Die Muse von Florenz. Manuela Terzi

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Die Muse von Florenz - Manuela Terzi

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capomaestro hat Maschinen erfunden, an denen Ochsen stundenlang im Kreis laufen. Da staunst du, was?«, erklärte Assunita erhobenen Hauptes. Sie genoss es, Julianas Neugier geweckt zu haben. »Der Mann sitzt ganze Nächte über Plänen und baut Maschinen, die niemand zuvor gekannt hat.«

      Juliana hatte davon bislang nur gehört, denn bei ihrem kurzen Ausflug mit Vater war ihr dieser Anblick verborgen geblieben. »Da siehst du es wieder, Assunita! Ochsen! Es kommen so viele Gelehrte in unsere Stadt, die sehen wollen, was Brunelleschi erschaffen will. Überall wird gebaut. Gelehrt. Und du sagst das, als wären solche Apparate das Gewöhnlichste auf der Welt.« Sie dachte an das Modell, das sie gesehen hatte. »Brunelleschi wird zeigen, dass seine Kuppel kein Hirngespinst ist.«

      »Siehst du, verbohrt!« Assunita schnaufte heftig, denn Julianas Schritte wurden größer und gewannen an Tempo, je näher sie der Piazza del Duomo kamen. Vor einem kleinen Brunnen blieb Assunita erschöpft stehen. »Genug! Ich will nicht länger in der Hitze herumlaufen.«

      Juliana blinzelte. Nicht mehr lange, dann waren sie endlich am Ziel. Assunita durfte ihre Pläne nicht zunichtemachen. Juliana konnte ihre Ungeduld kaum noch zügeln. »Wir könnten uns später Abkühlung gönnen«, sagte sie flehend.

      »An unserem Platz hinter der letzten Brücke? Oder unter der Ponte Vecchio?« Assunita lächelte. »Zwischen den Abfällen?«

      »Ein Stück weiter oben, wenn du die Stelle nicht wieder verrätst.«

      »Was passiert, wenn uns jemand dabei ertappt?«

      »Was passiert, wenn du so fett wie unsere Köchin wirst? Bei Gott.«

      Assunitas Lächeln schwand. Erst als Juliana ihre Freundin mit kühlem Brunnenwasser bespritzte, ließ sie das Grübeln sein.

      »Wir gehen später zum Fluss, wirklich.« Juliana lächelte. »Bitte, Assunita!«

      Mit einem lauten Seufzer erhob sich die Freundin und folgte ihr ergeben. Kurze Zeit später kicherten die beiden Mädchen und liefen eingehakt weiter. Assunita berichtete ihr vom neuesten Tratsch und Klatsch aus der elterlichen Bäckerstube. Das Lachen ihrer vertrauten Freundin bekümmerte Juliana. Assunita mochte ein schweres Los ertragen, dafür konnte sie unbedarft aus dem Haus gehen beim Brotaustragen. Wenn Assunita die Stadt verließ, war sie allein. Mit ihren Ängsten, ihren Träumen. Juliana schauderte plötzlich trotz der heißen Sonnenstrahlen, die auf ihre weiße Haut brannten.

      *

      »Wie kann er es wagen, mich derart zu hintergehen? Giovanni wird sich dafür erklären müssen. Antonio, setz sofort einen Brief auf.«

      Der scharfe Ton in der Stimme ihres Vaters weckte Juliana am nächsten Morgen. Hastig warf sie sich ein Kleid über und schlich barfuß aus ihrer Kammer. Auf der Galerie blieb sie erstarrt stehen. Der Innenhof wirkte abweisend und bedrohlich. Wo sonst Sonnenstrahlen fächerartig den Boden in Streifen teilten, spürte sie nur eine ungewohnte Kälte. Es dauerte eine Weile, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Dann verstand sie. Die Fenster waren mit breiten Balken verriegelt. Der Morgensonne gelang es nicht, durchzubrechen. Die Diener wandelten mit flackernden Talglichtern umher und flüsterten, was Julianas Beklommenheit verstärkte. »Vater?«

      »Lasst mich, Federico«, hörte sie die furchtsame Stimme ihrer Kinderfrau. »Großer Gott, wenn das nur gut ausgeht!«, stieß Maria entsetzt aus.

      Im Zwielicht setzte Juliana vorsichtig einen Fuß vor den anderen auf der Treppe, bis sie den Innenhof erreicht hatte. »Was ist hier los? Aua!« Etwas Scharfes, Spitzes hatte sie am Handrücken getroffen.

      »Juliana!« Maria schlug die Luke zum Portikus zu und versperrte Juliana mit ihrem massigen Körper den Weg.

      »Federico, du alter Narr! Was hältst du auch diese vermaledeite Lanze in der Hand!«

      Unmittelbar neben Juliana wurde ein Licht herangetragen. Einer Fratze gleich wirkte das Gesicht des älteren Dieners in dem unruhigen Flackern. Er beugte sich vor und besah bestürzt, was er angerichtet hatte. Julianas Haut war aufgeschürft. »Vergebt mir, Juliana.«

      Mit einem dumpfen Knall prallte etwas gegen das Tor, sodass Federico und Bernardo, der inzwischen hinzugetreten war, ihre Lanzen sofort wieder hochrissen. Bestürzung verzerrte ihre Gesichtszüge. Juliana wollte die Luke öffnen und nachsehen, was draußen vor sich ging. Sie hatte die Hand schon auf dem Riegel, da hielt Federico sie im letzten Moment zurück.

      »Was wollen diese Menschen?«

      »Sie verlangen, Euren Vater zu sprechen«, erklärte er widerstrebend.

      »Erbost sind sie, meint Ihr nicht? Warum lässt man sie dann nicht ein?«

      Hinter dem Tor erhob sich ein Chor zorniger Stimmen.

      »Serrati, lasst uns ein! Viva Firenze!«

      Warum war Federico so nervös? Hilflos umklammerte er die Lanze und tauschte fragende Blicke mit Bernardo.

      »Die Weigerung Eures Vaters, sie zu empfangen, ist der Grund für ihre Wut«, erklärte Bernardo an Federicos Stelle. Die Augen des jungen Dieners blieben an Julianas schmalen Fesseln hängen, die das zu kurze Kleid, das sie sich rasch übergezogen hatte, kaum verhüllte. Marias Räuspern brachte ihn zur Besinnung. Mit glühenden Wangen wandte Bernardo seinen Blick ab.

      »Setzt den Herrn in Kenntnis, dass es an der Zeit ist«, wies Federico Maria an.

      »Zeit wofür?« Julianas Blick glitt zur Luke. Bernardo durchschaute wohl ihre Absicht und senkte seine Lanze. Dicht vor ihm blieb sie stehen. »Ich bin ebenso Eure Herrin.«

      »Antonio hat mich gewarnt vor Eurem Starrsinn«, murmelte der Diener, aber in seinem Gesicht zeigte sich diese Entschlossenheit nicht. Verunsichert schaute er zu Federico und zuckte ratlos mit den Schultern.

      Maria seufzte tief und zog an der Hand ihres neugierigen Schützlings. »Genug jetzt, Juliana. Zieh dich an, bevor dich dein Vater so sieht.«

      Juliana lächelte. Sie folgte Marias Bitte gern, denn Federico war ihr zugetan. Ihn konnte sie ausfragen, später.

      Kaum kehrte sie den beiden Dienern den Rücken, hörte sie Bernardo leise fluchen. »Das kommt davon, wenn man Unrecht zu Recht erklärt.«

      »Sei still«, wies Federico den jüngeren Diener barsch zurecht. »Es ist nicht unsere Aufgabe, darüber zu richten, was unser Herr tut oder nicht.«

      »Blind geworden bist du und taub. Genau wie die anderen, doch Brunelleschi …«

      »Genug oder ich öffne das Tor! Dann werden sie über dich herfallen, glaub mir!«

      Juliana hielt inne und ging nachdenklich in ihre Kammer zurück. Was war so schlimm, dass Vater den Menschen den Einlass verwehrte? So grauenvoll, dass er sogar eine geschwätzige Kinderfrau zum Schweigen verdammte. Maria behielt nie länger als ein paar Stunden etwas für sich. So wusste Juliana zum Beispiel auch von der geschwätzigen Kinderfrau, dass Bernardo um Angelina warb, einer Magd aus dem Haus gegenüber. Und hatte nicht auch Maria Vaters Befehl umgangen, indem sie an der Luke gestanden und hinausgesehen hatte? Warum sollte sie es ihr nicht gleichtun? Nur einen einzigen Blick hinaus wollte sie wagen.

      Einem Donnerwetter gleich durchdrang in diesem Augenblick ein lautes Grollen das Haus. Die hohen Querbalken mit den spitzen Enden, die über der Eingangshalle schwebten, einst zum Trocknen der Tuche genutzt, wurden hinabgelassen,

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