Paracelsus. Erwin Guido Kolbenheyer

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Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer

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taten.

      Theophrast kauerte auf einem Haufen von Decken, die in einem Winkel zusammengeworfen waren. Er wagte nicht recht zur Mutter zu gehen, weil er sah, daß sie sogleich aufsprang, wenn sich irgendeine Helferin an sie wandte. Er wußte auch, daß sie jetzt mehr zu den anderen gehörte.

      Frau Eis mochte aber einen seiner Blicke verstanden haben. Als sie eine Zeit verschnauft hatte, ging sie zu ihm, nahm ihm das Schüsselchen ab und streichelte sein Haar.

      „Host den Vater gsehn, Frästeli?“

      „Alls ist voll Lüt, die lan ein nindert durch.“

      „Gang nit in die Kirch! Sie möchtind dir ebbes anton.“

      „Ich gang nit. – Mammeli, der Hans stoht bi dem Wechsel und hat ein’ griffen, der schrije sorglich, weil der Hans ihn hart für dem Bouch hat griffen und hat ihn gebütelet. Der Hans hat mir zuogewinkt. Do hänt die Lüt uf mich gsehn.“

      „Was hast do in dinem Brotsäckli?“

      „Nur vom Götti min Plappart.“

      „Do wirst ihn vertuon.“

      „Den werd ich wohl hüeten. – Sie sänd mit eim Dach gangen, Mammeli, und drunter ist der Herr Diebold gsi, hat ein gelen Mantel an, der glitzeret wie die Sunn. Er hat ein kleins, gels Hüsli tragen. Alle Lüt sänd uf die Erd gfalln, do hab ich drüber gsehn. Einer schrije zu mir: ,In d’ Knie, sunst frißt dich der Tüfel!“ Do fraget ich den leis: ,Ist es der Tüfel, den der Herr Diebold im Hüsli halt, daß er mich frißt?“ Do saget der Mann und hats Krüz geschlahen: ,Bi Gott, du bist ein verlorn Seel, so grün du bist, und touget ein Mühlstein umb dinen Hals, daß man dich ersoufet!“ Do bin ich ihme entloufen. Was hat der Herr Diebold in dem gelen Hüsli tragen?“

      „Das ist nit bloß ein gels Hüsli, sundern ist gülden. Und drin steckt das Allerheiligest. Drumb müessend die Lüt vor ihme uf der Erd liegen.“

      „Wie schouets us?“

      „Es ist ünser Herr Jesus Christ.“

      „Ist der als ring und verhützlet, daß er ins gülden Hüsli goht?“

      „Er ist nit klein und nit groß. Er ist größer als all Ding und wohnet dannocht im Kleinisten.“

      „Soll ichs gloubt der Frästeli nit.“

      „Du mueßt glouben, Frästeli, sunst hat der Mann recht, und du kummst in die Höll.“

      „Wo all brinnend, oder nur dort?“ Er zeigte auf die Ofenhölle.

      „Wer nit gloubt, der kummt in die Höll, wo all brinnend uf all Zit, ist ein Hünen und Zähnklapperen.“

      Theophrast sann nach, die Mutter aber beschloß:

      „Du sollt nit umb Ding fragen, welich du nimmer verston könntest.“

      „Unde du?“

      „Ich gloub daran, und ist gnuog darbi.“

      Da sah Theophrast hinüber, wo auf dem Wandbdrd etliche Äpfel lagen, die stachen ihm schon lang in die Augen. Er zog die Brauen zusammen, und Frau Eis wußte, daß eine schwere Frage im Zuge sei. Sie wollte entwischen, denn die Fragen ihres Söhnleins setzten ihr zuweilen hart zu. Er aber hielt sie und sah sie an, daß sie bleiben mußte. Langsam kam es ihm von den Lippen:

      „Mammeli, mich hüngert.“

      „Ich will dir ein Müesli geben.“

      „Mammeli, mich hüngert nit nach eim Müesli, sundern nach Apfel.“

      „Wen hüngert, der hat ein Müesli gern, ein Apfel ist nit vor den Hunger, sundern ein Glust.“

      Die Antwort war dem Theophrast bekannt.

      „Mammeli, mich hüngert arg nach ein’ Apfel.“

      „Dann ist din Hunger Luog. So du das Müesli nit willt, hüngert dich nit meh. Und ein Luog verdient Hieb.“

      „Ist kein Luog. Mich hüngert nach dem Apfel, und du gloubst mir nit. Du mueßt desglichen in die Höll, do all brinnend, Mammeli.“

      „Das ist ein andrer Glouben, Theophrast“, sagte die Mutter unter Lachen und Ernst, denn sie erschrak darüber, daß sie von ihrem Kinde versucht worden war. „Ich will dir ein’ geben, so du willt folgen. So du willt knien und beten, wenn alle knien unde beten.“

      Sie wartete aber das Versprechen nicht ab und brachte den Apfel. Er aß bedachtsam, während Wärme und Müdigkeit sanft in sein Blut sanken, so daß er mit dem halben Apfel in der Hand entschlief.

      Am Nachmittag entdeckte Theophrast, wonach er schon in aller Frühe gesucht hatte, den Wagen mit dem buntbemalten Wetterdach und dem Fähnlein. Sie hatten den Wagen neben der Etzelstraße gegen die Gangolfkapelle geführt, wo es noch Raum gab. Der Wagen half einen runden Platz begrenzen, der mit hohen Stangen ausgesteckt war. Von Stange zu Stange hatten sie mannshohe Blachen gespannt. An den Lücken zwischen Holz und Zwilch lauerten Kinder. Auch Große blieben und warfen einen Blick in das Geheimnis. Man hörte Peitschenknallen, Rufe, Klappen und Klirren. Die lugenden Kinder schrien den andern zu, was sie sahen. Dann drängte der Schwarm dichter an die freigebige Lücke. Wurde das Stoßen des Zaunvolkes heftiger, daß die dünne Wand zitterte, fuhr ein wohlgezielter Peitschenhieb dagegen. Wer getroffen war, zog heulend ab.

      Theophrast wartete geduldig auf einen Platz; er war klein, er konnte es nicht mit den Jungen wagen. Die an den Lücken hingen, wichen nur der Gewalt. Er drängte von der Seite näher. Der glückliche Mann an der Glunze beschrieb, nicht ohne boshaftes Pochen auf den Vorteil seines Platzes, die wunderbaren Ereignisse. Da erfuhr Theophrast, daß hinter der Blache im Kreise geritten wurde. Einer schleudert dem Reiter Zinnteller zu und der Reiter fing die Becken an einem Stabe. Ein Pudel sprang durch mehrere Reifen. Man warf mit Messern, ging auf Händen. Theophrast fühlte den Schwung des Pferdes deutlich, wenn es vorüberkam. Doch bald fiel das Pferd in ein kurzes Stampfen, und es wurde still. Zögernd löste sich der letzte Glückliche von der Lücke. Noch einige kleine Leute, die gleich Theophrast keinen Blick hatten tun dürfen, zwängten ihre Nasen zwischen Stange und Blache durch, um wenigstens den Platz der Begebenheit zu sehen. Aber sie waren bald befriedigt und zogen den anderen nach, die unweit auf dem kurzen Rasen des Brühls die Kunst mit Steinen, Mützen und Stöcken versuchten.

      Theophrast blieb allein und hatte Muße. Nach einer Weile pflockte der schwarzhaarige Mann, der am Abend Speise und Trank in den erleuchteten Wagen gereicht hatte, als der noch vor dem Pilgerspital stand, einen Strang in den Boden, während ein Bursche zwei Lattenböcke herbeischleppte. Der Strang wurde über die Gabel des einen Bockes gespannt, dann über die des andern und endlich an einem zweiten Pflocke festgewunden. Der Mann pfiff, und aus dem Wagen antwortete eine feine Stimme irgend etwas, das Theophrast nicht verstand. Der Mann klatschte in die Hände, da lief ein kleines Mädchen in den Kreis. Ihr buschiges Rothaar wippte, wenn die schlanken, nackten Beine den Boden berührten. Das Kind war kaum älter als Theophrast. Es hielt seine Hände auf der Brust und sah bekümmert auf den Burschen, der das Seil noch festknüpfte. Der Mann zog eine Gerte aus dem Stiefelschafl und ließ sie pfeifen. Die Kleine vermochte ihr Unbehagen bei dieser Musik kaum zu verhehlen.

      Dann war der Bursche fertig, wischte mit seinem Ärmel über die Stirn und faßte an einem Bocke unter dem Seil Stellung, während das Mädchen zögernd zu ihm

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