönheiten der indischen Landschaft hin. Es war offensichtlich, dass die sieben Wochen, die sie in Shri Babajis Gegenwart in Indien verbracht hatte, in ihr eine tiefe Veränderung ausgelöst hatten.
Als wir Vrindaban, den Heimatort von Krishna in seiner Kindheit, erreichten, tastete sich unser Fahrer langsam und vorsichtig durch die übervölkerten, engen Gassen der uralten Stadt. Der Strom der Menschen, Rikschas, Handwagen, Ochsenkarren, Kühe, Schweine und Autos teilte sich sachte, um uns in den engen, gewinkelten Gassen vorankommen zu lassen. Hier in einem dieser kleinen Gässchen lag Shri Babajis Ashram. Unser Fahrer parkte auf einem freien Platz, und Margaret führte mich zur Pforte des Ashrams. Wir ließen unsere Schuhe draußen in der Vorhalle, wo schon Hunderte von Paaren Sandalen und Schuhe standen, und gingen in den Ashram hinein. Der Tempel, der zwei Drittel der Ashramfläche einnimmt, war vollgestopft mit etwa vierhundert Menschen, die, mit überkreuzten Beinen rhythmisch singend, am Boden saßen. Harmonium, Trommeln und Zimbeln begleiteten die Gesänge. Margaret und ich reihten uns in die Schlange der Leute ein, die vorgehen wollten zum Sitz von Shri Babaji, der in Yogi-Art auf einem Podest saß, die Menschen segnete und ihre Gaben entgegennahm: Blumengirlanden, Bonbons, Nüsse und Früchte. Auch er teilte Geschenke aus.
Margaret und ich hatten beide ein Geschenk für Shri Babaji mitgebracht - sie ein finnländisches Mobile aus Herzen und ich ein herzförmiges Gold-Medaillon, das ich in Paris für dreihundert Dollar erworben hatte und für das ich in Bombay nochmals 100 Dollar Zoll gezahlt hatte. Ich brauchte etwa fünfzehn Minuten, um Babaji zu erreichen, und so hatte ich genügend Muße zu beobachten, wie die Menschen vor ihm niederknieten, seine Füße berührten, ihm eine Gabe überreichten und sich wieder aufrichteten, um seinen Segen zu empfangen. Dann war ich an der Reihe, niederzuknien und mit der Stirn den Boden vor ihm zu berühren. Ich fühlte mich gar nicht wohl dabei, tat es aber dennoch und schaute dann zu ihm empor. Babaji sah älter aus - ungefähr Anfang Dreißig - und rundlicher als auf den Photos, die ich gesehen hatte. Aufmerksam schaute er mir in die Augen, als ich ihm die kleine Schmuckschachtel mit dem Medaillon und der Kette übergab. Babaji nahm das Schächtelchen in seine Hand, warf einen verwunderten Blick darauf und gab es mir zum Öffnen zurück. Ich entfernte den Deckel und überreichte das Schächtelchen Shri Babaji erneut, der einen beiläufigen Blick darauf warf - offensichtlich weit weniger davon beeindruckt als ich - und es dem links von ihm stehenden Inder zum Aufbewahren gab, der auch andere Gaben, die von Shri Babaji nicht sofort verteilt wurden, entgegennahm.
Ich stand auf, um zu gehen, aber Shri Babaji bedeutete mir, mich rechts vor ihm hinzusetzen. Ich nahm im Schneidersitz auf dem Boden Platz und beobachtete Shri Babaji fünf oder zehn Minuten. Er saß aufrecht da und hob die Hand zum Segnen einiger seiner Schüler. Andere empfing er mit einem Lächeln oder Lachen und einer segnenden Berührung und tauschte mit ihnen ein paar Worte in Hindi aus. Ab und zu warf er mit einem koboldartigen Lächeln Äpfel, Orangen und Bonbons in den Schoß der Frauen und Kinder, die ihm direkt gegenübersaßen. Es war ein ständiges Gedränge, ein Lärm und eine schwirrende Aktivität um Babaji herum, doch auch eine Atmosphäre von Heiterkeit und Frieden. Während ich so dasaß, erinnerte ich mich an die vielen "kleinen Wunder", die sich auf meiner Reise von Europa nach Indien ereignet hatten. Ich lächelte in mich hinein und fragte: "Ist das Gott auf Erden?"
Wenige Minuten später kam der schnauzbärtige Inder, der links von Babaji gestanden hatte, und sagte, Babaji hätte ihn angewiesen, mich zu "Swamiji" zu bringen, der meine Frage auf Englisch beantworten könne. Ich wunderte mich, ob Babaji meinen Gedanken gelesen hatte, denn schließlich behaupteten die Leute, dass er das tue. Wir bahnten uns einen Weg durch den überfüllten Tempel zur entferntesten Ecke, wo Swami Fakiranand11, ein siebzigjähriger Schüler, saß, der Shri Babajis Ashram in Haidakhan verwaltete und hier Literatur über Babaji verkaufte. Wir sprachen ein paar Minuten über Babaji als Verkörperung Shivas, wie in den heiligen indischen Schriften dargestellt. Dann wurde Swamiji zu einer Zusammenkunft gerufen. Ich stand da, in dieser von Shri Babaji entferntesten Ecke, und betrachtete die Szene, die mir trotz meiner Außendienst-Erfahrung im Außenministerium fremder als alles bisher Dagewesene zu sein schien.
Plötzlich rief Babaji jemanden zu sich. Der Mann neben mir meinte, ich solle zu Babaji gebracht werden, und so bahnte ich mir meinen Weg durch die Menge und spürte, wie vierhundert Augenpaare auf mir ruhten. Kaum war ich bei ihm, als er auch schon eine Pappschachtel öffnete, zwei große runde Stücke von einer Süßigkeit aus Milch und Zucker herausnahm und sie mir in die Hand legte. Ich setzte mich zu seinen Füßen nieder und betrachtete sein Antlitz, während ich die Süßigkeiten aß. Es war voller Liebe und Güte, in einem Maß, das alles übertraf, was ich jemals in irgendeines Menschen Gesicht und Ausdruck gesehen hatte. Er schien diese Liebe wie eine messbare physikalische Energie auszustrahlen. Nach einer Weile machte Shri Babaji Anstalten, aufzustehen. Er beugte sich vor, stützte sich mit beiden Händen auf meinen Rücken und erhob sich. Dann eilte er durch die Menschenmenge und zum Tempelgelände hinaus. Es war Zeit fürs Mittagessen.
Margaret und ihre amerikanischen und europäischen Freunde kamen herbei und erzählten mir, dass Babaji mich mit seinem Empfang hoch geehrt hätte und dass ich wirklich gesegnet worden wäre. Ich wusste nicht, wie Shri Babaji Neuankömmlinge begrüßte, aber mein Körper und meine Seele spürten lange Zeit, dass sein Segen mich "aufgeladen" hatte. Trotz der Verwirrung, die die Berührung mit einer mir fremden Kultur ausgelöst hatte, fühlte ich, dass Shri Babajis Willen mich zu der für mich günstigsten Zeit zu ihm gezogen hatte.
Um das Mittagessen einzunehmen, saßen wir gemeinsam mit jeweils einhundert Personen in typischer Ashram-Art mit überkreuzten Beinen am Boden des Tempels. Teller aus großen zusammengesteckten Blättern wurden vor jeden gelegt, die von Schülern aus dampfenden Schüsseln mit Reis, Linsen, Gemüse, gebackenen Fladenbrot (Chapatis) und einer Süßspeise gefüllt wurden. Dazu gab es Tee, der in Edelstahlbechern serviert wurde. Die Nahrung, die wir aßen, war zuerst Shri Babaji angeboten und durch ihn gesegnet worden. Solche gesegnete Speise wird Prasad genannt, und so verfuhr man mit allen Mahlzeiten, gleich wo Babaji hinging. Wir aßen immer mit der rechten Hand. Während ich noch die Mahlzeit zu mir nahm, ging Babaji in den Tempel zurück, kam auf mich zu