Positiv führen für Dummies. Christian Thiele
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Eine zweite Übung setzt sich mit dem Inneren Kritiker auseinander, der vielen Menschen häufig zu schaffen macht. »Ich erledige meine Arbeit zu langsam«, »Ich bin zu konfliktscheu in Auseinandersetzungen« oder »Ich reagiere zu impulsiv auf Kritik«. Vielleicht gehen Sie ja in solchen oder ähnlichen – ausgesprochenen oder unausgesprochenen – Sätzen mit sich zu Gericht. Solche destruktiven Denk- und Handlungsgewohnheiten können die eigene Leistungsfähigkeit dauerhaft einschränken. Dann könnten Sie Folgendes ausprobieren, wenn Sie zum Beispiel gerade in einer schwierigen Situation sind oder sich wegen eines Fehlers über sich selbst ärgern:
Brief an den Inneren Kritiker
Stellen Sie sich einen sehr wohlwollenden Kollegen, Vorgesetzten oder Freund vor: Was würde der zu Ihnen jetzt sagen? Wie würde er Verständnis für Ihre Lage zeigen, wie würde er Sie aufmuntern und was den Argumenten des Inneren Kritikers entgegnen? An welche eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten würde er Sie erinnern? Oder wie würden Sie einen anderen Menschen, den Sie sehr mögen und schätzen, in der gleichen Situation trösten, unterstützen und motivieren? Schreiben Sie einen kurzen, wohlmeinenden Brief – entweder aus der Perspektive einer wohlgesonnenen Person an sich selbst oder eben an eine andere Person in der gleichen Lage. Nehmen Sie sich dafür zehn Minuten, vielleicht schreiben Sie sogar mit der nicht dominanten Hand – also als Rechtshänder mit der Linken und umgekehrt –, damit können Sie noch einfacher am inneren Kritiker vorbeischreiben. Lesen Sie sich diese Nachricht selbst vor – wahrscheinlich sehen Sie Ihre Zweifel oder Ihren Ärger jetzt mit mehr Nachsicht. Und vielleicht nehmen Sie diese wohlmeinende Botschaft an den Inneren Kritiker das nächste Mal zur Hand, wenn Sie wieder in einer ähnlichen Situation sind.
Um zwei häufige Missverständnisse über Innere Komplizenschaft auszuräumen: Sie führt in schwierigen Situationen nicht immer zu sofortiger Verbesserung des eigenen Zustandes. Das Ziel ist eher eine nachhaltige mentale und seelische Erholung – statt einer schnellen »Glückspille«. Selbstmitgefühl kann Ihnen daher helfen, mit Krisen, Kummer und Einschränkungen zurechtzukommen, ohne dass Sie deshalb mit einem Dauergrinsen durch die Flure des Büros rennen müssen. Denn zwanghafte gute Laune kann auch eine Form von Selbstfeindschaft sein. Selbstmitgefühl muss nicht zwingend weich oder »gefühlig« sein – es kann auch eine klare Verteidigung der eigenen Grenzen und eine Art von Selbstmotivation beinhalten. Kristin Neff bezeichnet das als das »Yin und Yang« des Selbstmitgefühls.
Das Innere sortieren
Von wirksamen Führungskräften wird einiges erwartet – gerade in Zeiten von Krise und Umbruch. Sie müssen viele Dinge wissen, tun, können, am besten gleichzeitig, auch wenn sich diese einander eigentlich widersprechen.
Im Spannungsfeld der Wünsche
Wie ist das bei Ihnen? Wahrscheinlich wird auch von Ihnen – wie von so vielen anderen Führungskräften – Unterschiedliches gleichzeitig verlangt:
von oben vorgegebene Ziele umzusetzen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen,
fachlich Ahnung von Ihren Themen zu haben und gleichzeitig Ihre Mitarbeiter darin zu fördern, dass sie über ihre Kompetenzen hinauswachsen,
die Mission Ihres Unternehmens mit den Wertvorstellungen der Mitarbeiter und möglichst noch mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was Ihnen selbst wichtig ist und wofür Sie stehen,
in unübersichtlichen, komplexen Situationen mit vielen widerstreitenden Interessenlagen möglichst klare Entscheidungen zu finden und vertreten.
Kurzum: Aus Chaos Konsens schmieden, das wird gerne von Entscheidern verlangt. Vor allem Führungskräfte in der »Sandwich-Rolle« müssen widerstreitenden Anforderungen von oben, von unten und von der Seite gerecht werden. Wenn Ihnen das auch so geht: Sie sind damit nicht allein, vielleicht ist das ja auch schon ein Trost …
Viele Führungskräfte mühen sich permanent damit ab, diese Unstimmigkeiten im Außen zu befrieden – und wundern sich angesichts solcher Dauerspagatübungen dann über Rückenschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, erhöhte Reizbarkeit oder sogar Burn-out-Symptome. Denn sie vergessen möglicherweise die Selbstreflexion, das Innehalten, die innere Klärung von Diskrepanzen. Oder sie tun eine mögliche Vielstimmigkeit als Wankelmütigkeit ab und ringen sich zu einer »Scheindeutigkeit« durch, die längerfristig noch ungesünder ist.
Denn klar, effektiv und gesund handeln, führen, kommunizieren kann nur, wer die zwei oder mehr Seelen in der eigenen Brust, von denen schon in Goethes »Faust« die Rede ist, wahrnehmen und befrieden kann. Wer die innere Vielstimmigkeit als einen Reichtum, wer interne Pluralität von Rollen, Einstellungen, Wünschen, Meinungen, Tendenzen und so weiter als Ressource versteht.
Die Ich-Zustände
Fragen Sie sich in Konfliktsituationen manchmal, wer Sie oder die Person, mit der Sie gerade in Auseinandersetzung sind, eigentlich reitet? Wundern Sie sich gelegentlich, wie schwer Sie sich mit Entscheidungen tun, weil die Pro-und-Kontra-Liste immer länger und das Optionskuddelmuddel damit nur größer statt kleiner wird? Reagieren Sie manchmal auf Handlungen oder Aussagen anderer viel intensiver, als Ihnen eigentlich recht ist? Den meisten Menschen geht das immer mal wieder so, egal ob Führungskraft oder nicht. Und die meisten Menschen sind zunächst ähnlich ratlos, woher so etwas kommt und wie sie damit konstruktiv umgehen können.
Der kanadische Psychiater Eric Berne hat als Antwort auf solche und ähnliche Fragen in den 1950er-Jahren die Transaktionsanalyse begründet (mehr zum Thema erfahren Sie in Transaktionsanalyse für Dummies). Sie bietet, in kritischer Reaktion auf die oft defizitfokussierten Theorien von Sigmund Freud, ein wohlwollendes Modell menschlicher Verhaltensweisen an. Positiv Führende sollten es kennen und nutzen – sowohl für sich selbst als auch im Umgang mit anderen. Berne unterscheidet dabei zwischen drei verschiedenen Ich-Zuständen:
das kindliche Ich
das Eltern-Ich
das erwachsene Ich
Diese Ich-Zustände bilden sich im Laufe des Lebens als eine Mischung aus Gefühlen, Denkweisen, Überzeugungen, Erfahrungen. Sie verfestigen sich mit zunehmendem Alter und lassen sich aber umwandeln und anpassen, wenn man sich ihrer bewusster wird.
Wer als Führungskraft seine Mitarbeiter ständig von oben herab behandelt, Herrschaftswissen für sich behält, sie an der kurzen Leine führt, alle Arbeiten streng kontrolliert, so ähnlich wie ein strenger, autoritärer Vater seine unmündigen Kinder: dann behandelt er diese im Sinne Berne aus dem »Eltern-Ich« heraus, das wenig Mitentscheidung, Teilhabe zulässt. Sprachlich zeigt sich dieses Eltern-Ich in stark appellhaften Formulierungen (»Sie müssen …«, »Sie dürfen doch nicht …«). Typisch dafür sind Schuldzuweisungen bis hin zu Drohungen oder auch hämisches Lächerlichmachen (»Ich müsste Euch alle eigentlich rausschmeißen«, hat mal mein Vorgesetzter in einer Sitzung mit dem versammelten Team gesagt …), klare Unterscheidungen zwischen richtig und falsch, gut und schlecht. Aber auch ein übergriffiges, klassisch als bemutternd wahrgenommenes