Die Namenlosen. Уилки Коллинз

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Die Namenlosen - Уилки Коллинз

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style="font-size:15px;">      „Vorausgesetzt, er hätte einen Sinn für Mathematik“, gab Mr. Clare zurück. „Vorausgesetzt, er besäße Fleiß, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit. Pah! Pah! Sie sehen ihn nicht mit meinen unparteiischen Augen. Ich sage: keine Mathematik, kein Fleiß, kein Ehrgeiz, keine Zielstrebigkeit. Frank ist ein Ausbund des Negativen – so ist das nun einmal.“

      „Zum Teufel mit ihrem Negativen!“, rief Mr. Vanstone „Ich schere mich keinen Deut um Negatives oder auch Positives. Frank soll diese glänzende Chance haben; und ich gehe jede Wette mit Ihnen ein, dass er das Beste daraus machen wird.“

      „Ich bin nicht reich genug, um Wetten einzugehen, jedenfalls gewöhnlich“, antwortete Mr. Clare; „aber ich glaube, ich habe im Haus noch irgendwo eine Guinee; und ich wette mit Ihnen um diese Guinee, dass Frank in unsere Hände zurückkehren wird wie ein falscher Shilling.“

      „Die Wette gilt!“, sagte Mr. Vanstone. „Nein! Warten Sie! Ich werde dem Charakter des Jungen nicht die Ungerechtigkeit widerfahren lassen, mit dem gleichen Betrag zu wetten. Ich wette fünf zu eins, dass Frank sich in diesem Beruf hervortun wird! Sie sollten sich schämen, so über ihn zu reden. Ich gebe nicht vor zu wissen, mit welchem Hokuspokus Sie es anstellen, aber Sie sorgen stets dafür, dass ich am Ende seine Partei ergreife, als wäre ich sein Vater und nicht Sie. Ach ja! Man gibt Ihnen Zeit, und Sie verteidigen sich. Ich werde Ihnen keine Zeit geben; ich werde nichts von Ihrer Widerlegung zur Kenntnis nehmen. Schwarz ist weiß, wenn es nach Ihnen geht. Mich kümmert das nicht: Es ist trotzdem schwarz. Sie können reden, so viel Sie wollen – ich werde mit der heutigen Post an meinen Freund schreiben und ja sagen, in Franks Interesse.“

      Derart waren also die Umstände, unter denen Mr. Francis Clare im Alter von siebzehn Jahren nach Nordengland reiste, um ein Leben als Bauingenieur zu beginnen.

      Von Zeit zu Zeit korrespondierte Mr. Vanstones Freund mit ihm über das Thema des neuen Lehrlings. Frank wurde als stiller, Gentleman-artiger, interessanter Bursche gelobt – aber es wurde auch berichtet, er eigne sich die Grundzüge der Ingenieurwissenschaft nur sehr langsam an. Andere Briefe mit späterem Datum schilderten ihn als ein wenig zu schnell bereit, an sich selbst zu verzweifeln; man habe ihn deswegen zu Arbeiten an einer neuen Eisenbahn geschickt, damit die veränderte Umgebung ihn möglichst aufheiterte; und er habe von dem Experiment in jeder Hinsicht profitiert – außer vielleicht im Hinblick auf seine beruflichen Studien, mit denen es immer noch nicht recht voranging. In späteren Mitteilungen wurde berichtet, er sei in der Obhut eines vertrauenswürdigen Vorarbeiters zu staatlichen Bauarbeiten nach Belgien gereist; es wurde erwähnt, er habe aus der neuerlichen Veränderung anscheinend großen Nutzen gezogen; man lobte seine ausgezeichneten Manieren und seine Redeweise, welche eine große Hilfe seien und den geschäftlichen Umgang mit den Ausländern stark erleichterten – aber über die Hauptfrage nach seinem Fortschritt im Erwerb von Kenntnissen wurde in rätselhaftem Schweigen hinweggegangen. Diese Berichte und viele andere, die ihnen ähnelten, wurden von Franks Freund gewissenhaft Franks Vater zur Kenntnis gebracht. Bei jeder derartigen Gelegenheit jubelte Mr. Clare über Mr. Vanstone, und Mr. Vanstone stritt mit Mr. Clare. „Der Tag wird kommen, da Sie sich wünschen, Sie wären nie diese Wette eingegangen“, sagte der zynische Philosoph. „Der Tag wird kommen, da werde ich das segensreiche Vergnügen haben, Ihre Guinee einzustreichen“, rief der temperamentvolle Freund. Seit Franks Abreise waren mittlerweile zwei Jahre vergangen. Noch ein weiteres Jahr, dann wurden die Ergebnisse offenbar und legten die Frage bei.

      Zwei Tage nachdem Mr. Vanstone aus London zurückgekehrt war, wurde er vom Frühstückstisch weggerufen, bevor er auch nur Zeit gehabt hatte, seine Briefe durchzusehen, die mit der Morgenpost eingetroffen waren. Er schob sie in eine Tasche seines Jagdrockes und nahm sie später am Tag, als die Gelegenheit günstig war, wieder heraus. Mit seinem Griff fasste er die gesamte Korrespondenz, allerdings mit einer Ausnahme; diese Ausnahme war der abschließende Bericht des Bauunternehmers, in dem er mitteilte, die Beziehung zwischen seinem Schüler und ihm selbst sei beendet und Frank werde umgehend in das Haus seines Vaters zurückkehren.

      Während diese wichtige Ankündigung unbemerkt in Mr. Vanstones Tasche steckte, reiste ihr Gegenstand nach Hause, so schnell die Eisenbahn ihn trug. Um halb elf in der Nacht, als Mr. Clare in eifriger Einsamkeit über seinen Büchern und seinem grünen Tee saß, wobei seine schwarze Lieblingskatze ihm Gesellschaft leistete, hörte er Schritte auf dem Korridor. Die Tür öffnete sich – und Frank stand vor ihm.

      Gewöhnliche Menschen wären erstaunt gewesen. Die Contenance des Philosophen jedoch sollte durch eine Kleinigkeit wie die Rückkehr des ältesten Sohnes nicht ins Wanken gebracht werden. Er hätte von seinem gelehrten Werk nicht ruhiger aufblicken können, wenn Frank statt dreier Jahre nur drei Minuten abwesend gewesen wäre.

      „Genau wie ich es vorhergesagt habe“, sagte Mr. Clare. „Unterbrich mich nicht, indem du Erklärungen anbringst; und erschrecke die Katze nicht. Wenn in der Küche etwas zu essen ist, nimm es dir und geh dann zu Bett. Morgen kannst du hinüber nach Combe-Rven gehen und Mr. Vanstone diese Nachricht von mir überbringen: ‚Beste Grüße von meinem Vater, Sir, und ich bin in Ihre Hände zurückgekehrt wie ein falscher Shilling, wie er es immer gesagt hat. Er behält seine Guinee und nimmt Ihre fünf; und er hofft, Sie werden zur Kenntnis nehmen, was er Ihnen bei einer anderen Gelegenheit sagt.‘ Das ist die Nachricht. Mach’ die Tür hinter dir zu. Gute Nacht.“

      Unter solchen unvorteilhaften Vorzeichen machte Mr. Francis Clare am nächsten Morgen auf dem Anwesen von Cobe-Raven seine Aufwartung; und da er ein wenig im Zweifel war, was für ein Empfang auf ihn warten mochte, näherte er sich nur langsam der Umgebung des Hauses.

      Dass Magdalen ihn nicht gleich erkannte, als er zum ersten Mal im Blickfeld erschien, war nicht verwunderlich. Er war als zurückgebliebener Bursche von siebzehn Jahren weggegangen; jetzt kehrte er als zwanzigjähriger junger Mann zurück. Seine schlanke Gestalt hatte an Kraft und Anmut gewonnen, und er war zu einer Statur von mittlerer Größe herangewachsen. Die kleinen, ebenmäßigen Gesichtszüge, die er angeblich von seiner Mutter geerbt hatte, waren runder und voller geworden, ohne dass sie ihre Form von bemerkenswerter Zartheit verloren hätte. Sein Bart steckte noch in den Anfängen; sprießende Linien von Haaren suchten sich ihren bescheidenen Weg die Wangen hinab. Seine sanften, beweglichen braunen Augen hätten dem Gesicht einer Frau zu vorteilhafterem Aussehen verholfen – bei einem Mann hätten sie den passenden Geist und mehr Festigkeit erfordert. Seine Hände hatten die gleiche Gewohnheit zu wandern wie seine Blicke; sie wechselten unaufhörlich von einer Haltung zur anderen, drehten und wendeten jedes verlorene kleine Ding, das sie aufgreifen konnten. Er war unbestreitbar gutaussehend, elegant und wohlerzogen – aber niemand konnte ihn näher beobachten, ohne den Verdacht zu hegen, dass der robuste alte Familienstamm sich in den letzten Generationen abgenutzt hatte und dass Mr. Francis Clare vom Schatten seiner Vorfahren mehr in sich trug als von ihrer Substanz.

      Als das von seinem Erscheinen verursachte Erstaunen sich teilweise gelegt hatte, wurde eine Suche nach dem fehlenden Bericht eingeleitet. Man fand ihn schließlich in den hintersten Winkeln von Mr. Vanstones Rocktasche, und er wurde von dem Gentleman auf der Stelle vorgelesen.

      Die nackten Tatsachen, wie der Ingenieur sie darlegte, waren, kurz gesagt, folgende: Frank sei nicht im Besitz der notwendigen Fähigkeiten, deren er für seine neue Tätigkeit bedurfte; es sei nutzlos, Zeit zu vergeuden und ihn länger in einer Beschäftigung festzuhalten, für die er keine Berufung hatte. Da dies nach der dreijährigen Probezeit die Überzeugung beider Seiten sei, habe der Dienstherr es für die einfachste Vorgehensweise gehalten, wenn der Schüler nach Hause fuhr und die Ergebnisse seinem Vater und seinen Freunden aufrichtig darlegte. Bei einer anderen Tätigkeit, für die er besser geeignet sei und größeres Interesse aufbringe, werde er zweifellos den Fleiß und die Ausdauer an den Tag legen, die zu praktizieren er in dem nunmehr aufgegebenen Beruf nicht den Mut gehabt habe. Persönlich hätten ihn alle gemocht, die ihn kannten; und sein zukünftiges Wohlergehen sei von Herzen der Wunsch der vielen Freunde, die er im Norden gefunden hätte. Das war der wesentliche Inhalt des Berichts, und

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