Parerga und Paralipomena. Arthur Schopenhauer

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Parerga und Paralipomena - Arthur  Schopenhauer

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jenen angeblichen Beweisen verhält es sich nun folgendermaaßen. Da ein Mal die Wirklichkeit des Daseyns Gottes nicht, durch empirische Ueberführung, gezeigt werden kann; so wäre der nächste Schritt eigentlich gewesen, die Möglichkeit desselben auszumachen, wobei man schon Schwierigkeiten genug würde angetroffen haben. Statt Dessen aber unternahm man, sogar die Nothwendigkeit desselben zu beweisen, also Gott als nothwendiges Wesen darzuthun. Nun ist Nothwendigkeit, wie ich oft genug nachgewiesen habe, überall nichts Anderes, als Abhängigkeit einer Folge von ihrem Grunde, also das Eintreten oder Setzen der Folge, weil der Grund gegeben ist. Hiezu hatte man demnach unter den vier von mir nachgewiesenen Gestalten des Satzes vom Grunde die Wahl, und fand nur die zwei ersten brauchbar. Demgemäß entstanden zwei theologische Beweise, der kosmologische und der ontologische, der eine nach dem Satz vom Grunde des Werdens (Ursach), der andere nach dem vom Grunde des Erkennens. Der erste will, nach dem Gesetze der Kausalität, jene Nothwendigkeit als eine physische darthun, indem er die Welt als eine Wirkung auffaßt, die eine Ursache haben müsse. Diesem kosmologischen Beweise wird sodann als Beistand und Unterstützung der physikotheologische beigegeben. Das kosmologische Argument wird am stärksten in der Wolfischen Fassung desselben, folglich so ausgedrückt: wenn irgend etwas existirt; so existirt auch ein schlechthin nothwendiges Wesen – zu verstehn, entweder das Gegebene selbst, oder die erste der Ursachen, durch welche dasselbe zum Daseyn gelangt ist. Letzteres wird dann angenommen. Dieser Beweis giebt zunächst die Blöße, ein Schluß von der Folge auf den Grund zu seyn, welcher Schlußweise schon die Logik alle Ansprüche auf Gewißheit abspricht. Sodann ignorirt er, daß wir, wie ich oft gezeigt habe, etwas als nothwendig nur denken können, insofern es Folge, nicht insofern es Grund eines gegebenen Andern ist. Ferner beweist das Gesetz der Kausalität, in dieser Weise angewandt, zu viel: denn wenn es uns hat von der Welt auf ihre Ursache leiten müssen, so erlaubt es uns auch nicht, bei dieser stehn zu bleiben, sondern führt uns weiter zu deren Ursach, und so immerfort, unbarmherzig weiter, in infinitum. Dies bringt sein Wesen so mit sich. Uns ergeht es dabei, wie dem Goethe’schen Zauberlehrling, dessen Geschöpf zwar auf Befehl anfängt, aber nicht wieder aufhört. Hiezu kommt noch, daß die Kraft und Gültigkeit des Gesetzes der Kausalität sich allein auf die Form der Dinge, nicht auf ihre Materie erstreckt. Es ist der Leitfaden des Wechsels der Formen, weiter nichts: die Materie bleibt von allem Entstehn und Vergehn derselben unberührt; welches wir vor aller Erfahrung einsehn und daher gewiß wissen. Endlich unterliegt der kosmologische Beweis dem transscendentalen Argument, daß das Gesetz der Kausalität nachweisbar subjektiven Ursprungs, daher bloß auf Erscheinungen für unsern Intellekt, nicht auf das Wesen der Dinge an sich selbst anwendbar ist15. – Subsidiarisch wird, wie gesagt, dem kosmologischen Beweise der physikotheologische beigegeben, welcher der von jenem eingeführten Annahme zugleich Beleg, Bestätigung, Plausibilität, Farbe und Gestalt ertheilen will. Allein er kann immer nur unter Voraussetzung jenes ersten Beweises, dessen Erläuterung und Amplifikation er ist, auftreten. Sein Verfahren besteht dann darin, daß er jene vorausgesetzte erste Ursache der Welt zu einem erkennenden und wollenden Wesen steigert, indem er, durch Induktion aus den vielen Folgen, die sich durch einen solchen Grund erklären ließen, diesen festzustellen sucht. Induktion kann aber höchstens große Wahrscheinlichkeit, nie Gewißheit geben: überdies ist, wie gesagt, der ganze Beweis ein durch den ersten bedingter. Wenn man aber näher und ernstlich auf diese so beliebte Physikotheologie eingeht und nun gar sie im Lichte meiner Philosophie prüft; so ergiebt sie sich als die Ausführung einer falschen Grundansicht der Natur, welche die unmittelbare Erscheinung, oder Objektivation, des Willens zu einer bloß mittelbaren herabsetzt, also statt in den Naturwesen das ursprüngliche, urkräftige, erkenntnißlose und eben deshalb unfehlbar sichere Wirken des Willens zu erkennen, es auslegt als ein bloß sekundäres, erst am Lichte der Erkenntniß und am Leitfaden der Motive vor sich gegangenes; und sonach das von innen aus Getriebene auffaßt als von außen gezimmert, gemodelt und geschnitzt. Denn, wenn der Wille, als das Ding an sich, welches durchaus nicht Vorstellung ist, im Akte seiner Objektivation, aus seiner Ursprünglichkeit in die Vorstellung tritt, und man nun an das in ihr sich Darstellende mit der Voraussetzung geht, es sei ein in der Welt der Vorstellung selbst, also in Folge der Erkenntniß, zu Stande Gebrachtes; dann freilich stellt es sich dar als ein nur mittelst überschwänglich vollkommener Erkenntniß, die alle Objekte und ihre Verkettungen auf ein Mal überblickt, Mögliches, d. i. als ein Werk der höchsten Weisheit. Hierüber verweise ich auf meine Abhandlung vom Willen in der Natur, besonders S. S. 43—62 der l. Aufl. (S. 35—54 der 2. Aufl. und S. 37—58 der 3. Aufl.), unter der Rubrik vergleichende Anatomie, und auf mein Hauptwerk Bd. 2, Kap. 26 am Anfang.

      Der zweite theologische Beweis, der ontologische, nimmt, wie gesagt, nicht das Gesetz der Kausalität, sondern den Satz vom Grunde des Erkennens zum Leitfaden; wodurch denn die Nothwendigkeit des Daseyns Gottes hier eine logische ist. Nämlich durch bloß analytisches Urtheilen, aus dem Begriffe Gott, soll sich hier sein Daseyn ergeben; so daß man diesen Begriff nicht zum Subjekt eines Satzes machen könne, darin ihm das Daseyn abgesprochen würde; weil nämlich Dies dem Subjekt des Satzes widersprechen würde. Dies ist logisch richtig, ist aber auch sehr natürlich und ein leicht zu durchschauender Taschenspielerstreich. Nachdem man nämlich mittelst der Handhabe des Begriffs Vollkommenheit, oder auch Realität, den man als terminus medius gebraucht, das Prädikat des Daseyns in das Subjekt hineingelegt hat, kann es nicht fehlen, daß man es nachher daselbst wieder vorfindet und nun es durch ein analytisches Urtheil exponirt. Aber die Berechtigung zur Aufstellung des ganzen Begriffs ist damit keineswegs nachgewiesen: vielmehr war er entweder ganz willkürlich ersonnen, oder aber durch den kosmologischen Beweis eingeführt, bei welchem Alles auf physische Nothwendigkeit zurückläuft. Chr. Wolf scheint Dies wohl eingesehen zu haben; da er in seiner Metaphysik vom kosmologischen Argument allein Gebrauch macht und Dies ausdrücklich bemerkt. Den ontologischen Beweis findet man in der 2. (und 3.) Auflage meiner Abhandlung über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde §. 7 genau untersucht und gewürdigt; dahin ich also hier verweise.

      Allerdings stützen beide theologische Beweise sich gegenseitig, können aber darum doch nicht stehn. Der kosmologische hat den Vorzug, daß er Rechenschaft giebt, wie er zum Begriff eines Gottes gekommen ist, und nun durch seinen Adjunkt, den physikotheologischen Beweis, denselben plausibel macht. Der ontologische hingegen kann gar nicht nachweisen, wie er zu seinem Begriff vom allerrealsten Wesen gekommen sei, giebt also entweder vor, derselbe sei ungeboren, oder er borgt ihn vom kosmologischen Beweis und sucht ihn dann aufrecht zu halten durch erhaben klingende Sätze vom Wesen, das nicht anders als seiend gedacht werden könne, dessen Daseyn schon in seinem Begriffe läge u. s. w. Inzwischen werden wir der Erfindung des ontologischen Beweises den Ruhm des Scharfsinns und der Subtilität nicht versagen, wenn wir Folgendes erwägen. Um eine gegebene Existenz zu erklären, weisen wir ihre Ursache nach, in Beziehung auf welche sie dann als eine nothwendige sich darstellt; welches als Erklärung gilt. Allein dieser Weg führt, wie genugsam gezeigt, auf einen regressus in infinitum kann daher nie bei einem Letzten, das einen fundamentalen Erklärungsgrund abgäbe, anlangen. Anders nun würde es sich verhalten, wenn wirklich die Existenz irgend eines Wesens aus seiner Essenz, also seinem bloßen Begriff, oder seiner Definition, sich folgern ließe. Dann nämlich würde es als ein nothwendiges (welches hier, wie überall, nur besagt ein aus seinem Grunde Folgendes) erkannt werden, ohne dabei an etwas Anderes, als an seinen eigenen Begriff gebunden zu seyn, mithin, ohne daß seine Nothwendigkeit eine bloß vorübergehende und momentane, nämlich eine selbst wieder bedingte und danach auf endlose Reihen führende wäre, wie es die kausale Nothwendigkeit allemal ist. Vielmehr würde alsdann der bloße Erkenntnißgrund sich in einen Realgrund, also eine Ursache, verwandelt haben und so sich vortrefflich eignen, nunmehr den letzten und dadurch festen Anknüpfungspunkt für alle Kausalreihen abzugeben: man hätte also dann, was man sucht. Daß aber das Alles illusorisch ist haben wir oben gesehn, und es ist wirklich, als habe schon Aristoteles einer solchen Sophistikation vorbeugen wollen, als er sagte: το δε ειναι ουκ ουσια ουδενι (ad nullius rei essentiam pertinet existentia) (Analyt. post. II, 7). Unbekümmert hierum stellte, nachdem Anselmus von Canterbury zu einem dergleichen Gedankengange die Bahn gebrochen hatte, nachmals Kartesius den Begriff Gottes als einen solchen, der das Geforderte leistete, auf, Spinoza aber den der Welt, als der allein

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