Die Sklavin des Mahdi. Isabel de Agony

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Die Sklavin des Mahdi - Isabel de Agony

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OF BETHLEHEM“, Mai 1882

      Vom Meer weht ein salziger Wind. Langsam kommt das Schiff näher. Unser Schiff. Die ganze Nahostexpedition steht am Pier als „Empfangskomitee“ bereit. Sir Stephen führt uns an. Er redet mit mir immer noch nur das, was unbedingt notwendig ist. Ich kann es ihm nicht verdenken. Wenn man die Art und Weise berücksichtigt, mit der ich ihn „überredet“ habe. Es war ein durchaus schweres Stück Arbeit, zunächst Christopher und anschließend auch meine werte Frau Mama zu überzeugen. Doch schließlich stimmte sie zu. Vielleicht hegte sie ja im Geheimen die Hoffnung, dass aus mir und Sir Stephen während der Expedition doch noch ein Hochzeitspaar wird. Doch selbst wenn Stephen vorher ein gewisses Interesse an mir gezeigt hatte, nach meiner "Verhandlung" mit ihm ist der Ofen definitiv aus. Insgesamt umfasst die Expedition nun sechsunddreißig Leute. Darunter sind Orientalisten, Kartographen, Sprachkundler und noch einige andere Spezialisten. Meine Rolle ist eigentlich nicht so genau festgelegt, aber das ist mir egal. Wenn es sein muss, dann stelle ich mich sogar in die Küche und gehe unserem Koch zur Hand. Hauptsache ich bin mit dabei.

      Langsam kommt das Schiff näher. Meine vorher durchaus euphorische Stimmung verfliegt etwas. Ist das ein alter Kasten! Vielleicht sechzig Meter lang. Zwei Masten mit Rahbesegelung. Die Segel wurden allerdings bereits draußen auf der Reede von Southampton gerefft. Der Schornstein spuckt noch einmal fetten schwarzen Rauch aus. Immerhin werden wir nicht ausschließlich auf die Segel angewiesen sein. Das Schiff kommt immer näher. Vor dem Schornstein, aber hinter dem Fockmast, befindet sich eine kleine offene Brücke. Dort sehe ich einen hochgewachsenen Mann mit einem dichten schwarzen Vollbart stehen, wie er ruhig seine Befehle gibt. Das Wasser beginnt am Heck des Schiffes aufzuschäumen. Offenbar läuft die Maschine jetzt rückwärts, um den Dampfer zu stoppen. Und jetzt kann ich auch den Namen des Schiffes erkennen. Star of Bethlehem. Wie passend zu unserer Expedition. Zwei, drei Mann laufen zum Vorschiff, um die Anlegeleinen klar zu machen. Erst sind es noch fünfzig Meter, dann noch dreißig, jetzt nur noch zwanzig. Dann ist es soweit. Der Bug ist nur noch ein kleines Stück von der Pier entfernt. Leinen fliegen zu uns an Land herüber, werden von mehreren Hafenarbeitern aufgenommen und wieder zurückgeworfen. Ich kann zusehen, wie sie vorne belegt werden. Noch einmal läuft die Maschine an. Mit Hilfe des Ruders dreht sich nun auch das Heck des Schiffes an den Pier heran. Schließlich liegt der Dampfer festgemacht am Pier 9 von Southampton Harbour.

      „Captain Goldberg?“

      Sir Stephen und der Kapitän scheinen sich schon zu kennen, denn die beiden begrüßen sich recht herzlich, bevor überhaupt eine Laufplanke ausgebracht ist. Mit federnden Schritten kommt uns der Kapitän der Star of Bethlehem entgegen. Er begrüßt Stephen mit einem Handschlag und der Gruß wird von diesem auf etwas rustikale Weise erwidert.

      „David.... Schön dich zu sehen. Wie geht es dir, du alter Halunke.“

      Der so angesprochene grinst.

      „So wie es einem alten Seeräuber schon gehen kann. Es freut mich, dass wir wieder zusammen auf Fahrt gehen können. Und das ist deine Truppe?“

      Stephen nickt.

      „Ja. Sechsunddreißig Mann und eine Frau.“

      „Eine Frau? Frauen bringen Unglück, Stephen. Das solltest Du doch wissen. Lass sie lieber zu Hause, da wo sie hingehört.“

      Dieses kurze Gespräch findet in Hörweite von uns allen statt und mir beginnt vor Zorn der Kamm zu schwellen. Ich will mich am liebsten sofort auf diesen arroganten Kerl stürzen, um ihm gehörig den Marsch zu blasen, aber Christopher steht genau hinter mir. Er packt mich an der Schulter.

      „Nein Julie.... Diesmal nicht.“

      Ich drehe mich um. Seine Augen blitzen mich an. Er kennt mich und meine oft nur schwer kontrollierbaren Gefühlsausbrüche.

      „Keine Sorge.“

      Ich reiße mich trotz Christophers Warnung los. Gehe auf den ungehobelten Kerl zu. Zumindest äußerlich macht er durchaus etwas her. Denn was ich sehe ist durchaus ansprechend. Er dürfte fast zwei Meter groß sein. Dazu trägt er ein ausgebleichtes und an vielen Stellen löchriges ärmelloses Hemd, durch das man seine kräftigen Muskeln gut erkennen kann. Er hat strubbliges tiefschwarzes Haar und einen dichten Vollbart. Eine lange Narbe erstreckt sich quer über sein wettergegerbtes Gesicht. Er ist vielleicht nicht sonderlich attraktiv, aber welche Frau findet einen glattrasierten Dandy schon schön. Dieser Seebär ist definitiv interessant. Sein Leben ist ihm ins Gesicht geschrieben. Es erzählt eine Geschichte von Freiheit und Abenteuer. Das ist es doch, was eine Frau reizt. Doch der hier scheint für mich gar nichts zu empfinden. Bisher hatte ich mit meinen weiblichen Attributen immer ein leichtes Spiel. Zumal ich jetzt nicht mehr wie eine Lady aus einem Londoner Salon aussehe. Ich habe einen langen dunkelbraunen Lederrock an und ein gleichfarbiges enges Bustier, das meine Formen recht vorteilhaft zur Geltung bringt. So ziemlich allen männlichen Teilnehmern der Expedition ist das durchaus schon aufgefallen. Allen außer Sir Stephen, der die Nase von mir gestrichen voll hat und meinem Bruder Christopher.

      „Captain..... Darf ich.....“

      „Nein. Dürfen sie nicht. Ich habe keine Zeit für Small Talk. Ich habe jetzt zu tun. Wir haben gerade angelegt und ich habe daher jede Menge Arbeit. Sie entschuldigen mich.“

      Er dreht sich um und steigt über die Gangway zurück auf sein Schiff. Das war ja mal eine grobe Abfuhr. So kann man doch nicht mit mir reden. Ich schäume vor Wut und als ich mich umdrehe, da sehe ich Stephen und meinen Bruder hämisch grinsen. Na gut.... Diese Schlacht habe ich verloren. Wenn dieser Captain Goldberg so ein Frauenfeind ist, dann ist das eben so. Aber die Reise ist ja noch lang.

      Seit etwa vierzehn Tagen sind wir unterwegs. Obwohl Captain Goldberg mit Engelszungen versucht hat, Stephen zu überreden, mich zu Hause zu lassen, ist dieser standhaft geblieben. Unser Deal lautet schließlich, mich mit zu der Expedition mitzunehmen und nicht im letzten Moment den Schwanz einzuziehen. Mittlerweile habe ich mich an die Abläufe auf dem Schiff gewöhnt. Dass ich nicht überall hinlaufen darf, wo mir gerade der Sinn steht. Und auch daran, dass wir nicht auf direkten Weg nach Haifa unterwegs sind. Wir machten Station in Portugal, Spanien und Gibraltar. Wechseln dann auf die afrikanische Seite nach Tanger und Algier. Auch Sizilien liegt bereits hinter uns. Dann wird das Wetter stürmisch. David scheucht uns alle unter Deck und es ist wirklich eine elende Zeit. Doch ich halte es einfach nicht mehr aus. Der enge Speisesaal stinkt vor Erbrochenen. Und es wundert mich, dass ich nicht selber seekrank werde. Ich gehe gerade in Richtung Achterdeck, und versuche auf der Leeseite, also der windabgewandten Seite, zu bleiben. Plötzlich höre ich einen lauten Schrei.

      „Mann über Bord!!!!!“

      Ich sehe den Mann fallen. Er befand sich etwa auf Höhe des Fockmasts, als eine gewaltige Welle von vorne über Deck schlug und ihn offenbar mit sich riss. Ich packe mir das Ende eines Taus. Ich weiß bis heute nicht, warum ich das gemacht habe. Ich schlinge mir das Seil um den Leib und knüpfe schnell einen Knoten hinein (wir haben uns auf der bisherigen Fahrt mit dem Erlernen von Seemannsknoten etwas die Zeit vertrieben). Ich schaue in das brodelnde Wasser. Und da sehe ich den Mann treiben. Ich weiß vom zweiten Steuermann, der im Gegensatz zu seinem Captain, ein recht umgänglicher Mensch ist, dass die meisten Seeleute nicht oder zumindest nicht gut schwimmen können. Es ist also keine Zeit zu verlieren. Ich steige auf die Reling. Und springe etwa zehn Meter vor dem im Wasser treibenden Mann ins Wasser. Was für eine blöde Idee. Das Tau schnürt mir die Luft ab, doch ich darf es nicht absteifen. Es ist meine einzige Verbindung zu dem schwer in der See stampfenden Schiff.

      „Hierher!!!“

      Ich winke dem Mann zu. Er erkennt mich. Rudert wie wild mit den Armen.

      „Halt

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