Der Pflug des Zorns - Ein historischer Roman. Maria Helleberg

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Der Pflug des Zorns - Ein historischer Roman - Maria Helleberg

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daß der Erzbischof eine Nachricht für sie hatte, es würde ihr Leben verändern: soviel wußte er.

      Er nahm sie fest an die Hand, und sie gingen zusammen auf den kleinen Erdhügel am Ufer, um die Reiter in Augenschein zu nehmen. Der peitschende Eisregen war in Schneeregen übergegangen, große weiße Flocken trieben durch die Luft und legten sich auf sein Gesicht.

      Einer der Hunde wagte sich herbei und leckte eifrig an ihrer herabhängenden Hand, schwanzwedelnd und winselnd, und Gunhild ging in die Hocke und streichelte ihn, ohne die Reiter aus den Augen zu lassen.

      Sie kamen über die Brücke geritten, zwei Reihen von schweren, kurzbeinigen und nassen Pferden. Der vorderste der Gesellen rief den anderen mit rauher Stimme etwas zu – dann glitt er vom Pferd und winkte Gunnar heran.

      Seit er den Entschluß gefaßt hatte, Gunilla mit Gewalt zu holen, hatte er gefürchtet, daß ihre unbeglichenen Rechnungen mit verschiedenen Ämtern sie ins Unglück stürzen könnten. Aber ihm war nicht klargewesen, daß seine Eigenmächtigkeit strafwürdig war: Andere waren ja trotz wesentlich schwerwiegenderer Gesetzesbrüche davongekommen. Jetzt begriff er das Ausmaß seiner Kühnheit. Er begriff, daß niemand sich mit dem Erzbischof, dem mächtigsten Mann des Landes, anlegte, ohne teuer dafür büßen zu müssen.

      Der Diener des Bischofs erklärte Gunnar in ruhigen Worten, daß er mit nach Uppsala kommen müsse, um seine Angelegenheit dem Erzbischof vorzutragen. Diesem waren schwerwiegende Klagen über sein eigenmächtiges Verhalten zu Ohren gekommen. Gunillas Verwandte waren zutiefst unzufrieden. Mehr wußte der Bursche nicht.

      Mit gesenktem Haupt kehrten sie zusammen zum Haus zurück, um seine Kleider zu holen. Reiseumhang, Stiefel, Handschuhe, dazu Helm und Waffe. Gunhild ging mit schleppenden Schritten voran. Das Gras war welk und flachgedrückt, und ihn schauderte jedesmal vor Unbehagen, wenn er die Füße auf den wenig einladenden Boden setzte. Das Wasser lief ihm den Rücken hinunter, unter Hemd und Rock, das Haar hing in triefenden Strähnen, und seine Hände waren durchgefroren.

      Sie stiegen die Treppe hinauf, auf den Boden, ohne einander anzusehen. Seine wenigen Besitztümer lagen in der einzigen schönen Truhe, die es auf dem Hof gab. Seine Mutter hatte sie aus Rydbo mitgebracht: eine lange, deutsche Truhe aus Eichenholz, mit kräftigen Eisenbeschlägen, die wie große Blumen geformt waren, und viereckigen Feldern mit gemalten Fabeltieren. Sie hatten so wenig Oberkleider, daß die Truhe nicht einmal halbvoll war.

      Gunhild ließ sich in einer kleinen Wasserlache auf die Knie sinken, schloß die Truhe auf und kramte mit beiden Händen suchend darin herum. Holte den Umhang heraus und legte ihn Gunnar wie einen Säugling in die Arme. Stellte die Stiefel hin, so ruhig wie eine Schlafwandlerin, ohne ein Geräusch zu machen.

      Er wußte nicht, was er sagen sollte, um ihre stumme Trauer aufzubrechen. Hier, wo es geschützt und warm war, kam wieder Leben in ihr Haar, es fiel in feinen dünnen Locken über ihre Stirn: Er konnte es einfach nicht lassen, mit dem Zeigefinger über die hohe, gewölbte Stirn zu streichen, während sie ihm in die Kleider half.

      Vor weniger als sieben Stunden hatten sie sich noch geliebt. Aber er hatte ein Gefühl, als seien ihre Körper schon jetzt die unzähligen Meilen voneinander entfernt, die Lindö von Uppsala trennten und ihre Liebe von der Welt des Erzbischofs; als seien sie durch die Ankunft der Boten einander zutiefst fremd geworden.

      Zum Abschied legte sie die Arme leicht um seinen Rücken und schmiegte sich verschreckt an ihn, das Gesicht gegen die Schulter gelehnt. Er aber stand steif und gefühllos wie ein Geist da und ließ ihre Zärtlichkeit über sich ergehen.

      Die größten Begebenheiten in seinem Leben waren über ihn hereingestürzt, eine nach der anderen. Noch vor sieben Jahren war er allein, unverheiratet, frei und kinderlos gewesen und hatte das kaum als Mangel empfunden. Vor zwei Jahren hatte er endlich Jofrid geheiratet, und in den ersten Monaten war es ihm schwergefallen, sich an den bloßen Gedanken zu gewöhnen, daß es ihr unabänderliches Recht war, zusammenzusein. Daß er sie nicht heimlich küssen mußte, sondern es sogar vor der Kirchentür tun konnte, wenn ihm danach war.

      Jetzt hatten er und Jofrid Kinder, Freunde und Anerkennung, alles was er sich gewünscht und wovon er geträumt hatte.

      Allerdings hatte er auch reichlich Zeit, über ihre Schwierigkeiten nachzudenken. Er hätte nie geglaubt, daß Jofrid so beißend hart sein konnte: Sie zankten sich wie die größten Feinde über die unwesentlichsten Themen. Hinterher ärgerte er sich, begriff nicht, wie es dazu kommen konnte, daß er sich über reine Nebensächlichkeiten so unverhältnismäßig aufgeregt hatte.

      Sie war jetzt schwanger, schlief schlecht und erwachte müde, beklagte sich andauernd und gab ihm die Schuld an allen möglichen Dingen.

      Damals, als sie nur einander hatten, war kaum ein unsanftes Wort zwischen ihnen gefallen. Damals hatte es ihm leid getan, wenn ihr Körper während der Schwangerschaft unförmig wurde. Jetzt verfolgte er die Veränderung mit selbstquälerischem Genuß. Die Flecken im Gesicht, die geschwollenen Beine, die Kurzatmigkeit, das Gewicht des Ungeborenen, das sie plattfüßig machte.

      Sie hatte sich auch nicht über die Art gefreut, wie Gunnar zu seiner Frau gekommen war. Dabei müßte sie doch die erste sein, die das Vorgehen der jungen Leute billigte. Er war stocksauer geworden, als Jofrid behauptete, sie würden Torsten Ödesson kränken, wenn sie Gunnar Pferde und Leute gaben, damit er Gunhild entführen konnte. Während des Treffens mit dem Bischof von Linköping war er sicher gewesen, daß die Sache ganz nach Plan verlief, obwohl er eigentlich die Priesterröcke kennen mußte und deren durchtriebene Einfälle! Und tatsächlich: Dieser Hurensohn Oluf Björnsson, Erzbischof von Uppsala, hatte Göran Gregori von Linköping der unzulässigen Einmischung in die Arbeit anderer Stifte und Gunnar wegen Ehrenkränkung und Verleumdung angeklagt. Nun stritten die beiden mächtigsten Kirchenfürsten des Landes miteinander, und ein verliebter vierzehnjähriger Junge und sein Mädchen waren versehentlich zwischen die Klingen geraten und bekamen herbe Schläge.

      Soweit sie es Gunnars Brief entnehmen konnten, hatte man ihn auf Pilgerreise geschickt, und er sollte zugleich für Oluf Björnsson einige Briefe abliefern.

      Aber es war anders gekommen. Sten hätte es gern gesehen, wenn Gunnar im Lande geblieben wäre. Per Ingemarsson auf Rydbo wollte Lindö wiederhaben. Gemeinsam mit dem Erzbischof, mit dem er verwandt war, hatte er herausgefunden, daß Gunnar erst mit sechzehn als volljährig gelten konnte. Zwischenzeitlich war – von allen Menschen auf Gottes weiter Erde – Per als Gunnars gesetzlicher Vertreter und Vormund eingesetzt worden.

      Und als wäre das noch nicht genug, starb Gunillas Vater um die Weihnachtszeit, erfror auf dem Weg über den See. Pintorp und all die anderen guten Höfe gehörten nun Gunilla. Hätte sich Erzbischof Oluf Björnsson nicht eingemischt, hätten die beiden Kinder Hochzeit halten und in großem Wohlstand und Sicherheit leben können. Aber Per hatte ein Auge auf das dicke Erbe geworfen und behauptete voller Ernst, daß Torsten Ödesson gewünscht hatte, daß er Gunhild heiraten solle. Fürs erste hatten sie Gunhild unter ihren Fittichen, so weit von Rydbo entfernt wie möglich, und lieferten sie nur dem Mann aus, dem sie freiwillig folgte – und das war kaum Per Ingemarsson.

      Sie hatten gegen Pers Vater, Jofrids Onkel, kämpfen müssen: Ingemar hatte sie in die Verbannung getrieben. Sten hätte nie geglaubt, daß sie nun genauso verbissen mit dem Jungen streiten mußten. Aber vor ein paar Tagen war bei Sten ein merkwürdiges Ersuchen von Per eingetroffen, nämlich die Forderung, Lindös Überschuß der letzten zwei Jahre zu entrichten. Jofrid war sowieso schon schlechtgelaunt gewesen, und so kam es, daß sie bei Tisch stritten. Schließlich warf er seinen Bierkrug gegen die Wand und fegte ein paar Tonschüsseln mit Bratfisch auf den Boden (es war Fastenzeit), um zu zeigen, wie sehr er gekränkt war. Die Dienerschaft aß ungerührt weiter, und mittendrin in ihrer Auseinandersetzung

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